Museum Museum: Ausstellung präsentiert Turmuhren aus fünf Jahrhunderten

Seehausen/dpa. - In Epochen, bevor fast jedermann eine Armbanduhr besaß, gaben sie die Zeit an. Dabei blieben die Räderwerke dem menschlichen Auge hinter dem Zifferblatt zumeist verborgen - bis ihnen sprichwörtlich die letzte Stunde schlug und sie ihre Reise ins Museum antraten.
Beim Betreten der geräumigen Ausstellungshalle wird der Besuchervon mehreren gleichmäßigen «Tick-Tacks» vor der hölzernen Kulisse eines neogotischen Postschalters aus dem 19. Jahrhundert begrüßt. «Das Schwingen der Pendel und die von den Zahnrädern ausgehende Musik nehmen fast jeden sofort gefangen», erzählt der Vorsitzende des Museumsvereins, Günther Haut. Für den fidelen Uhrmachermeister gehören Hobby und Beruf zusammen, auch wenn dadurch weniger Zeit für die Familie bleibt. In dritter Generation führt der 56-Jährige die Familientradition des Handwerks, das Geduld und Hingabe ebenso erfordert wie Fingerfertigkeit und Interesse am Tüfteln, fort.
«Seit der Kindheit gehört das Ticken bei mir zum Leben dazu», sagt er und streicht über das Schmiedeeisen einer über 100 Jahre alten Turmuhr. «Sie wurde in der Uhrenfabrik Rochlitz in Berlin gebaut.» Der auf einem Uhrenbock stehende Zeitmesser tickt unermüdlich vor sich hin. «Sie wurde einmal die Woche aufgezogen und schlug dann zu jeder vollen und halben Stunde.» Nicht weit entfernt tickt ein Uhrwerk der Firma J.F. Weule aus Bockenem im Harz (Niedersachsen), die bis Mitte des 20. Jahrhunderts Turmuhren und Glockenspiele inalle Kontinente der Welt lieferte. «Dieses hier wurde für besondersgroße Ziffernblätter gebaut und stand im Amtsgericht Salzwedel.»
Stolz ist der Uhrmachermeister auf eine Maschine aus dem Jahr1690. «Sie ist handgeschmiedet, daran ist nichts verschraubt», sagter. Ein jüngeres Exemplar ist eine ehemalige Schuluhr mitPendelaufhängung, die ein Uhrmachermeister Meyer in Magdeburg um 1950angefertigt hatte. Beim Erläutern der Funktionstechnik mit ihrenineinander greifenden Rädern steht Haut die Begeisterung ins Gesichtgeschrieben, doch er wirft auch traurige Blicke auf die Zeitmesser.
«Es ist schade, dass diese Uhren, die vor 100 Jahren noch alstechnische Wunderwerke galten und mit den ausgelösten Glockenschlägebei der Planung des Tagesablaufes halfen, heute vielerorts kaum nochbeachtet werden», sagt er mit etwas Wehmut in der Stimme. «Im Museumsoll sich der Zeiger für sie weiterdrehen.» Dabei sind die Maschinenbei ihrer Ankunft nicht sehr ansehnlich. «Wenn wir die Turmuhrenbekommen, sind sie entweder stark verrostet oder voll von dickenSchichten Taubenkot», sagt er. Die sorgsame Restauration nehme vielZeit in Anspruch. «Wir schaffen nicht mehr als zwei in einem Jahr.»
Der Eröffnungsschlag für das Museum setzte vor knapp einemJahr ein. In den ersten drei Monaten wurden 1000 Gäste gezählt, sagtHaut stolz. Doch schon lange Jahre zuvor putzten und tüftelten dieMuseumsmitglieder, um die Geräte wieder zum Laufen zu bringen. Nebenden Turmuhren ticken Wand- und Standuhren aus dem Schwarzwald inMuseum.
Öffnungszeiten:
Samstags 10 bis 12 Uhr und 14 bis 16 Uhr; Sonntags 14 bis 16 Uhr sowie nach Vereinbarung unter der Telefonnummer 039386-79980 oder -51006 sowie bei der Stadtinformation unter 039386-54783