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Magdeburg Magdeburg: Stadt lädt zu ältestem Volksfest Deutschlands ein

Von Annette Schneider-Solis 22.09.2010, 12:41
Die Laiendarsteller Volkmar Emcke (l.) als Doktor Eisenbart und Joachim Bachmann als Famulus stehen vor dem Dom in Magdeburg. Auf dem Messeplatz im Magdeburger Stadtpark beginnt am Samstag die Herbstmesse. (FOTO: DPA)
Die Laiendarsteller Volkmar Emcke (l.) als Doktor Eisenbart und Joachim Bachmann als Famulus stehen vor dem Dom in Magdeburg. Auf dem Messeplatz im Magdeburger Stadtpark beginnt am Samstag die Herbstmesse. (FOTO: DPA) dapd

Magdeburg/dapd. - Dengotischen Dom gibt es noch nicht. 1000 Jahre später ist dasMagdeburger Spektakel Deutschlands ältestes Volksfest und feiertunter dem Namen Herbstmesse das Jubiläum vom 25. September bis zum17. Oktober.

Karl Welte, Schausteller in vierter Generation aus Magdeburg, iststolz auf die Geschichte seiner Zunft. Vieles habe auf Jahrmärktenseinen Anfang genommen, sagt er. Aus Quacksalbern und Zahnreißernsind Ärzte und Zahnärzte geworden, Bänkelsänger waren die Vorgängerder modernen Medien. Exotische Tiere wurden nicht in Zoos gezeigt,sondern auf Jahrmärkten. "Auch das Kino hatte einen Vorläufer aufVolksfesten", sagt er. "Zuerst konnten die Menschen mitKinomategraphen auf Volksfesten Bilder betrachten, und das ersteKino in Magdeburg, die Scala-Lichtspiele, wurden nicht zufällig voneinem Schausteller gegründet. Er hatte einen solchen Kinomategraphenund wollte irgendwann sesshaft werden."

Welte weiß auch zu berichten, dass viele Landbewohner demelektrischen Strom erstmals auf einem Volksfest begegneten. Derhatte natürlich zuerst in den Städten Einzug gehalten. Schaustelleraber erzeugten schon bald ihren Strom selbst - mit Dampflokomobilenund Generatoren. "In einem alten Zeitungsausschnitt habe ich voneiner feenhaften Beleuchtung auf einem Volksfest gelesen", sagtWelte. "Da ist von einer Schiffsschaukel mit zehn Glühlampen dieRede." Moderne Karussells verfügen heute über tausende Lampen. Seineigenes hat 8.500, seine Stromrechnung beträgt mehrere tausend Euroim Monat.

Lange nahmen die Magdeburger an, nach Bad Hersfeld mit einer900-jährigen Festtradition das zweitälteste Volksfest in Deutschlandauszurichten. Im vergangenen Jahr stieß die Historikerin GudrunWittek in den Notizen des Bischofs Thietmar von Merseburg dannjedoch auf den Hinweis, dass Erzbischof Tagino am 22. September 1010in Magdeburg das heilige Fest der Thebäischen Legion feiern ließ.Die Thebäische Legion war der christlichen Überlieferung nach eineLegion des Römischen Heeres, deren Mitglieder einen Märtyrertodgestorben sein sollen. Ihr Anführer war Mauritius gewesen, derSchutzheilige des Magdeburger Doms. Das Fest zu Ehren derThebäischen Legion war im Mittelalter das wichtigste in der StadtMagdeburg und im gesamten Erzbistum. Es dauerte sieben Tage, was zurdamaligen Zeit ungewöhnlich lange war.

167 Jahre später tauchte unter Erzbischof Wichmann erstmals derName "Fest der Herren" auf, aus dem später die Herrenmesse entstand.Lange Zeit ruhte an diesem Tag die Arbeit, Zinsen wurden bezahlt undAmnestien für Gefangene ausgesprochen. Die Messe war Heiligenfeier,Volksfest und Gerichtstag in einem. Sie trägt ihren für einVolksfest ungewöhnlichen Namen wegen ihres kirchlichen Ursprungs.Einer Messe in der Kirche folgte damals ein mehrtägiger Jahrmarkt.In den 1000 Jahren seit ihrer ersten Erwähnung fand sie nur währendKriegen, wenn die Pest wütete oder während der Belegung Magdeburgsmit der Reichsacht durch Kaiser Karl V. im Jahre 1547 nicht statt.