1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Leichenfund: Leichenfund: Grausiges Geheimnis unterm Dach

Leichenfund Leichenfund: Grausiges Geheimnis unterm Dach

Von Bernd Kaufholz 12.03.2006, 20:26

Neuendorf am Damm/MZ. - An der Tür desneu gebauten Einfamilienhauses in der Bahnhofstraße,fast am Ortsausgang von Neuendorf (AltmarkkreisSalzwedel), klebt das Polizeisiegel. Nachbarnerfahren erst von Journalisten, was sich inNummer 3 zugetragen hat. "Ach, deshalb wardie Polizei hier", sagt eine Frauim Rollstuhl.

Die Einwohner des Dorfes wechseln beim Sonntagspaziergangauf die andere Straßenseite. Scheu gehen dieBlicke zum Flachbau. Die Polizei hat am Sonnabendauf dem Grundstück drei tote Babys gefunden.Nach und nach sickert durch, was sich dortzugetragen hat. Das Ehepaar habe bereits seitOktober getrennt gelebt. Abgemeldet hat sichRüdiger S. (46) jedoch erst im Januar, sagtBürgermeister Helmut Wiechmann. Nach und nachhat der Mann seine Sachen aus dem Haus geholt.Darunter waren vor einigen Tagen auch Plastikbehältervom Dachboden.

Die neue Partnerin von Rüdiger S. nahmden "eigenartigen Geruch" der Tupperware wahr.Das rieche ja wie Leiche, machte sie den 46-Jährigenaufmerksam. Rüdiger S. konfrontierte damitam Sonnabend seine Noch-Ehefrau. Ein Gefühl,dass da etwas nicht stimmt, trieb ihn zu seinemFreund, einem Tischler, der nur um die Eckewohnt. Als die beiden Männer zurückkamen,sahen sie, wie Ines S. (36) etwas in die Mülltoneim Garten warf. Beim Nachsehen stellten sieentsetzt fest, dass es menschliche Überrestewaren. Als die Polizei anrückte, war die Fraumit ihrem zweijährigen Sohn Patrick auf derFlucht.

Kriminalisten durchsuchten das Haus und fandenauf dem Dachboden zwei weitere Babyleichen- einen Jungen und ein Mädchen. Das Geschlechtder Leiche aus der Tonne konnte noch nichtfestgestellt werden. Ines S. wurde von derPolizei wenig später in Seethen bei Gardelegengestoppt. Der Verdacht sei nicht unbegründet,dass sich die Frau mit dem Sohn umbringenwollte, so die Polizei. Die 36-jährige wurdevorläufig festgenommen.

Die Polizei gehe davon aus, dass ähnlich wieim Fall des verhungerten Benjamin in Schlagenthindie Frau mit den drei toten Babys von Gardelegennach Neuendorf umgezogen ist. "Die Neugeborenensind mindestens drei, vier Jahre tot", soPolizeisprecher Joachim Albrecht. Eingezogenin das neue Haus ist die Familie vor dreiJahren.

Bis 1992 war Ines S. in erster Ehe verheiratet.Aus dieser Ehe hat sie einen 17-jährigen Sohn.Die 36-Jährige stehe unter Schock, so diePolizei. Gespräche seien schwierig. Albrecht:"Zunächst ist es eine Todesursachenermittlung.Ob ein Tötungsdelikt vorliegt, muss die Obduktionergeben."

Bürgermeister Wiechmann charakterisiert dieFamilie als ruhig und zurückhaltend. Er seientsetzt, dass so etwas im Dorf passiert ist."Ich dachte, Schlagenthin ist schlimm, aberweit weg. Und jetzt das hier." Vor einigenJahren sei eine junge Frau aus dem Ort inSalzwedel ermordet worden. "Jetzt sind wirwieder in den Schlagzeilen."

Der Autor ist Redakteur der Magdeburger"Volksstimme".