Vernissage in Prettin Vernissage in Prettin: Bilder, Grafik, Relief und Skulptur in der Altstadt

Prettin - Aus dem Prettiner Kunstsommer ist Kunstherbst geworden, ein stürmischer noch dazu. Vom Winde verweht wurde am Sonntag die geplante szenische Lesung mit Schauspielern und Musikern aus Berlin in der Stadtkirche - die Künstler kamen nicht weg aus der Hauptstadt, da die Bahn den Verkehr eingestellt hatte. Dieser Teil der ungewöhnlichen Vernissage soll im Dezember nachgeholt werden.
Auch einige der bildenden Künstler, die sich im September 2016 an dem Workshop zum Thema „Die starken Frauen der Reformation“ im Schloss Lichtenburg beteiligt hatten und in der Folge ihre Entwürfe umsetzten, konnten nicht dabei sein, als sich die Initiatoren Bernd Guggenberger und Peter Appelt von der Lessing-Hochschule Berlin mit unentwegten Künstlerkollegen wie Christine Jaschinsky und Einwohnern aufmachten zum Rundgang.
Von der Kirche, wo einige Werke ausgestellt sind, ging es hinaus. In der Herrenstraße sind Bilder und Grafiken in Schaufenster leerstehender Geschäfte eingezogen, auch ein Relief von Frank Hartung hat es an die Fassade des Hauses Nr. 6 geschafft.
Der Grafiker Michael Schönke widmete sich großflächig Katharine Parr (1512-1548), sechste Frau Heinrich VIII., die sich für die Reformation in England eingesetzt hat. Torsten Freche aus Polbitz in Nordsachsen hat ein Mosaik von Katharina von Bora (1499-1552) angefertigt. In der Nachbarschaft befindet sich das Bildnis Idelette de Burs (1507- 1549), der späteren Ehefrau von Johannes Calvin, die sich mit den Widertäufern in Lüttich solidarisierte. Peter Appelt hat es gemalt.
Am Hoftor des von ihm bewohnten Schlösschens in der Hohen Straße hat mit dem Porträt der Elisabeth von Brandenburg (1485-1555) die Kunstaktion 2016 ihren Anfang genommen. Mindestens fünf weitere Porträts starker Frauen jener Zeit könnte Appelt noch an Tore im Prettiner Stadtkern bringen. Allerdings steht der komplett unter Denkmalschutz.
Für jede Veränderung muss ein Antrag gestellt werden, ein Aufwand, den der Künstler nach der ersten Erfahrung mit der Denkmalschutzbehörde in der Kreisverwaltung scheut. „Ich verstehe das nicht“, sagt Appelt. „Wenn die alten Häuser verfallen - wo ist da der Denkmalschutz?“
Auch Nikolaus Petzel hat sich Elisabeth von Brandenburg gewidmet. Seine Skulptur aus Stahl, die auf der Nordseite der Stadtkirche ihren Platz gefunden hat, soll „die innere Dynamik der Person“ deutlich machen. Ihr Festhalten an den Lehren Martin Luthers hat Elisabeth den Stand als Kurfürstin gekostet. Auf der Flucht vor ihrem Mann, der sie einzukerkern drohte, lebte sie neun Jahre unter vergleichsweise ärmlichen Verhältnissen in Prettin.
„Der kippende Winkel soll vermitteln, dass ihr Halt weg bricht. Aber sie bricht nicht zusammen, sondern bleibt aufrecht“, erklärt Petzel, was ihn bewegt hat, als er sein Kunstwerk schuf. Es weicht vom Entwurf des vergangenen Sommers ab, seine Struktur ist einfacher - auch aus Kostengründen, der Versuch der Künstler, Sponsoren für die Aktion zu finden, lief ins Leere. (mz)


