1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Landkreis Wittenberg
  6. >
  7. Welche Pilze sind essbar?: Welche Pilze sind essbar?: Kratzen am Champignon

Welche Pilze sind essbar? Welche Pilze sind essbar?: Kratzen am Champignon

Von Ute Otto 24.10.2019, 09:18
Wenn sich ein Champignon so gelb färbt, ist es die giftige Variante.
Wenn sich ein Champignon so gelb färbt, ist es die giftige Variante. Klepel

Hohndorf - Die Pilzflut in diesem Herbst überrascht sogar Experten wie Bernhard Klepel. „Nach der Trockenheit auch in diesem Sommer wieder hätte ich nicht gedacht, dass die Pilze noch so loslegen“, sagt der Hohndorfer. Der Regen in der ersten Oktoberwoche habe zumindest die obere Bodenschicht durchfeuchtet und die Wärme habe dazu geführt, dass sich aus dem Myzel „doch noch etwas entwickeln konnte. Wenn es so mild bleibt, kann das noch bis Ende Oktober anhalten.“

Gleichwohl sei die Fülle der Naturschätze ungleich verteilt. „Hier um Hohndorf ist es gar nicht so üppig“, meint er. „Aber ich finde immer welche, weil ich mehr kenne.“ Klepel war zu DDR-Zeiten Pilzberater. Regelmäßig geschult wurde er in der damaligen Bezirksstadt Cottbus.

Viel Unvernunft

Steinpilze, Maronen, Butterpilze - wer die gängigsten Arten kennt, hat derzeit in den Wäldern von Dübener Heide, Glücksburger Heide oder rund um Annaburg in kürzester Zeit eine Mahlzeit zusammen. Klepel treibt es allerdings die Sorgenfalten auf die Stirn, wenn er beobachtet, welche Mengen einige Pilzsammler aus den Wäldern schleppen. „Wie die Wilden“, sagt der Naturfreund. Mehr als 1,5 bis zwei Kilogramm pro Person seien nicht erlaubt.

„Es kann teuer werden, wenn man da erwischt wird“. Überhaupt fragt sich Klepel: „Was macht man eigentlich mit dem Kofferraum voller Pilze?“ Gewerbliches Sammeln - also um die Pilze dann zu verkaufen - ist nur mit einer Sondergenehmigung der Naturschutzbehörde erlaubt. „Hocherfreut“ - aber das ist sarkastisch gemeint - seien Pilzberater, wenn sie mit körbeweise Sammelsurium konfrontiert werden und daraus die „Guten“ von den „Schlechten“ trennen sollen.

„Das ist nicht Aufgabe eines Pilzsachverständigen“, sagt Klepel, der nochmals betont, dass er nicht mehr als solcher fungiert. „Wenn jemand Interesse an einem ihm unbekannten Pilz hat oder Pilze kennen lernen will, wird er erst einmal nur ein Exemplar aus dem Wald mitnehmen und fachlichen Rat suchen.“

Natürlich wird Klepel noch von vielen, die ihn kennen, auf Pilze hin angesprochen. Und daher weiß er auch, welche Unsicherheiten am häufigsten bestehen. Bei den Champignons zum Beispiel, von denen es in diesem Jahr ebenfalls reichlich gibt. Den Anischampignon oder Wiesenchampignon, beides wohlschmeckende Speisepilze, vom giftigen Karbolchampignon zu unterscheiden, falle vielen schwer.

„Der Karbolchampignon riecht unangenehm, wie Krankenhaus“, nennt Klepel eine Eigenheit. Ein deutlicheres Merkmal ist: „Wenn man an ihm kratzt, am Stiel oder Hut, verfärbt sich die Stelle kräftig gelb.“ Spätestens beim Kochen treten dann beide Merkmale, Geruch und gelbe Farbe, deutlich zutage.

Der gefährlichste Doppelgänger des Champignons freilich ist der Knollenblätterpilz. Zu erkennen ist er an der Manschette am Stiel und der deutlich ausgeprägten Tasche am Fuß. „Der Knollenblätterpilz ist tödlich giftig. Wer sich nicht absolut sicher ist, einen Champignon vor sich zu haben, lässt die Finger davon.“

Pilzbücher oder auch Beschreibungen im Internet können eine Hilfe sein. Sich im Zweifelsfall darauf verlassen sollte man sich aber nicht. „Jede Art variiert, je nach Alter sehen Pilze anders aus“, so Klepel. Sachverständige zögen bei der Bestimmung weitere Merkmale heran, indem sie unter anderem riechen und tasten.

Vorsichtig herausdrehen

Die Frage, wie ein Pilz zu ernten ist - ob durch Herausdrehen oder Abschneiden - wird unter Pilzsammlern viel diskutiert. Die Experten, so auch Klepel, raten zum vorsichtigen und geraden Herausdrehen. „Durch Abschneiden kann sich von der Schnittstelle her Fäulnis ausbreiten, die das Myzel großflächig schädigt“, sagt er.

Die fadenförmigen Zellen der Pilze können bei einigen Arten, etwa beim Hallimasch, eine Größe von über einem Quadratkilometer erreichen. Lange Fäden hat laut Klepel auch die Krause Glucke. „Sie lebt in Symbiose mit der Kiefer“, erzählt der Hohndorfer. „Wo Sie eine Glucke finden, ist immer eine Kiefer in der Nähe.“

Wegen ihres intensiven Geschmacks und der knackigen Konsistenz ist die Krause Glucke bei Pilzsammlern einerseits beliebt, andererseits ist sie aufwendig zu putzen. Dafür hat Klepel einen Tipp: Er schneidet den Pilz in Scheiben und lässt ihn trocknen - Sand und Nadeln fallen heraus. Zum Zubereiten lässt er den Pilz wieder in Wasser aufquellen.

Vier Ansprechpartner

Vier Pilzberater können im Kreis Wittenberg gefragt werden, wenn Unsicherheiten bestehen. Neben Gerd Scholz in Schköna (Tel. 034955/22313) sind das: Peter Hildebrandt in Trebitz (Tel. 034927/21175), Hendryk Kröber in Schmiedeberg (Tel. 034925/70520) und Manfred Kottke in Jüdenberg (Tel. 034953/23615). Gebeten wird um telefonische Anmeldung. Die Berater bestimmen die Pilze anhand des Exemplars, niemals online. (mz)

Sieht nicht toll aus, ist aber essbar: die Spitzmorchel
Sieht nicht toll aus, ist aber essbar: die Spitzmorchel
Klepel
Den hat jeder Pilzfreund gern im Topf, den Steinpilz
Den hat jeder Pilzfreund gern im Topf, den Steinpilz
Otto