Neues Konzept zur Hochschulreform Neues Konzept zur Hochschulreform: Vor allem Halle und Magdeburg müssen sparen

Magdeburg/MZ - Nachdem der Uni-Kahlschlag mit der willkürlichen Einspar-Summe von 50 Millionen Euro im Vorjahr an Massenprotesten gescheitert ist, hat die Regierung bei der anstehenden Uni-Reform auf Kooperation umgeschaltet. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hat erst im „Bernburger Frieden“ mit den Hochschulrektoren das moderatere Sparziel von 24,7 Millionen Euro bis 2020 vereinbart. Und seit Monaten berät das Land mit den Rektoren über Änderungen an den Hochschulen.
Und nun liegt ein erstes Struktur-Konzept vor. Das hat Wissenschaftsminister Hartmut Möllring (CDU) aber auch nicht im Friss-oder-Stirb-Prinzip präsentiert. Er ist im Samtpfoten-Modus. „Wir warten ab, was die Hochschulen nun erarbeiten. Konstruktive Änderungsvorschläge nehmen wir gerne an“, sagte Möllring gestern der MZ. Die Regierung sei „wirklich gesprächsbereit und offen“. Allerdings schränkt er das Wunschkonzert für die Hochschulen ein. „Die Zahlen aus der Bernburger Vereinbarung stehen natürlich. Wir werden den Hochschulen dazu zwar viel Freiheit geben. Wir werden aber schon darauf achten, dass wir hinterher nicht überall im Land nur die gleichen Angebote haben.“
Konkrete Vorschläge für Schließungen und Fusionen an den Unis Halle und Magdeburg
Das aktuelle Konzept sieht konkrete Vorschläge für Schließungen und Fusionen vor allem an den Unis Halle und Magdeburg vor. Für Halle ist ein Gesamt-Einsparbeitrag von 9,4 Millionen Euro vorgesehen. Dabei lässt Möllring die Einschnitte härter aussehen, als sie tatsächlich sind. 3,7 Millionen Euro davon entfallen nämlich auf den Abbau von Personal aus der letzten Reform 2004: Sechs Professuren der Ingenieurwissenschaften. Die forschen nur noch und lehren nicht mehr. Und obwohl das Aus für die Ingenieurwissenschaften 2004 beschlossen wurde, bleiben die Professoren als Landesbeamte bis zu ihrer Pensionierung im Amt. Ende 2013 hatte ein Referentenentwurf aus dem Wissenschaftsministerium, der auch extreme Einschnitte für die Fachhochschule Merseburg vorsah, für Unruhe gesorgt. Möllring hatte sich damals von dem Papier distanziert. Das ist beim jetzigen Konzept anders: „Das ist hundertprozentig von mir autorisiert. Meine Meinung muss aber nicht eins zu eins umgesetzt werden.“
Lesen Sie auf den nächsten Seiten mehr zu den konkreten Plänen für die Standorte Halle, Magdeburg sowie Merseburg, Harz, Stendal und Köthen.
Halle
Die Martin-Luther-Universität soll bis 2025 gut 9,4 Millionen Euro einsparen. Nur 2,5 Millionen gehen auf die verringerten Zuschüsse des Landes zurück. Der Hauptteil der Summe soll gespart werden, um Tarifsteigerungen und Inflation abzufangen - und vor allem, um das laufende Defizit zu decken. Die Uni Halle gibt derzeit etwa sechs Millionen Euro mehr im Jahr aus, als sie eigentlich hat - das ist die Schleifspur der letzten Reform von 2004, die noch nicht voll umgesetzt ist. Die Uni kann auch nach dem Beschluss zur Schließung von Fachbereichen die verbeamteten Professoren nicht kündigen. Das Millionen-Loch deckt die Uni aus Mitteln des Hochschulpaktes des Bundes. Die sind eigentlich als zusätzliche Förderung gedacht.
Medienwissenschaft, Informatik und Großteil der Psychologie soll geschlossen werden
Das Land schlägt nun konkret vor, die Medienwissenschaften, einen Großteil der Psychologie und die Informatik zu schließen. Wenn eine Kooperation mit der Uni Leipzig bei der Lehramtsausbildung zustande kommt, sollen auch die Sportwissenschaften und Geowissenschaften geschlossen werden. Auch soll der Standort des Studienkollegs in Halle geschlossen werden - dort werden Auslandsstudenten auf ihren Aufenthalt vorbereitet. Das Kolleg soll nur noch in Köthen arbeiten. Die Zahl der Philosophischen Fakultäten soll durch Fusion von drei auf zwei sinken. Die Uni soll als Schwerpunkte Natur- und Geisteswissenschaften, Lehrerausbildung und Hochschulmedizin profilieren.
Was die Änderungen für die Zahl der Studenten bedeutet, ist unklar. Durch Umstrukturierungen sollen auch neue Plätze entstehen. An die wegfallenden Professuren sind jedenfalls laut Ministerium mehr als 1.000 Studienplätze gebunden. Die Uni Halle ist mit mehr als 20.000 Studenten die größte Hochschule des Landes.
Für die Kunsthochschule Burg Giebichenstein macht das Land keine konkreten Vorschläge. Die Burg soll bis 2025 einen Sparbetrag von 500.000 Euro beisteuern - was aber schon durch derzeit sieben nicht besetzte Professorenstellen möglich wird.
Magdeburg
Die zweitgrößte Hochschule im Land soll am stärksten bluten: Fast 9,8 Millionen soll die Otto-von-Guericke-Universität bis 2025 einsparen. Analog zur Situation in Halle gehen auch hier nur 2,4 Millionen aufs Konto des Sparkurses, der Rest soll das Defizit von drei Millionen, Inflation und Tarifsteigerungen ausgleichen und überdies die Kosten der Umstrukturierung abfedern. Die Schleifspur der Reform von 2004 ist mit 300.000 Euro Kosten deutlich geringer als in Halle.
Keine Germanistik, Geschichte und Philosophie mehr?
In der Landeshauptstadt sollen nicht nur Institute oder Fachbereiche, sondern gleich eine ganze Fakultät geschlossen werden: die Humanwissenschaften. Dazu gehören unter anderem Germanistik, Geschichte und Philosophie. Einige Institute, die für das Profil der Uni wichtig sind, sollen aber erhalten bleiben. Welche das sein könnten, sagt das Strukturkonzept nicht.
Die Fakultätsschließung allein soll fast neun Millionen Euro an Einsparungen bis 2025 bringen. Damit würde die nach der Wiedervereinigung erst zur Voll-Uni aufgebaute Hochschule quasi wieder zu einer technischen Universität. Entsprechend soll sie als Schwerpunkte vor allem die Bereiche Wirtschaftswissenschaften, Medizin und Ingenieurwissenschaften ausbauen. An die wegfallenden Professuren sind in Magdeburg 2?245 Studienplätze gebunden.
Merseburg, Harz, Stendal und Köthen
Für die Fachhochschulen enthält das Ministeriums-Konzept nicht so konkrete Vorschläge wie für die Unis. Die FH sollen grundsätzlich stärker kooperieren und ihre Angebote miteinander abstimmen. So sollen etwa in den Bereichen Agrar, Kunststoff und Ingenieurwissenschaften „Plattformen“ zur Kooperation entstehen.
Die Hochschulen Anhalt, Merseburg und Magdeburg-Stendal sollen bis 2025 je 550.000 Euro einsparen, die Hochschule Harz 400.000. Unter anderem sollen Doppelstrukturen beseitigt werden: Informatik (Anhalt und Merseburg), Automatisierung (Harz und Magdeburg-Stendal), und Mechatronik (Merseburg und Harz). Wie genau das aussehen soll, ist offen.