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Nichtraucher-Wohnanlage in Halle Nichtraucher-Wohnanlage in Halle: Mieterbund ist skeptisch

30.05.2014, 21:19
Mit den beiden ersten Mietshäusern, in denen ein totales Rauchverbot gilt, betritt die Wohnungsgenossenschaft Halle-Süd Neuland.
Mit den beiden ersten Mietshäusern, in denen ein totales Rauchverbot gilt, betritt die Wohnungsgenossenschaft Halle-Süd Neuland. WG halle-süd Lizenz

Halle (saale)/MZ/CIS - Der Deutsche Mieterbund sieht die Pläne der Wohnungsgenossenschaft Halle-Süd zum Bau der ersten Wohnanlage in Deutschland, in der nach der Fertigstellung im Jahr 2016 ein komplettes Rauchverbot gelten soll, äußerst skeptisch. Grundsätzlich könne einem Mieter das Rauchen in seiner Wohnung nicht verboten werden, sagte Verbandssprecher Ulrich Ropertz gestern der MZ. Anders sei die Situation in Gemeinschaftsräumen wie einer Waschküche. „Dort geht das natürlich.“ Der besondere Schutz der Wohnung sei dagegen ausdrücklich im Grundgesetz verankert.

Darüber hinaus seien die Sanktionen „völlig unverhältnismäßig“. So soll in einer handschriftlichen Vereinbarung mit dem Mieter geregelt werden, dass Verstöße gegen das komplette Rauchverbot nach zwei Abmahnungen mit der Kündigung geahndet werden.

Der Mieterbund sieht aber noch weitere rechtliche Probleme. „Ich finde es äußerst kritisch, dass das Rauchverbot auch für die Besucher gelten soll“, sagte Reportz. Fraglich sei außerdem, ob ein Mieter in die Verantwortung genommen werden kann, der entweder rückfällig wird oder der erst in der Wohnung zum ersten Mal zur Zigarette greift. „Ich bezweifel, dass das Rauchverbot in solchen Fällen überhaupt gerichtsfest formuliert werden kann.“ Spinne man den Faden weiter, so stelle sich die Frage, welche Regelungen in einer Anlage mit Eigentumswohnungen gelten könnten. „Droht den Wohnungsbesitzern dort nach zwei Zigaretten bereits der Verlust ihres Eigentums“, so die rhetorische Frage des Mieterbund-Sprechers. Verschiedene Rechtslagen jedenfalls seien für ihn nicht denkbar.

Grundsätzlich darf ein Mieter in seiner Wohnung rauchen. Das bestätigt auch Gerold Happ, Geschäftsführer des Immobilienbesitzer-Verbandes Haus & Grund. „Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil klargestellt, dass Rauchen zum vertragsgemäßen Gebrauch gehört. In der eigenen Wohnung darf man also nach Belieben rauchen.“

Allerdings hatte der BGH 2006 und 2008 ausdrücklich offen gelassen, ob „exzessives Rauchen“ - das schon nach kurzer Mietzeit eine aufwendige Renovierung nötig macht - als vertragswidrige Nutzung angesehen werden kann. Wenn die Wohnung durch das Qualmen regelrecht beschädigt werde und Schönheitsreparaturen zur Beseitigung nicht mehr ausreichen, komme eine Schadenersatzpflicht in Betracht.

Ja, in den Gemeinschaftsbereichen, sagt der Deutsche Mieterbund. Ein Rauchverbot in Gemeinschaftsräumen, im Treppenhaus oder Aufzug ist möglich.

Der Immobilienbesitzerverband Haus & Grund rät Vermietern in solch einem Fall, den Raucher anzusprechen. „So kann er eventuell den Hausfrieden wiederherstellen.“ Solange der Raucher allerdings nur in der Wohnung oder auf dem Balkon rauche, könne der Vermieter ihm dies nicht untersagen. „Selbst wenn andere Mieter wegen ständigen Rauchens auf dem Balkon die Miete mindern, sind dem Vermieter gegenüber dem Raucher die Hände gebunden.“

Nein. Haus & Grund weist jedoch darauf hin, dass Vermieter bei ihrer Mieterauswahl auch schon vor dem Urteil darauf achten konnten, dass sie nicht an Raucher vermieten. „Sie können mit neuen Mietern sogar individuell vereinbaren, dass diese nicht in der Wohnung rauchen. Ein formularmäßiges Rauchverbot im Mietvertrag ist jedoch unwirksam.“

Die Wohnungsgesellschaft selbst hatte erklärt, die entsprechenden Passagen seien vorab von Anwälten geprüft worden. Zudem sei niemand gezwungen, einen solchen Vertrag zu unterschreiben. Allerdings hatte auch bereits der Landesverband der Haus-, Wohnungs- und Grundstückseigentümervereine Zweifel geäußert, ob der Vertrag der Klage eines Mieters standhalte.