Mansfelder Land Mansfelder Land: Sind Halden noch wirtschaftlich verwertbar?
eisleben/hettstedt/MZ. - Wie wertvoll sind die Halden im Mansfelder Land? Lange wurde spekuliert, ob sich ein Abbau lohnt. Nun liegen fundierte wissenschaftliche Ergebnisse vor. Und die sind bemerkenswert: In den Flachhalden - die nicht hoch in die Landschaft hineinragen - ist der Kupfergehalt ähnlich hoch wie etwa in den weltgrößten Lagerstätten in Chile. Das hat ein dreijähriges Forschungsprojekt ergeben, das von Professor Gregor Borg von der Universität in Halle koordiniert wurde. Daran mitgewirkt haben Lagerstättenkundler, Aufbereitungstechnologen, Metallurgen bis hin zu Marketingexperten. Welche Konsequenzen dies genau hat, ist noch nicht klar, auch wenn Borg grundsätzlich feststellt: "Durch die nachhaltige Aufbereitung von Mansfelder Haldenmaterial können Wertmetalle, vor allem Kupfer und Silber, erfolgversprechend extrahiert werden." Fraglich ist indes aber, ob noch genügend verwertbares Material zur Verfügung steht.
Das Projekt war vom Bundesforschungsministerium mit 1,3 Millionen Euro gefördert worden. Von Beginn an ging es um die Frage, ob sich die flachen Halden wirtschaftlich verwerten lassen. Eingebunden wurden auch Unternehmen und andere Institute. Bevor jedoch Verfahren getestet werden konnten, wie man die wertvollen Reststoffe aus dem Haldenmaterial effektiv gewinnen kann, musste eine wichtige Frage geklärt werden: Wie müssen die Proben beschaffen sein, um daraus verwertbare Schlüsse ziehen zu können? "Das war eine echte Herausforderung, denn die Zusammensetzung der Halden ist nicht homogen", sagte der 38-jährige Diplom-Geologe Andreas Kamradt, der das Forschungsprojekt begleitet. Einfach an der Oberfläche Proben zu nehmen, reichte nicht aus.
Mit einer Spezialfirma aus Lieskau (Saalekreis) kam schließlich der Durchbruch. Die Lieskauer trieben die Bohrungen bis zu 35 Meter tief in zwei für die Untersuchungen besonders interessante Halden. Dabei wurde jeweils mindestens eine Tonne Material ans Tageslicht befördert. Am TheodorSchacht bei Klostermansfeld setzten sie fünf solche Bohrungen, am Fortschritt-Schacht bei Volkstedt waren es nochmal zwei. Untersucht wurden insgesamt neun Halden im Mansfelder Land, nicht alle jedoch so intensiv. Die Auswahl geschah mit Bedacht: Die Aufschüttung der Halde am Theodor-Schacht stammt aus den 1870er Jahren und ist damit eine der ältesten Flachhalden in der Region. Die Halde bei Volkstedt ist wesentlich jünger und breiter angelegt. "Dadurch wollten wir untersuchen, ob es Unterschiede hinsichtlich der Verwitterung gibt", so Kamradt.
Die Wissenschaftler sind mit den Ergebnissen und der Methoden, mit denen sie diese erzielt haben, äußerst zufrieden. Mit Hilfe bestimmter Aufbereitungstechnologien wurden aus Großproben zunächst Vorkonzentrate hergestellt. Darin wurden Kupfer und Silber, aber auch andere Metalle wie Blei und Zink durch eine innovative Sortiertechnik verdichtet. Das Material wurde auf eine bestimmte Korngröße zerkleinert und anschließend mit speziellen Verfahren durch eine Freiberger Partnerfirma behandelt. Danach ging das gewonnene Erz zu einer Firma nach Aachen (Nordrhein-Westfalen) mit dem Ziel, aus einzelnen Metallen beispielsweise Rohkupfer zu gewinnen.
Ob im Mansfelder Land noch genügend Haldenmaterial vorhanden ist, das einen wirtschaftlich sinnvollen Abbau garantieren würde, steht noch nicht fest. Die bisherigen Hochrechnungen basieren auf Daten aus dem Jahr 1993. Doch inzwischen hat sich die Haldenlandschaft verändert. Einige Halden wurden abgetragen. Und am Fortschrittschacht, wo der höchste Kupferanteil nachgewiesen wurde, hat eine Firma die Halde gekauft, um daraus Baustoffe für den Straßenbau herzustellen.
Die weithin sichtbaren Kegelhalden sind als Industriedenkmäler ohnehin tabu. Noch ein anderes Problem kommt bei ihnen dazu: Der größte Teil des Kegels ist erst nach 1945 aufgetürmt worden. Die Forscher haben starke Zweifel, "dass sich bei ihnen die Metallgewinnung überhaupt lohnt", so Kamradt. Der Grund: Im Berg- und Hüttenwesen hat es seither durch verbesserte Aufbereitungstechniken einen regelrechten Technologiesprung gegeben. Dadurch sind wesentlich weniger metallhaltige Reststoffe entstanden als früher. Die Kegelhalden enthalten vorrangig Sandstein, Karbonate, Gipse und ähnliche Stoffe.
Eine Zweitverwertung der Halden hätte gegenüber dem klassischen Kupferbergbau einen Vorteil: Die Metallgewinnung könnte direkt vor Ort ohne große Transporte und kostenintensive Verhüttungsprozesse bewerkstelligt werden, sagen die Experten. Selbst das Haldenmaterial, das zum Schluss übrig bleibt, ließe sich noch für die Herstellung von Baustoffen nutzen.
"In den Halden steckt beachtliches Potenzial", meint Kamradt. Er denkt dabei auch an Länder wie China, Polen, Kasachstan und Sambia, wo noch Hunderte solcher Halden stehen. Dank des Forschungsprojekts verfüge man nun über ein Verfahrensschema, das weltweit angewendet werden könne. Immerhin etwas, selbst wenn die neuen Erkenntnisse für das Mansfelder Land zu spät kommen sollten.