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Wörlitzer Gartenreich Wörlitzer Gartenreich: Steinreiche Gegend hilft bei Brückensanierung

Von Ilka Hillger 13.09.2018, 09:11
Ganz offiziell übergeben wurde am Dienstag die sanierte Hohe Brücke in Wörlitz über niedrigstem Wasserstand.
Ganz offiziell übergeben wurde am Dienstag die sanierte Hohe Brücke in Wörlitz über niedrigstem Wasserstand. Thomas Klitzsch

Wörlitz - Die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz kann man zuweilen mit simplen Geschenken glücklich machen. Einfach Steine vom Feldrain einsammeln und vorbeibringen. Es müssen freilich ganz besondere sein: Raseneisenstein. Den gab es früher mal sehr reichlich im Fläming, doch diese Zeiten sind vorbei.

Fürst Leopold III. Friedrich Franz konnte noch sorglos auf die Vorkommen in der Region zurückgreifen, als er in Wörlitz seinen Park anlegen ließ. Raseneisenstein war ein gern genommenes Baumaterial, vor allem auf der Insel Stein wurde er verwendet.

Ein Vierteljahrhundert später suchen Restauratoren in Sachsen-Anhalt nahezu vergeblich nach Raseneisenstein. Er ist verbraucht, wurde untergepflügt und eingesammelt. Dabei hatte die Hohe Brücke im Wörlitzer Park den Stein so nötig, denn das durchaus poröse und witterungsanfällige Gestein war dem Bauwerk im Laufe der Jahrzehnte in großen Teilen abhanden gekommen. Was man hier nicht mehr fand, kommt jedoch andernorts noch vor: beispielsweise in der Gemeinde Wedemark bei Hannover.

Um botanische Besonderheiten in den Wörlitzer Anlagen geht es am Sonntag, 16. September, bei einer Sonderführung, die die Tourismusgesellschaft Wörlitz-Oranienbaum mbH anbietet. „Mit dem größten Reichthum und Aufwand sind aus den fremdesten Gegenden Pflanzen und Hölzer hierher gebracht“ und „neben einander gestellt, […] kein Garten ähnlicher Art kann in dieser Rücksicht so kostbar, für botanische Kenntnisse unterhaltender, und für Empfindung und Sinnspiel so vergnügend …seyn als diese Anlagen“, schrieb einst J. G. Grohmann.

Beginn 14 Uhr am „Eichenkranz“, Dauer ungefähr 1,5 Stunden, der Preis beträgt acht Euro/Person.

Am Dienstag nun ist deren Bürgermeister Helge Zychlinski nach Wörlitz gekommen und schaut sich selbst an, wie das besondere Geschenk aus Niedersachsen im Gartenreich wirkt. Unter anderem mit zwei Lkw-Ladungen Raseneisenstein aus seiner Heimat wurde in den vergangenen Monaten die Hohe Brücke im Park saniert.

Die Hohe Brücke wurde 1786 in nur fünf Monaten unter der Leitung von Georg Christoph Hesekiel (1732–1818) erbaut. Sie besteht aus Pirnaer Sandstein und Ziegelmauerwerk mit Raseneisenstein als Verkleidung. Dieses prägnante Material und die Gestaltung als Kreisbogensegment führten auch zu anderen Namen: Hornzackenbrücke, Bogenbrücke oder Ruinenbrücke.

Das Hochwasser von 2013 hatte dem Bauwerk zahlreiche Schäden zugefügt, die im Rahmen von Zuwendungen aus einem kurzfristig beschlossenen Fonds für Aufbauhilfe des Landes Sachsen-Anhalt beseitigt werden konnten. Die Arbeiten begannen mit den ersten Erkundungsbohrungen 2015 und wurden in diesem Sommer beendet. Es wurden Hohlräume und Risse geschlossen, Abplatzungen und ausgewaschene Fugen ausgebessert sowie abgebrochene Steine ersetzt. Die Suche nach dem selten gewordenen Raseneisenstein führte schließlich in die 200 Kilometer entfernte Gemeinde Wedemark.

„Es freut uns, dass wir Teil dieser großen Anlage sein dürfen. Das macht uns sehr stolz und wir konnten mit einer kleinen Maßnahme helfen“, sagt zur Brückeneinweihung am Dienstag der Bürgermeister aus Niedersachsen. Vor allem die Umweltbeauftragte seiner Gemeinde, Ursula Schwertmann, half und organisierte bei der Suche nach den Steinen.

Sie stellte Kontakte zu Landwirten her, die bereitwillig die Steinfunde auf ihren Flächen zur Verfügung stellten. An ihrem vorletzten Arbeitstag vor dem Ruhestand sei dies ein ganz besonderes Geschenk. „Ich komme im nächsten Jahr wieder und schaue mir es noch einmal mit Wasser an“, sagt sie, denn momentan führt diese wie fast alle Brücken im Park über einen trockenen Kanal.

Den Raseneisenstein aus der Fremde kann man übrigens leicht erkennen, wie Bauabteilungsleiterin Annette Scholtka von der Kulturstiftung erläutert. Durch einen anderen Eisengehalt sind die Geschenk-Steine braun, während die hiesigen eher schwarz sind. Das Abbrechen der frischen Hornzacken verhindern massive Verankerungen, die nun auch wieder ein Anlehnen erlauben, so versichert Statiker Carsten Neumann.

Der stieß mit Architekt Oliver Helf und Restaurator Lars Schellhase bei der Sanierung auch auf eine Wurzel, die es bereits geschafft hatte, die Brücke im Inneren komplett zu überqueren. „Die gab Stabilität“, meint der Architekt. Nun wurde sie natürlich gekappt, der dazugehörige Baum aber nicht ausgemacht.

(mz)

Wegen des anderen Eisengehalts fallen die neuen Hornzacken auf, sie sind eher braun, die alten eher schwarz.
Wegen des anderen Eisengehalts fallen die neuen Hornzacken auf, sie sind eher braun, die alten eher schwarz.
Th. Klitzsch