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Leipzig Leipzig: Neuer Ärger um das Paulinum

Von Sophia-Caroline Kosel 13.10.2008, 06:10
Blick auf den Rohbau des neuen Universitäts-Campus der Universität Leipzig am Leipziger Augustusplatz. Deutlich ist bereits die Struktur des Paulinums (r.) zu sehen, das an die 1968 auf Betreiben der DDR-Führung gesprengte Paulinerkirche der Universität erinnern soll. (Foto: dpa)
Blick auf den Rohbau des neuen Universitäts-Campus der Universität Leipzig am Leipziger Augustusplatz. Deutlich ist bereits die Struktur des Paulinums (r.) zu sehen, das an die 1968 auf Betreiben der DDR-Führung gesprengte Paulinerkirche der Universität erinnern soll. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Leipzig/dpa. - Die Theologenlaufen Sturm und werden damit von einiger weltlicher Prominenzunterstützt. «1989 fiel in Berlin die Mauer. Doch in Leipzig wird einneuer Schutzwall errichtet», meint Thomaskirchenpfarrer ChristianWolff in der Wochenzeitung «Die Zeit». Studentenrat und Rektor sindempört über den Ton der Debatte. «Die Diskussion wird unendlichniveaulos, es ist Schmähkritik», sagt Rektor Franz Häuser.

Mit dem überlieferten Ausspruch «Das Ding muss weg» hatte DDR-Staatschef Walter Ulbricht das Schicksal der Paulinerkirche inLeipzig besiegelt, die der DDR-Führung als geistig-geistlichesZentrum der Stadt ein Dorn im Auge war. Am 29. Mai 1968, ausgerechnetzu Himmelfahrt, wurde das Baudenkmal dem Erdboden gleich gemacht. Nureiniges Inventar konnte noch gerettet werden.

2009 feiert in Leipzig die nach der Ruprecht-UniversitätHeidelberg zweitälteste deutsche Universität ihren 600. Geburtstag.Aus diesem Anlass wird derzeit der Campus für mehr als 170 MillionenEuro modernisiert. Der Neubau, um den es seit jeher die meistenDiskussionen gibt, ist das Paulinum nach dem Entwurf desHolländischen Architekten Erick van Egeraat. Nach jahrelangemerbitterten Streit um einen möglichen Wiederaufbau der Kirche war mitdem Mehrzweckbau ein von allen begrüßter Kompromiss gefunden worden.

Gebaut wird nun ein Gebäude aus Stahl, Glas und Naturstein mitdominantem gotischem Giebel und gotischem Fenster. Am 21. Oktober istRichtfest. Im Innern entstehen eine Aula und ein Andachtsraum. DerArchitekt selber habe den transparenten Raumteiler vorgeschlagen,nachdem eine für das Projekt zuständige Jury ihn gebeten hatte, denCharakter der Aula deutlicher zum Ausdruck zu bringen, sagt RektorHäuser. «Das Paulinum hat von außen eine deutlich sakrale Anmutung,aber wir als Universität sind auch zu religiös-weltanschaulicherNeutralität verpflichtet», sagt der Rektor.

Der Paulinerverein, der um ein Comeback für die Paulinerkirchegerungen hatte, will die Plexiglaswand verhindern. Bekannte Sachsenunterstützen die Forderung; darunter Thomaskantor Georg-ChristophBiller, der ehemalige Nikolaikirchenpfarrer Christian Führer undTrompeter Ludwig Güttler, der sich einst erfolgreich für denWiederaufbau der Dresdner Frauenkirche einsetzte. In einem OffenenBrief fordern sie von Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD)«deutliche Aktivitäten, um endlich den Streit zugunsten einer Lösungohne Installation der Plexiglaswand ... zu beenden.»

Der Studentenrat bezeichnet es als nicht nachvollziehbar, dass dasThema mit aller Gewalt wieder in die Öffentlichkeit gezerrt werde,obwohl die Entscheidung längst gefallen sei. «Die Mehrheit in denzuständigen Gremien hat sich für die Glaswand ausgesprochen. Diesesdemokratische Votum müssen auch die Gegner endlich anerkennen», heißtes.