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LKA gegen Cyberkriminalität LKA gegen Cyberkriminalität: Jäger von Kriminellen im Internet

Von Thilo Streubel 13.08.2013, 19:46
Ein Beamter zeigt am Rechner das typische Bild eines einst bundesweit verbreiteten Trojaners.
Ein Beamter zeigt am Rechner das typische Bild eines einst bundesweit verbreiteten Trojaners. DPA Lizenz

Magdeburg/MZ - Sie sitzen in unscheinbaren Räumen des Landeskriminalamtes (LKA) in Magdeburg. Und sie entsprechen nicht dem Klischee: Hacker und Computer-Nerds in einem Großraumbüro vor dutzenden Monitoren und Lagerhallen voller blinkender Server. Science Fiction vor der Haustür sozusagen. LKA-Sprecher Stefan Brodtrück muss lachen, wenn er das hört: „Diese Vorstellung entstammt eher Agentenfilmen.“ Seit Sommer 2012 hat er sie schon oft richtigstellen müssen. Seitdem ist die Bekämpfung der Cyberkriminalität in Sachsen-Anhalt in einer Stabsstelle gebündelt: im „Cybercrime Competence Center“, kurz 4C. Die Konzentration von Wissen und Personal in fünf Arbeitsbereichen mit insgesamt 50 Mitarbeitern hat sich bewährt. Sagt jedenfalls Leiterin Petra Paulick.

Die Kriminaloberrätin muss es wissen. Sie hält die Fäden zusammen, hat das Center mit aufgebaut. „Es war ein Glücksfall“, sagt sie, und meint die Chance, die sich dem LKA vor einem Jahr bot. Sieben Stellen für IT-Spezialisten wurden geschaffen - zu lukrativen Konditionen für die Experten. Das sei wichtig, sagt die 42-jährige Paulick, denn die Wirtschaft könne den Spezialisten weitaus mehr Geld bieten. Die Polizei buhlt also mit den Firmen um das Know-how der IT-Experten.

Täter mit Spezialwissen

Am Fachwissen, so Paulick, entscheide sich Erfolg und Misserfolg bei der Bekämpfung von Cyberkriminalität - also Straftaten, die mit Hilfe eines Computers, digitaler Technik oder über das Internet durchgeführt werden. Das sogenannte Phishing, Skimming, aber auch Betrug bei Portalen wie Ebay oder das Ausspähen von Firmendaten gehören in den Bereich.

„Wenn man sich die Vielfalt und die Masse der entsprechenden Täter anschaut, auch mit ihrem speziellen Wissen, dann ist es schwierig, auf Augenhöhe zu kommen. Wir sind aktuell gut aufgestellt, aber 4C ist ein Bereich, der sich entwickeln muss“, erklärt Paulick. Den Vorsprung der Kriminellen gilt es Stück für Stück zu verkleinern. Im Idealfall sollten die LKA-Ermittler am Ende die Nase vorn haben. Deshalb sind auch die Methoden des 4C streng geheim. Sprecher Brodtrück und Leiterin Paulick verweisen bei konkreten Fragen immer wieder auf Diskretion. Nur soviel verrät Paulick: „Generell ist der überwiegende Teil der Arbeit Programmierung.“ Im 4C wird also eher getüftelt als gehackt.

Doch nicht nur die Technik macht den Ermittlern oft einen Strich durch die Rechnung. Hinzu kommt, dass die Gesetze zu Vorratsdatenspeicherung eine schnelle Ermittlung erfordern. „Über sieben Tage Frist kriegen wir keine Daten mehr und können die IP-Adresse nicht bekanntmachen.“ So seien viele Delikte gar nicht mehr erfassbar, sagt Paulick.

Könnte man nicht die Methoden der Straftäter kopieren, um zu Erfolgen zu kommen? Paulick widerspricht. Die Methoden kenne man zwar, aber: „Wir müssen uns an Gesetze halten.“ Sie betont, dass „die schnellen Entwicklungen im Bereich des Cybercrime schneller Entscheidungen bedürfen. Die Gesetzgebungsverfahren sind sehr träge.“ Das erklärt oft auch den Vorsprung der Täter.

Nicht alle Mitarbeiter des 4C beschäftigen sich nur mit Cyberkriminalität. Aufgabe des Centers sei außerdem die „Sicherung und Auswertung jedweder digitaler Spuren“, wie Paulick erzählt. Konkret heißt das Zuarbeit für Ermittler bei Sicherung von Handydaten oder Servern. Vergleiche mit der NSA-Ausspähaffäre dementiert Brodtrück vehement: Das 4C arbeite ausschließlich in der Strafverfolgung. Das heißt, es muss erst eine Anzeige vorliegen, bevor das 4C Ermittlungen aufnimmt. Der Datenschutz sei also gesichert und oberstes Credo.

Kern des 4Cs ist die IT-Ermittlungsunterstützung. Dort sitzen fünf Spezialisten. Eine Kryptologin (Entschlüsselungs-Expertin) und ein Mobilfunkforensiker (Nachrichtentechniker) gehören ebenfalls zum Team. Konkret sichern die IT-Spezialisten Datenströme im Netzwerkverkehr und leisten andere technische Unterstützung bei der Ermittlungsarbeit. „Die Mitarbeiter des Teams ermitteln auch selbst bei Cybercrime-Delikten. Wir haben beispielsweise eine Auswertungs- und Koordinierungsstelle Kinderpornografie.“

Nicht Masse, sondern Geduld

Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) bezeichnete das 4C beim Start als die „Zukunft der Kriminalitätsbekämpfung“. Paulick tut sich aber schwer, nach einem Jahr eine Bilanz zu ziehen: „Es hat sich bewährt, das zeigen die ersten Erfolge. Das ist jedoch schwierig mit Zahlen zu belegen. Wir bearbeiten nicht Masse, sondern spezifische Verfahren, die mitunter lange dauern.“ Das erfordere viel Geduld, bei den Spezialisten selbst und den Politikern, die Ergebnisse sehen wollen. Das 4C kann aber dennoch Erfolge vorweisen. In einem Fall sei die Entschlüsselung eines besonders gesicherten Datenträgers gelungen, erklärt Paulick. Auch in zwei Fällen von Kindesmissbrauch konnte das 4C die Täter über digitale Ermittlungen aufspüren.

Über die Zukunft des zunächst auf drei Jahre angelegten Projekts wird bereits 2014 entschieden. Paulick ist optimistisch, dass 4C bestehen bleibt. Zur Debatte steht dann nur die Frage, wie sich das „Cybercrime Competence Center“ zukünftig in die Struktur des LKA einbinden wird. Bis dahin hofft nicht nur LKA-Sprecher Brodtrück, dass es einen Fall gibt, der exemplarisch steht für das 4C. „Dann kann man sich konkret etwas unter unserer Arbeit vorstellen.“

In dem Gebäude des Landeskriminalamtes in Magdeburg sitzt das "Cybercrime Competence Centre".
In dem Gebäude des Landeskriminalamtes in Magdeburg sitzt das "Cybercrime Competence Centre".
LKA Lizenz
Die Kriminaloberrätin Petra Paulick leitet das "Cybercrime Competence Center".
Die Kriminaloberrätin Petra Paulick leitet das "Cybercrime Competence Center".
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Detailaufnahme sichergestellter Technik durch das LKA
Detailaufnahme sichergestellter Technik durch das LKA
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Elektrotechnik steht für umfangreiche Untersuchungsmaßnahmen zur Verfügung. Technik für Untersuchungen möglicherweise manipulierter Elektronikbauteile
Elektrotechnik steht für umfangreiche Untersuchungsmaßnahmen zur Verfügung. Technik für Untersuchungen möglicherweise manipulierter Elektronikbauteile
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Die fünf Abteilungen des Cybercrime Competence Centers
Die fünf Abteilungen des Cybercrime Competence Centers
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