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Nikotinverbot in Wohnungen Nikotinverbot in Wohnungen: In Halle entstehen Deutschlands erste rauchfreie Mietshäuser

Von MICHAEL FALGOWSKI 28.05.2014, 10:40
Im Schwalbenweg an der Elsa-Brändström-Straße werden die ersten beiden Nichtraucher-Mietshäuser Deutschlands gebaut.
Im Schwalbenweg an der Elsa-Brändström-Straße werden die ersten beiden Nichtraucher-Mietshäuser Deutschlands gebaut. WG Halle-Süd Lizenz

Halle (Saale)/MZ - Für Raucher wird die Luft immer dünner: In Halle werden jetzt die ersten Mietshäuser Deutschlands gebaut, in denen ein totales Rauchverbot herrscht. Weder in der Wohnung noch auf dem Balkon oder auf dem Grundstück darf geraucht werden. Dies soll in einem Zusatz zum Mietvertrag vereinbart werden. Das Rauchverbot erstreckt sich auch auf Besucher. Auch diese müssten auf ein begrüntes „Raucherplätzchen“ ausweichen, in einer abgelegenen Ecke.

Mitte Juni ist Spatenstich für das Projekt der Wohnungsgenossenschaft (WG) Halle-Süd. Bis Anfang 2016 soll die Anlage namens „Schwalbennest“ mit insgesamt 33 Wohnungen bezogen werden - ausschließlich von Nichtrauchern. Die kleine Genossenschaft betritt damit Neuland. „Mietshäuser samt Grundstück komplett rauchfrei zu machen, das hat noch kein Wohnungsunternehmen gewagt“, sagt Siegfried Ermer.

Der Vorstandsvorsitzende des größten deutschen Nichtraucher-Lobbyverbandes „Pro Rauchfrei“ hat mit der Genossenschaft das Konzept entwickelt. Unter anderem wurde an der Universität Erlangen/Nürnberg ein Fragebogen für die Mieter ausgearbeitet. „80 Prozent unserer Mieter hatten sich dabei für ein Rauchverbot auf dem Balkon ausgesprochen“, sagt Susanne Rackwitz, die Prokuristin der Genossenschaft. Tatsächlich stoße das Angebot bereits jetzt auf großes Interesse.

Bereits 90 Anmeldungen

„Wir haben bisher 90 Anmeldungen für die Wohnungen“, so Rackwitz. Mit rund 40 Interessenten sei genauer über das Konzept gesprochen worden, nur einer habe daraufhin sein Interesse zurückgezogen. Nach Auskunft der Prokuristin sollen die Mieter eine handschriftliche Vereinbarung unterschreiben. Darin steht: „Verstöße werden nach zweimaliger schriftlicher Abmahnung mit der Kündigung des Mietvertrages geahndet.“

Grundsätzlich darf ein Mieter in seiner Wohnung rauchen. Das bestätigt auch Gerold Happ, Geschäftsführer des Immobilienbesitzer-Verbandes Haus & Grund. „Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil klargestellt, dass Rauchen zum vertragsgemäßen Gebrauch gehört. In der eigenen Wohnung darf man also nach Belieben rauchen.“

Allerdings hatte der BGH 2006 und 2008 ausdrücklich offen gelassen, ob „exzessives Rauchen“ - das schon nach kurzer Mietzeit eine aufwendige Renovierung nötig macht - als vertragswidrige Nutzung angesehen werden kann. Wenn die Wohnung durch das Qualmen regelrecht beschädigt werde und Schönheitsreparaturen zur Beseitigung nicht mehr ausreichen, komme eine Schadenersatzpflicht in Betracht.

Ja, in den Gemeinschaftsbereichen, sagt der Deutsche Mieterbund. Ein Rauchverbot in Gemeinschaftsräumen, im Treppenhaus oder Aufzug ist möglich.

Der Immobilienbesitzerverband Haus & Grund rät Vermietern in solch einem Fall, den Raucher anzusprechen. „So kann er eventuell den Hausfrieden wiederherstellen.“ Solange der Raucher allerdings nur in der Wohnung oder auf dem Balkon rauche, könne der Vermieter ihm dies nicht untersagen. „Selbst wenn andere Mieter wegen ständigen Rauchens auf dem Balkon die Miete mindern, sind dem Vermieter gegenüber dem Raucher die Hände gebunden.“

Nein. Haus & Grund weist jedoch darauf hin, dass Vermieter bei ihrer Mieterauswahl auch schon vor dem Urteil darauf achten konnten, dass sie nicht an Raucher vermieten. „Sie können mit neuen Mietern sogar individuell vereinbaren, dass diese nicht in der Wohnung rauchen. Ein formularmäßiges Rauchverbot im Mietvertrag ist jedoch unwirksam.“

Laut Susanne Rackwitz ist die entsprechende Passage der Vereinbarung von Anwälten auf Rechtssicherheit geprüft worden. „Niemand wird ja gezwungen, den Mietvertrag mit der Nichtraucher-Vereinbarung zu unterschreiben“, argumentiert die Prokuristin der WG Halle-Süd.

Für Holger Neumann, Vorsitzender des Landesverbandes der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümervereine, ist das Nichtraucher-Projekt „ein interessanter Versuch für den Wohnungsmarkt“. Die Initiative entspreche dem allgemeinen Nichtraucher-Trend. „Ob eine solche Vereinbarung aber tatsächlich der Klage eines Mieters standhält, der nach dem Einzug doch raucht, da bin ich doch eher skeptisch.“

Eine brennende Zigarette und Zigarettenqualm. In Halle sollen die ersten rauchfreien Wohnungen entstehen.
Eine brennende Zigarette und Zigarettenqualm. In Halle sollen die ersten rauchfreien Wohnungen entstehen.
dpa Lizenz
Rauchverbotsschild
Rauchverbotsschild
dpa Lizenz