Nichtraucherschutz Nichtraucherschutz: Raucherin: Es geht auch mal ohne Zigarette

Halle (Saale) - In Halle sollen die ersten Mietshäuser entstehen, in denen ein komplettes Rauchverbot herrscht. Das Projekt ist ein weiterer Meilenstein für mehr Nichtraucherschutz. Schon seit Jahren ist Rauchen in vielen Restaurants, öffentlichen Einrichtungen und Verkehrsmitteln verboten. Unsere Autorin Katrin Löwe, selbst Raucherin, beschreibt, wie das ihren Alltag verändert hat.
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Mehr als sechs Jahre ist es tatsächlich schon her, dass Zigaretten in Restaurants tabu wurden. Und ganz ehrlich: So sehr es mich anfangs aufgeregt hat, zum Rauchen vor der Tür rumzulungern wie ein angebundener Hund vor dem Supermarkt, so sehr entspannt bin ich inzwischen. Es ist ja nicht so, dass die Zigarette wirklich überall verboten wäre. Natürlich kenne ich Lokalitäten, in denen noch geraucht wird - und nutze sie, wenn ich mit Rauchern unterwegs bin. Aber da ist eben auch eine liebe Freundin und Kollegin, mit der ich mich abends ab und an noch auf einen gemütlichen Plausch bei einem Getränk treffe. Günstigerweise wohnt sie um die Ecke. Ungünstigerweise ist sie konsequente Nichtraucherin, was die Wahl des Lokals meist automatisch zu ihrer Angelegenheit macht und meine Lieblingsbar (auch in Bezug auf Getränke!) außen vor lässt.
Aber was soll ich sagen: Es geht auch mal ohne. Nicht ohne Gesprächspartnerin, aber ohne Kippe. Und weil es schlicht unhöflich wäre, meine Begleitung allein am Tisch zu lassen, um draußen zu rauchen, funktioniert es sogar den ganzen Abend, ohne dass ich dessen Ende herbeisehne. Andererseits: Es wäre natürlich gelogen, wenn ich als relativ starke Raucherin behaupte, dass ich mich nicht auf die Biergartensaison freue, die mir im Freien auch die Zigarette zum Cocktail erlaubt. Plötzlich sind sie dann übrigens wieder da, all die, die man im Winter gefühlt immer seltener vor den Kneipentüren stehen sieht.
Rauche ich heute weniger? Ja, schon. Zumal längst auch der Aschenbecher aus den MZ-Büros verbannt ist zugunsten von Kabinen, wie man sie ähnlich von Flughäfen kennt. Das hat anfangs genervt. Unter Druck schreiben, dachte ich, geht immer noch am besten mit Zigarette. Ein, zwei Mal hatte ich sie völlig gedankenlos schon im Mund, bis mir das Verbot wieder einfiel. Das ist Jahre her.
Heute würde ich, wenn es stressig wird, manchmal durchaus gern am Schreibtisch zum Glimmstängel greifen. Stattdessen rede ich mir die Vorteile der Kabine schön: Man lernt Kollegen aus dem Verlag kennen, für die man früher maximal ein kurzes Nicken auf dem Flur hatte. Man zündet sich nicht mehr abgelenkt eine Zigarette an, obwohl die andere noch im Aschenbecher vor sich hin qualmt. Büro-Raucher kennen die erschrockenen Blicke am Abend und die Frage: Wer hat die bloß alle geraucht, die da im Ascher liegen? Dazu kommt: Manchmal erfährt man in der Kabine durchaus Nützliches, auch wenn die „Du-rauchst-zu-viel!“-Fraktion unter den Kollegen das wohl als Ausrede belächelt.
Nein, ich bin niemand, der radikal auf vermeintliche Rechte von Rauchern pocht, selbst wenn mir nicht alle Einschränkungen gefallen. Auch in der Bahn würde ich schon gern noch... Auf der Fahrt zum Frankfurter Flughafen, wenn ich auf dem Weg zu Freunden nach Dubai bin: Vier Stunden im Zug - da zieht sich die Zeit. Da sitzt man dann, zu müde zum Lesen, nichts zu tun, und kann nicht einmal rauchen. Manchmal beobachte ich Mitreisende, die auf Unterwegsbahnhöfen aus dem Zug springen und im Akkordtempo eine durchziehen. Den Stress muss ich mir nicht geben. Aber umsteigen zu müssen und etwas Aufenthalt zu haben, ist inzwischen doch ganz nett - wenigstens die gelb eingekreisten Raucherecken gibt es ja auf vielen Bahnsteigen noch.
Einziger Nachteil: Man raucht im Zweifel schnell eine mehr als man eigentlich will und als einem eigentlich schmeckt. Als würde das irgendwie helfen, die nächsten Stunden zu überstehen...
Grundsätzlich darf ein Mieter in seiner Wohnung rauchen. Das bestätigt auch Gerold Happ, Geschäftsführer des Immobilienbesitzer-Verbandes Haus & Grund. „Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil klargestellt, dass Rauchen zum vertragsgemäßen Gebrauch gehört. In der eigenen Wohnung darf man also nach Belieben rauchen.“
Allerdings hatte der BGH 2006 und 2008 ausdrücklich offen gelassen, ob „exzessives Rauchen“ - das schon nach kurzer Mietzeit eine aufwendige Renovierung nötig macht - als vertragswidrige Nutzung angesehen werden kann. Wenn die Wohnung durch das Qualmen regelrecht beschädigt werde und Schönheitsreparaturen zur Beseitigung nicht mehr ausreichen, komme eine Schadenersatzpflicht in Betracht.
Ja, in den Gemeinschaftsbereichen, sagt der Deutsche Mieterbund. Ein Rauchverbot in Gemeinschaftsräumen, im Treppenhaus oder Aufzug ist möglich.
Der Immobilienbesitzerverband Haus & Grund rät Vermietern in solch einem Fall, den Raucher anzusprechen. „So kann er eventuell den Hausfrieden wiederherstellen.“ Solange der Raucher allerdings nur in der Wohnung oder auf dem Balkon rauche, könne der Vermieter ihm dies nicht untersagen. „Selbst wenn andere Mieter wegen ständigen Rauchens auf dem Balkon die Miete mindern, sind dem Vermieter gegenüber dem Raucher die Hände gebunden.“
Nein. Haus & Grund weist jedoch darauf hin, dass Vermieter bei ihrer Mieterauswahl auch schon vor dem Urteil darauf achten konnten, dass sie nicht an Raucher vermieten. „Sie können mit neuen Mietern sogar individuell vereinbaren, dass diese nicht in der Wohnung rauchen. Ein formularmäßiges Rauchverbot im Mietvertrag ist jedoch unwirksam.“
Mitunter überlege ich, ob ich die Bahn nehme oder meine Raucherpausen als Autofahrer lieber selbst festlege. Je nach Strecke entscheidet da auch der Entspannungsfaktor beim Bahnfahren mit. Dass ich beim Fliegen an meinem Lieblingsreiseziel nun auch noch auf einem Terminal ankomme, bei dem es bis inklusive anschließender Taxifahrt keine Möglichkeit zum Rauchen gibt: geschenkt. Selbst wenn nach neun abstinenten Stunden schon der Finger am Feuerzeug zuckt.
Ergo: Es gab viel Aufregung um neue Rauchverbote. Heute wusste ich spontan nicht einmal, seit wann sie gelten, so selbstverständlich sind sie. Selbst ein rauchfreies Mietshaus hätte - bei allen Zweifeln - positive Aspekte. Wer dort lebt, zieht nicht in der Wohnung über mir ein und muss sich über jede Balkonzigarette ärgern. Noch hat es da keinen Stress gegeben. Erst im eigenen Heim würde ich bei einem prinzipiellen Verbot wohl ungnädig werden. Dort kann ich zwar verzichten - und tue es, etwa wenn Kinder zu Besuch sind. Das aber bitte soll doch meine Entscheidung sein. (mz)