Landwirtschaft Landwirtschaft: Wie Weizen und Bor sich vertragen

Gatersleben/MZ - Thorsten Schnurbusch kennt das Innerste von Getreidepflanzen. Das hat ihm, zusammen mit seinen australischen Forscherkollegen einen Artikel im renommierten englischen Fachmagazin „Nature“ beschert.
Denn Schnurbusch, seines Zeichens Molekular-Genetiker am Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben (Salzlandkreis), hat entschlüsselt, welche Gene dafür verantwortlich sind, wie tolerant das Grundnahrungsmittel Brotweizen auf das Spurenelement Bor reagiert.
„Bor ist ein Mikro-Nährstoff, so wie Zink oder Eisen, und wird für das Wachstum benötigt“, sagt der 46 Jahre alte Wissenschaftler. Allerdings ist Bor in hoher Konzentration giftig und bewirkt dann bei intoleranten Varianten von Weizen, dass das Gegenteil passiert. „Die Stammzellen der Wurzeln werden stark betroffen. Sie werden vergiftet und wachsen nicht weiter“, erklärt Schnurbusch.
Wirtschaftsfaktor für Australien
Während es in Europa, außer in Ausnahmefällen in den Mittelmeer-Küstenregionen, keine Probleme mit toxischen Bor-Konzentrationen im Boden gibt, sieht das in Australien anders aus. Das Bor stamme aus dem Meerwasser und habe sich im Laufe der Entwicklung des Kontinentes im Boden angereichert, erklärt Schnurbusch.
Weizensorten zu finden, die tolerant gegenüber diesen Bedingungen sind, hat deshalb ganz praktische Hintergründe. „Australien hat riesige Flächen, produziert ungefähr so viel Weizen wie Deutschland, hat aber nur ein Viertel der Einwohner. Deshalb ist das ein ziemlicher Wirtschaftsfaktor“, sagt Schnurbusch, der von 2004 bis 2008 direkt in Australien an diesem Thema geforscht hat.
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Die Landwirte erhalten im Gegensatz zu ihren Kollegen in Deutschland keine Subventionen. „Die Erträge hängen maßgeblich vom Wasser ab, das in Australien aber sehr knapp ist. Und das wird in Zukunft noch schlimmer werden“, sagt Schnurbusch. Deshalb müsse Weizen auch Trockenperioden überstehen können und das gehe nur, wenn die Wurzeln der Pflanzen tief genug in den Boden reichen. „Wurzelgesundheit ist die absolute Basis“, sagt Schnurbusch. Trockenheitstoleranz sei ebenfalls ein „ganz, ganz großes Thema“, mit dem er sich beschäftigt habe und das auch ganz konkrete wirtschaftliche Auswirkungen habe.
Natürliche Veränderungen im Gen-Pool
Und weil Weizen bis zu seiner Einfuhr vor 225 Jahren in Australien unbekannt war, haben die Bauern die Pflanzen dahin gezüchtet, dass sie besser an die Umgebung angepasst sind, sagen die Forscher. „Das sind genetische Veränderungen, die natürlich im Gen-Pool vorkommen und keine Genmanipulationen. Im Züchtungsprozess sind über die Jahre die Pflanzen ausgewählt worden, die mit den Bedingungen zurechtkommen“, betont Schnurbusch.
Seit 2004 wurde dann zudem auch molekular-genetisch erforscht, ob sich die Unterschiede ausmachen lassen.
Bor-Toleranz liegt in den Genen
„Wir haben die molekularen Grundlagen und Mechanismen, also die Gene, die wichtig sind, herausgefunden“, sagt Schnurbusch, der als einziger Deutscher an der Forschergruppe beteiligt ist. Der Unterschied sei, dass tolerante Arten mehr sogenannte Messenger-RNA (Boten-RNA) haben, die wiederum den notwendigen Transporter kodiert. Das führe dazu, dass mehr Bor außerhalb der Zellen bleibe und sei nachweisbar.
Dazu wurden die unterschiedlichen Brot- und Hartweizensorten untersucht mit dem Ergebnis, dass sie unterschiedliche Allele für Bor-Toleranzen aufweisen. Sei das Gen positiv, halte es die Pflanzen borfrei. Sie werden also nicht vergiftet, sondern können normal weiterwachsen.