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Protest gegen Rechts Protest gegen Rechts: Leipzig wehrt sich gegen Neonazis

Von Walter Zöller 19.03.2017, 12:30
Ein Großaufgebot an Polizisten sichert am Samstag die Demonstrationen in Leipzig
Ein Großaufgebot an Polizisten sichert am Samstag die Demonstrationen in Leipzig X90145

Leipzig - Aus den Lautsprechern dringt am Samstagvormittag die Bitte an „den Herrn Burkhard Jung“, etwas zu den Demonstranten zu sagen, die auf dem Weg in die Leipziger Südstadtvorstadt vor der DGB-Zentrale Station machen. Der „Herr Jung“, also Leipzigs Oberbürgermeister, folgt der Aufforderung des Aktionsbündnisses „Leipzig nimmt Platz“. „Wir stehen für eine weltoffene Stadt“, sagte er. Eine Stadt, in der die Zivilgesellschaft zeige, dass Neonazis hier nichts zu suchen haben. Und der SPD-Politiker ruft die meist jungen Demonstranten eindringlich auf, mit dafür zu sorgen, dass der Protest gegen Rechts friedlich bleibt.

Die Wünsche des Oberbürgermeisters und wohl fast aller Leipziger gehen in Erfüllung: An dem von der Partei „Die Rechte“ für diesen Tag angemeldeten Aufzug beteiligen sich nur rund 120 Menschen, an den Gegendemonstrationen - insgesamt elf Veranstaltungen über die ganze Stadt verteilt - mehr als 1.000 Personen, einige sprechen sogar von 2 500. Und es bleibt weitgehend friedlich. Das ist nicht selbstverständlich, nachdem es am 12. Dezember 2015 am Rand einer Neonazi-Demo zu heftigen Krawallen gekommen war. Damals lieferten sich linksautonome Demonstranten Straßenschlachten mit der Polizei.

Dass es dieses Mal anders kommt, hat mehrere Gründe. Im Vorfeld durchkreuzten Verwaltungsgerichte die Absicht der Partei „Die Rechte“, wieder durch das von Linksalternativen geprägte Connewitz zu ziehen. Die Richter bewerteten dies als Provokation, Sach- und Personenschäden drohten. Stattdessen legten sie eine Route fest, die weg von Connewitz führte. „Die Rechte“-Chef Christian Worch gibt daraufhin am Samstag einen Einblick in sein Rechtsverständnis. Die Gerichte hätten die „rechtswidrigen“ Erlasse „böswillig“ bestätigt.

Die Polizei lässt am Samstag keinen Zweifel daran, dass sich der 12. Dezember 2015 nicht wiederholen darf: Mit 2.500 Polizisten aus mehreren Bundesländern ist sie noch in der kleinsten Nebenstraße präsent. Offensichtlich ist aber auch das Bemühen von Polizei und Organisatoren der Gegendemos, dass die Situation nicht eskaliert. So ist die Polizei überall mit Kommunikationsteams unterwegs. Ihre Aufgabe: Konflikte - etwa ein Verstoß gegen das Vermummungsverbot - im Keim zu ersticken. Als Ansprechpartner stehen Ordner bereit. Eine weiße Armbinde weist sie als Verbindungsglied zu den Demonstranten aus. Und da sind viele junge Leute wie die Auszubildenden Stefanie und Felix: „Wir wollen uns den Neonazis in den Weg stellen, aber ohne Gewalt.“

Die Neonazis marschieren so durch eine Stadt, in der sie nur auf Ablehnung stoßen. Sie rufen „Nieder mit der roten Pest“ oder „Nach unserem Sieg nie wieder Krieg“. Hunderte Gegendemonstranten begleiten dies mit einem Pfeifkonzert. Die Polizei registriert am Ende „nur vereinzelte Ereignisse“, bei denen man habe einschreiten müssen. So seien einige mit Wasser gefüllte Ballons sowie Steine auf Rechtsextreme geworfen worden. In der Südvorstadt hätten 20 Vermummte Barrikaden gebaut und Polizisten mit Steinen beworfen, gegen sie werde wegen schweren Landfriedensbruch ermittelt. Wie die Polizei zeigten sich auch Sprecher des Aktionsbündnisses „Leipzig nimmt Platz“ zufrieden mit dem Demotag.

Eine Irritation gibt es noch. Auf Twitter berichtet ein Journalist, einige Beamte der sächsischen Polizei hätten am Rand des Neonazi-Aufmarschs deren Slogan „Frei, Sozial, National“ mitgesprochen. Dem geht die Polizei heute nach. (mz)

Proteste in Leipzig Connewitz gegen eine Demo der Rechten im Jahr 2015.
Proteste in Leipzig Connewitz gegen eine Demo der Rechten im Jahr 2015.
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