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Landtag  Landtag Sachsen-Anhalt : Linke zieht es nach Berlin

Von Hagen Eichler 08.02.2017, 09:00
Landeschefin Birke Bull-Bischoff.
Landeschefin Birke Bull-Bischoff. dpa

Magdeburg - Das Entsetzen stand den Genossen am Wahlabend ins Gesicht geschrieben. Angetreten war die Linke, um den nächsten Ministerpräsidenten zu stellen – tatsächlich wurde sie im Landtag von 28 auf 16 Sitze dezimiert, viele erfahrene Parlamentarier verloren im März 2016 ihr Mandat.

Jetzt könnte sich der Aderlass noch fortsetzen. Von den fünf dienstältesten linken Abgeordneten wollen drei Magdeburg verlassen – sie hoffen auf einen Sitz im Bundestag.

Schatten der AfD

Prominenteste Wechselwillige ist Landeschefin Birke Bull-Bischoff. Seit 1994 mischt sie im Landtag mit, in ein Regierungsbündnis hat sie es mit ihrer Partei noch nie geschafft. Jetzt kämpft sie für einen Sitz im Reichstagsgebäude, mit guten Chancen. Der Landesvorstand hat sie auf Platz drei der Landesliste gesetzt, hinter die Bundestagsabgeordneten Petra Sitte und Jan Korte.

Auf Bull-Bischoff folgen Matthias Höhn und Eva von Angern, beide im Landtag seit 2002. Das letzte Wort hat ein Parteitag am 18. Februar in Wittenberg.

Mit dem Klima in der Landtagsfraktion habe ihre Kandidatur nichts zu tun, versichern alle drei. Fragt man unter Abgeordneten, hört man indes auch anderes. „Die Fraktion arbeitet nicht ohne Reibereien“, heißt es, die geschrumpfte Truppe habe sich noch nicht gefunden.

Das liegt auch an der Führung. Der zurückhaltende Fraktionschef Swen Knöchel sucht noch nach seinem Stil. Seinem langjährigen Vorgänger Wulf Gallert fällt es sichtbar schwer, von der Tagespolitik zu lassen. „Als Landtags-Vize ist er nicht ausgelastet, er langweilt sich“, heißt es.

Vor allem aber leidet die Linke darunter, dass sie als Opposition kaum wahrgenommen wird. Die größere und krawallige AfD-Fraktion zieht alle Aufmerksamkeit auf sich. „Diese Strategie der Provokation ist sehr effektiv“, räumt Parteichefin Bull-Bischoff ein, „wir hingegen müssen Aufmerksamkeit durch Kompetenz erregen.“

Ihren geplanten Sprung nach Berlin begründet die in Halle lebende Politikerin auch mit der AfD. Die werde es in den Bundestag schaffen, und dann könne sie mit ihren Erfahrungen von Nutzen sein. Ihr Rezept: den Streit in der Sache suchen, „fremdenfeindliche Anliegen demaskieren“.

Zieht die 53-Jährige in den Bundestag ein, wäre sie neben SPD-Landeschef Burkhard Lischka bereits die zweite Parteivorsitzende, die den Kurs ihrer Partei von Berlin aus lenkt. Linken-Vize Andreas Höppner verspricht sich davon mehr Einfluss auf die Bundespolitik. „Wir wollen als Sachsen-Anhalter mitmischen“, sagt Höppner. Bull-Bischoff hat intern angekündigt, erneut als Landesvorsitzende anzutreten.

Ein politisches Spitzenamt in Berlin hat Matthias Höhn bereits seit 2012: Der 41-Jährige ist Bundesgeschäftsführer seiner Partei und damit für den Bundestagswahlkampf verantwortlich. Für sein Landtagsmandat wendet er nach Einschätzung von Beobachtern eher wenig Zeit auf, jetzt will er es gegen einen Platz im Bundestag vertauschen. „Dauerhaft auf zwei politischen Ebenen zu arbeiten, ist schwierig“, sagt der Magdeburger.

Martin Schulz weckt Hoffnungen

Genau wie Bull-Bischoff und die 40-jährige Rechtspolitikerin von Angern gehört Höhn dem Forum demokratischer Sozialismus an, dem Reformerlager, das auf ein rot-rot-grünes Bündnis im Bund hofft. „Mit dem SPD-Spitzenkandidaten Martin Schulz ist nicht mehr ausgemacht, dass Angela Merkel Kanzlerin bleibt“, urteilt Höhn. Die Linke werde ihren Beitrag leisten, kündigt er an. Derzeit liegt die Partei in Umfragen bundesweit bei neun Prozent. „Und nach der Wahl wollen wir mehr sein als reine Opposition.“ (mz)

Matthias Höhn
Matthias Höhn
dpa
Eva von Angern
Eva von Angern
dpa