Bundesverwaltungsgericht Leipzig Journalistin hat keinen Anspruch auf Beschaffung von Kohl-Akten
Das Kanzleramt muss nach einem höchstrichterlichen Urteil keine Akten von Altkanzler Helmut Kohl wiederbeschaffen, die sich möglicherweise bei dessen Witwe Maike Richter-Kohl befinden. Eine Journalistin hatte auf deren Herausgabe geklagt.

Leipzig/EPD - Das Kanzleramt muss nach einem höchstrichterlichen Urteil keine Akten von Altkanzler Helmut Kohl (1930-2017) wiederbeschaffen, die sich möglicherweise bei dessen Witwe Maike Richter-Kohl befinden. Das hat das Bundesverwaltungsgericht am Mittwochabend in Leipzig entschieden (Az. BVerwG 10 C 2.22).
Die Vizepräsidentin des Gerichts, Susanne Rublack, erklärte zur Begründung, weder das Informationsfreiheitsgesetz noch das Bundesarchivgesetz begründeten einen Anspruch auf die Wiederbeschaffung von Unterlagen, die zum Antragszeitpunkt in einer Behörde nicht mehr vorhanden sind. Das Gericht wies damit die Revision der Journalistin Gabriele Weber gegen ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom Juni 2022 zurück.
Journalistin hatte im Juli 2017 beim Kanzleramt Einsicht in die Unterlagen Kohls verlangt
Weber hatte im Juli 2017 beim Kanzleramt Einsicht in die Unterlagen Kohls verlangt, die dort und bei privaten Dritten vorhanden sind. Außerdem begehrte sie Zugang zu den sogenannten Findmitteln. Das Kanzleramt gewährte ihr Einsicht in 45 Unterlagen. Ansonsten lehnte es den Antrag ab. Als Findmittel werden Instrumente bezeichnet, die es ermöglichen, in Archiven Informationen über Inhalte von Akten-Beständen zu erhalten. Dazu zählen etwa Datenbanken, Findbücher und Karteien.
Auf dem Gerichtsweg wollte Weber daraufhin weiteren Zugang zu Unterlagen aus der Zeit der Kanzlerschaft Kohls und den zugehörigen Findmitteln erhalten. Dazu gehören nach Ansicht ihrer Anwälte auch Dokumente, die sich bei Richter-Kohl befinden sollen.
Unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand
Das Kanzleramt habe diese Akten an die Konrad-Adenauer-Stiftung übergeben, sagte ein Anwalt Webers am Mittwoch bei der mündlichen Verhandlung. Von dort seien sie zu Kohl und seiner damaligen Ehefrau gelangt, um dessen Memoiren zu erstellen. Ein Anwalt des Kanzleramts sagte hingegen, die Behörde habe bei Richter-Kohl angefragt, ob sie amtliche Dokumente Kohls besitze. Dies habe Richter-Kohl verneint.
Richterin Rublack betonte, eine Behörde wie das Kanzleramt dürfe die Suche nach Informationen in einem äußerst umfangreichen Aktenbestand ausnahmsweise verweigern, wenn damit ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand verbunden wäre. „Dies ist zu bejahen, wenn die informationspflichtige Behörde bei der Wahrnehmung ihrer vorrangigen Sachaufgaben erheblich behindert würde“, erklärte Rublack.
Durchsicht von mehr als 9.000 Aktenbänden sei „unzumutbar“
Das Kanzleramt hatte erklärt, dass eine händische Suche unzumutbar sei, da es um die Durchsicht von mehr als 9.000 Aktenbänden gehe. Dem Urteil zufolge hat Weber auch keinen Anspruch auf Zugang zu den Findmitteln.
Die Journalistin wollte den Angaben zufolge unter anderem Unterlagen aus dem Zeitraum 1982 bis Juni 1987 einsehen. Dabei interessierten sie unter anderem laut Gericht die „Themen deutsch-südamerikanische Beziehungen, Südamerika, Chile, Argentinien und Paraguay“.