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Sportgericht  Sportgericht : Der falsche Schmidt bei Grün-Weiß Piesteritz

Von Michael Hübner 12.05.2017, 18:08
Werden auf dem elektronischen Spielprotokoll verwechselt: die Brüder Steven und Marcel Schmidt.
Werden auf dem elektronischen Spielprotokoll verwechselt: die Brüder Steven und Marcel Schmidt. Klitzsch

Piesteritz - Raik Stepputtis spricht am Freitag den entscheidenden Satz. „Wir akzeptieren das Urteil“, sagt der Geschäftsstellenleiter des FC Grün-Weiß Piesteritz. Der Richterspruch für einen fehlerhaften Klick im Spielprotokoll freilich ist hart: Der Fußballverbandsligist verliert am grünen Tisch drei Punkte, zahlt darüber hinaus eine Geldstrafe in Höhe von 50 Euro und trägt die Sportgerichtskosten.

Der 4:2-Sieg in der Fußball-Verbandsliga in Dölau nach einer starken Vorstellung ist plötzlich nichts mehr wert. Die Partie gilt jetzt mit 0:3 als verloren.

Aber nicht nur deshalb brodelt es hinter den Kulissen. Der Ehrliche ist immer der Dumme, wird hinter vorgehaltener Hand argumentiert. Der FC hat seinen Fehler sofort eingeräumt. Ohne dieses Geständnis, davon ist zumindest Staffeleiter Stephan Gräfe überzeugt, kann eigentlich gar nichts passieren.

„Fotos im Internet haben keine Beweiskraft“, sagt er. Doch ausgerechnet die haben die Sportgerichtsbarkeit in Gang gesetzt. „Ich habe eine anonyme Mail eines Wittenbergers, der in Dölau nicht vor Ort war, erhalten“, so Gräfe. Und der habe eben auf Aufnahmen des Spiels in den sozialen Medien Steven Schmidt entdeckt.

In der Fußball-Verbandsliga ist der Kampf um die Meisterschaft noch völlig offen. Spitzenreiter Stendal hat nach der Saisonniederlage gegen Amsdorf etwas Vorsprung eingebüßt. Das Team aus der Altmark hat genau wie Imo Merseburg für die Oberliga gemeldet, erklärt Staffelleiter Stephan Gräfe am Freitag auf MZ-Anfrage. Beide Teams trafen in der vorigen Woche aufeinander und spielten 1:1. Damit sind die Aufstiegschancen der Merseburger stark gesunken. Auch die Abstiegsfrage wird in einem Zweikampf geklärt. Burg und Bitterfeld-Wolfen sind am stärksten bedroht. Beide Vertretungen treffen am Samstag aufeinander.

Der 27-jährige ehemalige Pratauer hat sich in der Saison einen Stammplatz erkämpft. Doch er hat offiziell in Dölau gar nicht gespielt, sondern sein zwei Jahre jüngerer Bruder Marcel, der ebenfalls vor Saisonbeginn von Pratau in den Volkspark gewechselt ist. Der 25-Jährige hätte auf dem Rasen stehen müssen, gespielt hat aber eben sein Bruder Steven - und damit der falsche Schmidt.

Ein kleiner Fehler beim Anklicken des Namens auf dem elektronischen Spielformular hat das Malheur ausgelöst - die harten Strafen dafür sind festgelegt. Eigentlich.

Offensichtlich entscheiden bei der Sportgerichtsbarkeit im Land aber auch Sympathiepunkte für oder gegen Clubs. Vor sechs Jahren passiert dem Mannschaftsleiter von Union Sandersdorf das gleiche Missgeschick. Er klickt Jens anstatt Torsten Lehmann an. Piesteritz ist sich sicher: Die drei Punkte aus der 1:3-Derby-Niederlage werden auf das Konto der Volkspark-Elf gut geschrieben.

Was für ein Irrtum! Es gibt weder Punktabzug oder eine Geldstrafe. „Ich kann mich nicht mehr an Details erinnern. Das ist zu lange her“, sagt der damalige Richter am Freitag auf eine entsprechende MZ-Anfrage.

Das MZ-Archiv ist da gnadenloser. Die Fakten sind identisch. Die Sandersdorfer stritten die Panne nicht ab, stellten damals sogar eine Selbstanzeige. Doch das Sportgericht stellte klar: Der Fehler eines Ehrenamtlichen dürfe nicht so hart - wie eigentlich vorgesehen - bestraft werden.

Der damalige Spitzenreiter in der Verbandsliga Sandersdorf kommt im brisanten Oberligaaufstiegsduell mit Piesteritz mit dem falschen Lehmann ungeschoren davon und lobt die Entscheidung. Union-Präsident Uwe Störzner betonte, dass bei dem Urteil der Fair-Play-Gedanke und die Würdigung des Ehrenamtes im Vorgrund standen. So ein Fehler könne schließlich jeder Mannschaft passieren.

Dagegen herrschen in der Piesteritzer Führungsetage Fassungslosigkeit und Unverständnis. „Es ist eine Entscheidung des jeweiligen Sportrichters“, sagt am Freitag Frank Knuth. Der höchste Richter beim Fußball-Landesverband - auch im wahren Leben Jurist - plädiert „grundsätzlich für eine einheitliche Rechtsprechung“.

Der Anwalt hält die unterschiedlichen Urteile durchaus für einen Berufungsgrund. Darauf hat der FC Grün-Weiß verzichtet und bringt so den Landesverband nicht weiter in Erklärungsnot. Allerdings ist der aktuelle Fall nicht ganz so dramatisch wie der einstige Aufstiegskrimi. Mit den Punkten von Dölau wäre aber der Klassenherhalt für Piesteritz bereits gesichert. (mz)