Wörlitzer Gartenreich Wörlitzer Gartenreich: Mit dieser Veröffentlichung verabschiedet sich Stiftungsdirektor

Wörlitz - Es stimme ihn „hoffnungsfroh, wenn noch Orte in der Welt existieren, die von den Göttern besonders gesegnet und beschenkt wurden, die Geistesgrößen anzogen und ganze Generationen von Gartenenthusiasten, Kunstinteressierten und Ruhesuchenden inspirierten“. Was Thomas Weiß in seiner Betrachtung „Wörlitz. Der Ort und die Erinnerung“ beschreibt, war dem Direktor der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz fast ein Vierteljahrhundert Arbeitsort.
Direktor der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz Thomas Weiß fast 25 Jahre im Amt
1994 wurde er Direktor der Staatlichen Schlösser und Gärten Wörlitz, Oranienbaum und Luisium, 1997 zum Direktor und Vorstand der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz berufen. Am Freitag hatte er seinen letzten Arbeitstag in dieser Funktion und geht mit dem gerade erschienenen Buch „Wörlitz. Eine Annäherung“ in den Ruhestand.
Die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz widmet das Jahr 2017 dem Motto „Toleranz im Gartenreich Dessau-Wörlitz“, denn inmitten des heutigen Unesco-Welterbes werden in diesem Jahr gleich zwei Jubiläen begangen: der 200. Todestag des Gartenreichgründers Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt Dessau (1740-1817) sowie der 300. Geburtstag des Vaters der Kunstgeschichte Johann Joachim Winckelmann (1717–1768).
Da eine enge Freundschaft den Fürsten und den Archäologen verband, erinnert die Stiftung unter diesem Motto in den kommenden Monaten an das Leben und Wirken beider Protagonisten. Das vielleicht wichtigste Zeugnis ihrer Freundschaft dürfte das Schloss Wörlitz sein. Als erstes klassizistisches Bauwerk auf dem Kontinent gilt es als architektonische Umsetzung des Winckelmann’schen Anspruches an die Kunst. Nach zwei Jahrhunderten wird das Schloss in Wörlitz nach umfangreichen Restaurierungsarbeiten mit dem original erhaltenen Interieur im Jahr 2017 erstmalig in allen Etagen zu besichtigen sein.
Eine Festwoche zu Ehren des Fürsten gibt es vom 5. bis 13. August. Am 17. Juni wird im Haus der Fürstin die Sonderausstellung „Winckelmann, Fürst Franz und das Schloss zu Wörlitz“ eröffnet.
Natürlich liegt ihm da der Vergleich mit einem anderen Ereignis an diesem Tag auf der Hand, wenngleich die Buchpremiere im Wörlitzer Küchengebäude natürlich nicht die Aufmerksamkeit generiert wie der Präsidentenwechsel in den USA. Aber ein wenig historisch ist der Tag für Wörlitz dann doch, denn mit seiner Arbeit und seinen Projekten prägte Thomas Weiß das Gartenreich fast 25 Jahre.
Viel wurde in dieser Zeit über das Gartenreich geschrieben und publiziert. Und doch sollte diesen Büchern mit „Wörlitz. Eine Annäherung“ noch ein weiteres hinzugefügt werden. Ein besonderes zum Finale. Weiß beschreibt es als ein Buch mit ungewöhnlichen Ansätzen. Als Herausgeber gewann er Hans-Dieter Gelfert, Vittorio Magnago Lampugnani, Adrian von Buttlar, Bazon Brock und Michael Stürmer als Autoren.
Deren Annäherungen und Betrachtungen aus verschiedenen Blickwinkeln begleiten die ungewöhnlichen fotografischen Blicke von Verleger Janos Stekovics, der mit diesem neuen Werk das Quartett von Publikationen über das Gartenreich aus seinem Haus vorerst abrundet.
Diesen Jubiläumsband anlässlich des 200. Todestages des Herzogs Leopold III. Friedrich Franz führe er als Spitzentitel im eigenen Jubiläumsjahr, der Stekovics-Verlag aus dem Saalkreis wird in diesem Jahr 25 Jahre alt.
Dass solch ein Vierteljahrhundert bei weitem nicht ausreicht, das Gartenreich in seinen Details zu erfassen, erzählte Thomas Weiß seinen Gästen aus eigener Erfahrung. „Man kann sich nicht genügend mit dem Gartenreich befassen“, sagte er, die Hintergründe würden noch vielfältiger Forschung bedürfen.
Stekovics, der Verleger und Fotograf, ist vor allem in den vergangenen vier Jahren in das Gartenreich eingetaucht und hat es, nach eigenem Bekunden, auf mehr als 100.000 Bildern festgehalten. Aus der Zusammenarbeit mit Stiftungsdirektor Thomas Weiß sei, beginnend mit „Flora Fauna Gartenfreude“, eine Partnerschaft entstanden. „Für dieses neue Buch haben wir nach etwas gesucht, was andere bisher noch nicht wahrgenommen haben“, berichtet er bei der Buchpremiere.
Den Gästen, Weggefährten und Kollegen von Weiß vermittelt seine Präsentation einen kleinen Eindruck aus 180 von insgesamt 352 Seiten mit 181 Fotografien. Stekovics dankt der „tollen Herrenrunde“ von Autoren und Herausgeber und hat sich die ganz persönliche Erinnerung an dieses Projekt bereits auf den Schreibtisch gestellt: Die Figur der Venus von Syrakus, wie sie im Schlafzimmer des Fürsten steht, in einer kleinen Version aus dem Antiquitätenhandel.
Die ikonische Qualität des Wörlitzer Schlosses ist in diesem literarisch-fotografischen Schwergewicht das Thema des Kunsthistorikers Adrian von Buttlar, der wie seine Kollegen Hans-Dieter Gelfert und Michael Stürmer zur Buchpremiere gekommen ist. Er nennt die Neuerscheinung ein „opulentes Gesamtkunstwerk“, das Wörlitz in einer Weise zeige, die man nicht gewohnt sei.
„Es ist ein modernes Buch mit einem modernen Blick auf den Welterbekomplex“, so von Buttlar. Es ist aber auch ein schönes Abschiedsgeschenk an Thomas Weiß und erinnert an dessen Verdienste, die anlässlich seines Weggangs der Landes- wie auch der örtlichen Politik keinen öffentlichen Dank wert waren. Eine Form des Umgangs, die in diesem Land freilich Tradition hat.
Ein guter Ratschlag für den Ruhestand von Thomas Weiß
Am Ende, beim Fototermin vor dem Schloss und vorm Rundgang durch den Landsitz mit den Autoren, wirft Thomas Weiß einen Schneeball nach seinem Stellvertreter. Für die scherzhaft angedrohte Abmahnung hat er nur noch ein Lachen übrig. Er macht jetzt das, was ihm Adrian von Buttlar riet: „Genießen Sie den Unruhestand. Es ist wunderbar.“ (mz)
„Wörlitz. Eine Annäherung“, Verlag Janos Stekovics, 352 Seiten, 39,95 Euro, ISBN 978-3-89923-372-8
