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Unikirche zerstört Unikirche Leipzig: Erinnerung an die Kirchensprengung in der DDR

27.05.2018, 07:50
Das Paulinum der Leipziger Universität (l) ist neben einem Plakat mit einem Foto von der Universitätskirche Leipzig zu sehen.
Das Paulinum der Leipziger Universität (l) ist neben einem Plakat mit einem Foto von der Universitätskirche Leipzig zu sehen. dpa-Zentralbild

Für Leipzig ist es einer der traurigsten Tage in der jüngeren Geschichte der Stadt. An dem sonnigen Morgen des 30. Mai 1968 ertönt um 10 Uhr ein Hornsignal über den damaligen Karl-Marx-Platz. Wenig später fällt die Leipziger Universitätskirche in sich zusammen.

An die Sprengung des traditionsreichen Gotteshauses vor 50 Jahren erinnert eine Ausstellung des Archivs der Leipziger Bürgerbewegung im Augusteum der Uni. Unter dem Titel „Die ganze action hat geprägt“ gibt sie ab Samstag auf 19 großen Rolltafeln Einblicke in die Geschichte des Kirche und die Protestbewegung gegen ihre Zerstörung, schilderte der Kurator des Archivs, Achim Baier.

Die im Jahr 1240 geweihte Klosterkirche war eine der ältesten Universitätskirchen Deutschlands. Die Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg hatte sie überstanden. Doch der SED-Diktatur war sie ein Dorn im Auge.

Die große Anziehungskraft als Ort akademischer Gottesdienste und Heimstatt evangelischer sowie katholischer Studentengemeinden passte nicht in das Bild der 1953 in „Karl-Marx-Universität Leipzig“ umbenannten sozialistischen Hochschule. Kommentar des damaligen Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht: „Das Ding muss weg.“

Die 19 Rolltafeln sollen nach Ende der ersten Ausstellung am 3. Juni in weiteren Kirchen der Stadt zu sehen sein, sagte Baier. Mit dem historischen Einzelfall der Sprengung soll exemplarisch aufgezeigt werden, wie Hoffungen, Ideale und Lebenslust der Menschen mit dem Machtanspruch der SED kollidierten. Auf den Tafeln berichten unter anderem Zeitzeugen.

Die Stiftung Universitätskirche erinnert zudem genau 50 Jahre nach der Sprengung der Kirche mit der Uraufführung der Komposition „Visionen“ an den barbarischen Akt. Das Auftragswerk sei vom Organisten des Gotteshauses Daniel Beilschmidt komponiert worden, wie die Stiftung mitteilte. Bei dem Konzert am 30. Mai für Sopran, Bass, Chor, Violoncello, Klarinette, Harfe, Schlagzeug und zwei Orgeln sei dem Komponisten ein Maximum an künstlerischer Freiheit gewährt worden.

Vor der Uraufführung sind ein Gedenkgottesdienst mit dem evangelischen Landesbischof Carsten Rentzing geplant und ein wissenschaftliches Kolloquium zum Thema „Von St. Pauli zum Paulinum. Leipzigs Universitätskirche und andere Baudenkmäler in Ostdeutschland zwischen Zerstörung, Rekonstruktion und Reinterpretation“.

Der Neubau der Universitätskirche am heutigen Augustusplatz war am 1. Dezember 2017 geweiht worden. Er steht an der Stelle des alten Gotteshauses. Eigentlich sollte er bereits zum 600. Jubiläum der Universität 2009 fertig sein. Doch Schwierigkeiten bei der Innengestaltung verzögerten die Fertigstellung immer wieder. (dpa)