Müllskandal Müllskandal: Prozess gegen Finzelberg geht vor Landgericht weiter

Stendal/dpa - In der Neuauflage des Prozesses gegen den Landrat des Kreises Jerichower Land, Lothar Finzelberg (parteilos), setzt der Kommunalpolitiker auf einen Freispruch. Seine Anwälte forderten zum Prozessauftakt, das Verfahren solle ausgesetzt werden, bis das Bundesverfassungsgericht über die Frage entschieden habe, ob eine mögliche Falschaussage vor einem Untersuchungsausschuss des Parlaments überhaupt strafbar sei. Darüber entschied das Landgericht Stendal zunächst aber nicht.
„Ich erhoffe mir einen Freispruch“, sagte der 59-jährige Finzelberg am Mittwoch kurz vor Prozessbeginn. Er sehe angesichts des Zuspruchs aus der Bevölkerung auch keinen Grund, bei der Landratswahl 2014 im Landkreis Jerichower Land nicht erneut zu kandidieren. Finzelberg ist seit 2001 Landrat. In erster Instanz war er zu 14 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden und würde bei Rechtskraft eines solchen Urteils sein Amt verlieren. Laut Amtsgericht hatte er im Untersuchungsausschuss um den Müllskandal am 4. Mai 2009 in mehreren Punkten wissentlich die Unwahrheit gesagt.
Landgericht bietet Deal an
Das Landgericht Stendal hatte noch vor Prozessauftakt Finzelberg einen sogenannten Deal angeboten. Er werde zu maximal acht bis zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, wenn er ein Geständnis ablege, heißt es in einem zum Prozessauftakt verlesenen Schreiben des Gerichts. Solche Verständigungen sind laut Strafprozessordnung möglich, wenn sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft zustimmen. Beide Seiten wollten sich zunächst nicht dazu äußern. In anderen Prozessen einigen sich die Beteiligten dann oftmals schon vor dem ersten Verhandlungstag. Bei einer Strafe unter einem Jahr könnte Finzelberg beamtenrechtlich sein Amt behalten.
Der Fall Finzelberg hatte zuletzt erneut für Aufsehen gesorgt, weil die Staatsanwaltschaft Magdeburg ein Ermittlungsverfahren gegen Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) ebenfalls wegen des Verdachts der Falschaussage in dem Untersuchungsausschuss eingeleitet hatte. Dafür wurde auch die Immunität des Ministerpräsidenten aufgehoben. Anlass war eine Strafanzeige eines Abgeordneten der Linkspartei. Die Verteidigung von Finzelberg ließ zunächst offen, ob sie auch Haseloff als Zeugen vor dem Landgericht hören will.
Für das Amtsgericht in Sangerhausen war der Fall eigentlich klar: Der Südharzer Bürgermeister Ralf Rettig (CDU) hatte mit einem Spionage-Programm versucht, die Mitarbeiter in seiner Verwaltung auszuspähen. Das Gericht verurteilte ihn deshalb zu einer Geldstrafe.
Rettig ließ dies aber nicht auf sich sitzen und hatte mit einer Berufung Erfolg: Sein Verteidiger fädelte mit der Staatsanwaltschaft und dem Landgericht Halle einen Deal ein. Rettig willigte ein 9.000 Euro an drei gemeinnützige Einrichtungen zu zahlen, wofür das Gericht im Gegenzug das Verfahren einstellte. Der Bürgermeister kam auf diesem Weg mit einem blauen Auge davon, denn durch die Einstellung gilt Rettig weiterhin als nicht vorbestraft.
(Quellen: Archiv, dpa)
Albert M. ist Bürgermeister der bayrischen Gemeinde Scheyern und er hat wohl ein groteskes Hobby: Immer wieder fällt er durch Spanner-Aktionen auf. So soll der 55-Jährige im Juni 2013 auf einer Rolltreppe Frauen unter den Rock fotografiert haben.
Ein Verkäufer einer Obdachlosen-Zeitschrift beobachtete, wie der Bürgermeister immer wieder mit Rolltreppen auf dem Münchner Stachus auf und ab fuhr. Dabei positionierte er sich dicht hinter Frauen in Röcken und schoss dann Fotos. Als Albert M. festgenommen wurde, schlug und trat er die Beamten. Eine 25-Jährige erstattetet schließlich Anzeige. Das Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung auf sexueller Grundlage und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte läuft.
Schon einmal stand M. wegen Spanner-Fotos vor Gericht. Er soll sich 2009, mit einer Langhaar-Perücke verkleidet, auf die Damentoilette eines Autobahn-Parkplatzes an der A 9 geschlichen und dort mit einem Spiegel unter der Kabinenwand hindurch eine fremde Frau beobachtet haben. Strafrechtlich konnte die Sache nie verfolgt werden, weil die Betroffene keine Anzeige erstattet hatte und es im Strafgesetzbuch keinen Spanner-Paragraphen gibt. Das Verwaltungsgericht jedoch brummte ihm eine dreijährige Kürzung seines Gehalts um ein Fünftel auf. Albert M. ging in Berufung. Der Verwaltungsgerichtshof hob dieses Urteil auf - "im Zweifel für den Angeklagten".
Wegen Untreue wurde im Februar 2013 der CDU-Politiker Peter Walter verurteilt. Walter war bis 2010 Landrat des Kreises Offenbach. In dieser Funktion machte er 2009 ein verhängnisvolles Versprechen: Ohne eine Genehmigung der zuständigen Gremien versicherte er dem damaligen Bürgermeister der Gemeinde Egelsbach, die Kosten für eine Rechtsberatung zu übernehmen. Diese benötigte die Gemeinde damals, um sich gegen ein Bürgerbegehren gegen den Verkauf von Anteilen an der Hessischen Flugplatz Gesellschaft (HFG) zu wehren. Die vom Kreis getragenen Anwaltskosten beliefen sich letztlich auf 78.000 Euro.
Das Darmstädter Landgericht sah darin eine Veruntreuung und verurteilte Walter deshalb zu einer Geldstrafe in Höhe von 19.500 Euro. Dieser kündigte direkt nach dem Urteilsspruch jedoch an, das Urteil nicht zu akzeptieren, so dass die Angelegenheit den Bundesgerichtshof beschäftigen wird.
Herbert Diestelmann war 20 Jahre lang Bürgermeister von Alsfeld, bevor er sein tiefer Fall begann und er wegen mehrerer Vergehen beinahe hinter Gittern landete. Im Jahr 2009 wurde Diestelmann erstmals wegen Untreue in Millionenhöhe zu Sozialstunden verurteilt. Zugleich verlor er dadurch auch seine Pension und lebte seitdem nur noch von einer kleinen Rente.
Zu wenig offenbar, denn während er Sozialstunden in einem Alten- und Pflegeheim leistete, zapfte er wiederholt Benzin für seinen eigenen BMW ab. Er nutze die Tankkarte des Altenpflegeheims einfach privat und betankte immer wieder Benzinkanister für sich selbst. Polizeibeamte stellten ihn schließlich, als er die Kanister in sein Auto umgeladen hatte und davon gefahren war.
Im November 2011 wurde der SPD-Politiker deshalb zunächst von einem Amtsgericht zu acht Monaten ohne Bewährung verurteilt. Das Landgericht Gießen setzte die Strafe später allerdings zur Bewährung aus, da es für den ehemaligen Bürgermeister eine günstige Sozialprognose gegeben sah. Zudem spielte für das Gericht auch das Schicksal von Diestelmanns Frau eine Rolle: Im Laufe der jahrelangen Verfahren hatte diese sich das Leben genommen.
Für den SPD-Politiker Hardy Fuß bedeutete das Jahr 2008 das Ende seiner politischen Aktivitäten. Am Montag, dem 26. Mai, fällten die Richter am Landgericht Köln ein Urteil: Wegen Beihilfe zur Untreue wurde der Frechener SPD-Mann zu drei Jahren Haft verurteilt. Eine Bewährungsstrafe war damit nicht möglich.
Die Anklage lautete damals Beihilfe zur Untreue in 25 Fällen: Fuß und zwei Mitangeklagte hatten zwischen 1996 und 2002 als Geschäftsführer von Gesellschaften der Trienekens-Gruppe rund 7,5 Millionen Euro an eine Schweizer Firma transferiert - gegen fingierte Rechnungen. Das in die Schweiz geschaffte Geld soll dem Müll-Unternehmer Helmut Trienekens später als "Kriegskasse" zur Verfügung gestanden haben.
Eine anschließende Verfassungsbeschwerde von Fuß wurde nicht zur Entscheidung angenommen. Somit musste Fuß seine Haftstrafe Ende Januar 2011 in der Haftanstalt in Euskirchen verbüßen. Ein Teil der Strafe wurde ihm aber wegen der überlangen Verfahrensdauer von eineinhalb Jahre erlassen: Fuß verbüßte die verbleibende Strafe von zwei Jahre drei Monaten im offenen Vollzug.
Der Antrag der Verteidigung, zunächst die Verfassungsrichter einzuschalten, fand bei der Staatsanwaltschaft keine Zustimmung. Die Zeugenvernehmung in einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss sei wichtig für eine funktionierende Demokratie. Die Anwälte von Finzelberg stellten zudem eine Reihe weiterer Anträge. Unter anderem wurde der Vorsitzende Richter für befangen erklärt und Zeit zur Prüfung der Kammerbesetzung gefordert. Zur Aussetzung des Prozesses kam es zunächst allerdings nicht.
Illegale Müllentsorgung
Gegen Finzelberg ermittelt die Staatsanwaltschaft seit mehreren Jahren auch wegen Bestechlichkeit. Dabei geht es um den Vorwurf, er habe 370 000 Euro an der illegalen Müllentsorgung mitverdient. Zu einer Anklage kam es bislang aber nicht. Auch Ermittlungen wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung, weil er seinen Dienstwagen privat genutzt und dies nicht in der Steuererklärung angegeben habe, sind noch offen. Laut Staatsanwaltschaft ist im Herbst mit einem Abschluss der Verfahren zu rechnen.
Fertiggestellt wurde dagegen eine Anklage gegen sechs Verantwortliche von Tongruben wegen illegaler Müllentsorgung und Beihilfe dazu. Dabei geht es um die illegale Entsorgung von fast 170 000 Tonnen Abfällen. Ein Termin für den Beginn des Prozesses steht aber noch nicht fest.
In der ersten Verhandlungsrunde hatte das Amtsgericht an 29 Tagen verhandelt. Nach Angaben der Finzelberg-Anwälte könnte die neue Prozessrunde ähnlich lange dauern. Der nächste Prozesstermin ist für den 16. August geplant.