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Meilenstein in Krebstherapie Meilenstein in Krebstherapie: Impfungen gegen Krebs als neue Therapie

Von Cornelia Fuhrmann 11.07.2013, 19:34
Eine Ärztin verabreicht einer Patientin Impfung.
Eine Ärztin verabreicht einer Patientin Impfung. dpa/symbolbild Lizenz

Halle/MZ - Sie sind Hoffnung für viele Erkrankte: Impfstoffe gegen Krebs. Die Hoffnung ist berechtigt. „Die Impfstoffe sind weitgehend ausgereift“, sagt Gerold Schuler, Direktor der Hautklinik des Universitätsklinikums Erlangen und seit vielen Jahren in der Forschung zu diesem Thema tätig. Zum aktuellen Stand hat er an der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina in Halle referiert. Der Impfstoff wird derzeit bereits bei Hautkrebs eingesetzt, andere Krebsarten könnten in einigen Jahren folgen.

Das Grundprinzip ist, dass die Abwehrzellen des Körpers mit Hilfe der Vakzine, also der Impfstoffe, so weit stimuliert werden, dass sie die Tumorzellen angreifen und entartetes Gewebe teilweise sogar ganz zerstören. „Die Immuntherapie revolutioniert die Krebstherapie“, ist Schuler überzeugt. Der Impfstoff besteht dabei beispielsweise aus körpereigenen Abwehrzellen. Ohne das Immunsystem sei keine Heilung möglich.

Herstellung kostet etwa 20.000 Euro

„Krebszellen verändern sich durch Mutationen ständig. Sie haben viele Tricks, sich vor der Immunabwehr des Körpers zu verstecken“, erklärt der Spezialist. Deshalb werde mit Medikamenten dafür gesorgt, dass der „Schutzschild“ der Tumoren geschwächt wird, damit die Impfstoffe helfen können. Es sei also nicht das Ziel, dass Impfungen die üblichen Standardtherapien wie Chemotherapie und Bestrahlung bei Krebspatienten ersetzen. Die Therapie sei immer individuell, denn selbst wenn Patienten am gleichen Krebs erkrankt seien, könne die Behandlung vollkommen unterschiedlich ausfallen.

Die Herstellung des Impfstoffes koste wegen des Aufwands pro Patient etwa 20.000 Euro und auch nicht jeder sei für diese Therapieform geeignet. Eingesetzt werden die Impfungen bisher nur an wenigen universitären Zentren weltweit. Für die Behandlung anderer Tumoren als Hautkrebs sei damit, in Anbetracht der großen Schritte, die die Forschung mache, möglicherweise in fünf Jahren zu rechnen. Die Strategie eigne sich prinzipiell für fast alle Tumoren, so Schuler. Weitere Forschung und Studien seien allerdings extrem teuer. Das sei in größerem Rahmen über die reguläre Förderung nicht machbar. „Hier müssten die Pharmafirmen einspringen, vor allem um Kombinationstherapien zu ermöglichen“, fordert Schuler.

Zahl der Langzeitüberlebenden erhöhen

Geimpft werden sogenannte dendritische Zellen, die zu den weißen Blutkörperchen gehören. Entdeckt hat sie Schulers Mentor Ralph Steinman, der dafür 2011 den Nobelpreis für Medizin erhielt. Diese Zellen werden außerhalb des Körpers vermehrt und mit Antigenen beladen. Die dendritischen Zellen, die zudem ausgereift sein müssen, regen weitere Abwehrzellen, die sogenannten T-Zellen, dazu an, krankes Gewebe zu erkennen. „Das sind die Waffen des Immunsystems. Die dendritischen Zellen müssen reif sein, damit die Tumorzellen sie nicht ,umpolen’ können“, erklärt Schuler. Beim Patienten könne es dabei zu Schwellungen an der Einstichstelle und zu Symptomen ähnlich eines grippalen Infekts kommen.

„Das Hauptziel ist es, die Rate der Langzeitüberlebenden zu erhöhen“, so Schuler, der die Impfungen bei Patienten einsetzt, die an malignen Melanomen, dem schwarzen Hautkrebs, erkrankt sind. Die Impfungen sind somit nicht vorbeugend möglich, sondern werden eingesetzt, wenn der Patient bereits erkrankt ist. Anders ist es bei Hepatitis, die zu Leberkrebs führen kann, oder Gebärmutterhalskrebs. Hier seien Viren die Auslöser für Tumoren in der Leber oder am Gebärmutterhals, gegen die man mit Impfungen immunisiert werden könne, erklärt Schuler. Auch gebe es bei Risikopatienten für Dickdarmkrebs die Möglichkeit zu impfen, damit es nicht zum Tumor komme, wie ein Studie zeigte. In den USA ist es zudem bereits möglich, gegen Prostatakrebs zu impfen. Der Impfstoff ist in Europa noch nicht zugelassen.