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Tradition  Tradition : Pretzsch darf sich wieder Stadt nennen

Von Marcel Duclaud 02.03.2016, 15:04
Pretzsch mit seiner langen Geschichte darf wieder den Titel Stadt tragen.
Pretzsch mit seiner langen Geschichte darf wieder den Titel Stadt tragen. Thomas Klitzsch

Pretzsch - Was Bad Schmiedebergs Bürgermeister Stefan Dammhayn (CDU) bei der jüngsten Ratssitzung eher beiläufig erwähnt, ist für das benachbarte Pretzsch keineswegs eine Kleinigkeit: Ein bei nicht wenigen Bürgern als Kränkung empfundener Verlust wird nun zumindest ein bisschen geheilt. Pretzsch ist nicht mehr nur Ortsteil, die Pretzscher dürfen sich endlich wieder als das bezeichnen, was sie jahrhundertelang waren, als Städter.

Die Möglichkeit räumt ein Passus in der Kommunalverfassung ein. Danach ist Ortsteilen erlaubt, sich auf Schildern oder Briefen Stadt zu nennen, auch wenn sie nicht mehr selbstständig sind. Andere Ex-Städte im Kreis haben das bereits erfolgreich vollzogen, Prettin etwa oder Wörlitz, jetzt ist das traditionsreiche Pretzsch mit von der Partie. Die Kommunalaufsicht hat einen entsprechenden Antrag des Ortschaftsrates positiv beschieden. Dass sich von der Benennung abgesehen nicht allzu viel ändern wird, darauf verweisen alle. „Es bedeutet nicht, dass wir wieder eigenständig sind, die Einheitsgemeinde bleibt bestehen“, bemerkt ausdrücklich Pretzschs Ortsbürgermeisterin Diana Skowronek.

Trotzdem freut sie sich sichtlich über den wieder gewonnenen Titel. Das habe etwas mit Stolz und Tradition zu tun. Manche wollten die Neuigkeit gar nicht glauben, „dachten an einen verspäteten Karnevalsscherz“. Mitnichten: „Das nächste Eberhardinen-Fest findet wieder in der Stadt Pretzsch statt“, betont Diana Skowronek und kündigt überdies neue Ortseingangsschilder an. Darauf stehen müsste nach Auskunft der Wittenberger Kommunalaufsicht: „Stadt Bad Schmiedeberg Ortsteil Stadt Pretzsch.“ Die meisten Pretzscher sind damit sehr zufrieden. „Manchen“, räumt die Ortsbürgermeisterin ein, „ist die Benennung ziemlich egal, gerade die älteren aber sind begeistert, sagen: Das ist toll.“

Eine Freude, die nicht alle uneingeschränkt teilen. Bürgermeister Dammhayn betont, dass es der letzte Stadtrat von Pretzsch war, der 2008 beschlossen hat, den Status Stadt abzugeben zugunsten der Einheitsgemeinde. Und zwar noch in der freiwilligen Phase der Gemeindereform. Alle Ortschaften hatten sich damals aufgelöst, um die Stadt Bad Schmiedeberg zu bilden. „Ich kann den Wunsch der Pretzscher absolut nachvollziehen. Da geht es um das Selbstwertgefühl. Ob das jetzt aber fair ist, weiß ich nicht.“ Es würden Kosten erzeugt, der Nutzen halte sich in Grenzen. Geändert werden muss laut Dammhayn die Hauptsatzung der Stadt, ob es noch andere Konsequenzen gibt, werde gegenwärtig geprüft.

„Das ist eine Imagefrage“, erklärt pragmatisch der Vorsitzende des Pretzscher Kultur- und Heimatvereins, Wolfram Flämig, zum wieder errungenen Titel Stadt. „Wir haben eine langjährige Tradition und können uns so touristisch besser vermarkten.“ Pretzsch sei immerhin über 1 000 Jahre alt und seit etlichen Jahrhunderten im Rang einer Stadt. Auch Flämig spricht von einer Stärkung des Selbstbewusstseins, woran von verschiedener Seite gearbeitet werde - mit einigem Erfolg. Der Vereinschef erwähnt die Initiative um den Erhalt des Einkaufsmarktes ebenso wie das Eberhardinenfest, das 2016 seine dritte Auflage erleben wird. Das Motto lautet: Zeitreise. Thema ist Pretzscher Geschichte, die über die Residenzstadt und Christiane Eberhardine, Gemahlin von August dem Starken hinausreicht. Erwin Strittmatter soll eine Rolle spielen, das Militärwaisenhaus und nicht zuletzt der legendäre Verwaltungsleiter des Kinderheims, Eckhard Affeldt. (mz)

Pretzsch mit seiner langen Geschichte darf wieder den Titel Stadt tragen.
Pretzsch mit seiner langen Geschichte darf wieder den Titel Stadt tragen.
Thomas Klitzsch