Vorschlag Schülerin entwirft Kunstwerk um den Kreisverkehr bei Eutzsch sicherer zu machen
Die Schülerin Leona Paul hat ein Kunstwerk entworfen. Dadurch soll der Kreisel in Eutzsch Fahrern schon von Weitem auffallen. Wie diese Idee ankommt.

Eutzsch/Wittenberg/MZ - Geht es nicht auch schöner? Wenn Leona Paul durch ausdruckslose, grau gepflasterte Kreisverkehre in der Region fährt, stellt sich die 16-Jährige aus Wittenberg genau diese Frage. Tausend Ideen schießen ihr sofort in den Kopf. Warum nicht mal etwas wagen? Kreisverkehre in echte Hingucker verwandeln, mit leuchtenden Farben und abstrakten Formen spielen - und damit vor allem die Aufmerksamkeit der Fahrer wecken.
Dass das kein so abwegiger Gedanke ist, belegen Beispiele aus einigen Städten in der Bundesrepublik: So schmückt unter anderem eine überdimensionale Pusteblume den Kreisverkehr in Ebersbach in Baden-Württemberg. Auffällig ist auch ein über fünf Meter großer Drache aus Eisenschrott, den Schüler der Stadt Wachtberg (Nordrhein-Westfalen) eigens für den dortigen Kreisverkehr angefertigt haben.
„Meine Wahl ist dann auf den Kreisel in Eutzsch gefallen“, sagt die Elftklässlerin und begründet dies mit dem tödlichen Unfall, der sich im Januar in Eutzsch an den Bundesstraßen 2 und 100 ereignet hat. Weil ein älterer Fahrer in der Dämmerung den Kreisverkehr zu spät als solchen erkannte, schoss er mit seinem Fahrzeug über die Mittelinsel hinweg, landete daneben im Graben (die MZ berichtete). Paul denkt, dieser Unfall hätte vermieden werden können - und zwar mit einer von weitem ins Auge fallenden Gestaltung, die sie vor einiger Zeit der sachsen-anhaltischen Landesstraßenbaubehörde (LSBB) präsentierte.
Modell für Schulprojekt
Im Rahmen eines künstlerischen und mehrwöchigen Projektes an der evangelischen Gesamtschule „Philipp Melanchthon“ in Wittenberg sollte die 16-Jährige ein Modell für einen fiktiven Kreisverkehr erstellen. Dabei durften sich die Schüler von Künstlern inspirieren lassen. „Ich hatte dann die Künstlerin Katharina Grosse, die in Berlin lebt, gewählt, weil sie im öffentlichen Raum arbeitet und ihre Modelle mit knalligen Farben besprüht“, berichtet Paul. Das habe ihr gefallen - weil es auffällt, besonders in einer tristen Umgebung, wie es am Eutzscher Kreisverkehr der Fall ist.
Mehrere Wochen hat die kreative Wittenbergerin an ihrem Modell gearbeitet. Ihr Vater, Sven Paul, ist in der Region übrigens kein Unbekannter - er belegte den dritten Platz bei der Landratswahl 2021 für die SPD. Immer wieder hat seine Tochter etwas verändert, noch mal neu angefangen oder sich mit der Farbgebung auseinandergesetzt. Leona Paul sagt: „Die Idee hatte ich schnell gefunden: Zwei Bögen, die aufrecht nach oben gehen und auseinander schwingen. Die Umsetzung aber war schwerer als gedacht.“ Sie hatte das Modell nämlich mit Gips gegossen und wollte es dann modellieren. Es in die gewünschte Form zu bringen, erforderte viel Geschick. „Ich habe den Gips dann an zwei dickeren Holzspänen herunterfließen lassen. Das hat eine schöne Struktur ergeben“, beschreibt die Schülerin den Arbeitsprozess.
Für die Teenagerin, die schon seit Jahren künstlerisch aktiv ist, leidenschaftlich zeichnet und mit Farben arbeitet, war die plastische Gestaltung für den Kreisel etwas vollkommen Neues. Mit dem Endergebnis ist die Schülerin sehr zufrieden. Im Februar fasste sie sich den Mut und präsentierte ihr fertiges Modell in einer E-Mail der Wittenberger Kreisverwaltung. Diese leitete die Nachricht an die Landesstraßenbaubehörde weiter. Bisher habe die 16-jährige Künstlerin allerdings keine Antwort bekommen.

Paul hat sich schon einige Gedanken gemacht, wie man das Modell in überdimensionaler Form auf den Kreisverkehr in Eutzsch übertragen könnte. „Man kann Figuren zum Beispiel groß in Plastik gießen. Dann sind sie um einiges leichter, als wenn man mit Beton arbeiten würde“, sagt die Schülerin. Mit Kunststoff könne man am besten die Form des Modells nachstellen und wetterfeste Farben - etwa mit Sprühbehältern - gut auftragen. Wie Leona Paul erzählt, arbeite die Berliner Künstlerin Katharina Grosse, von der sie sich inspirieren ließ, viel mit Hartkunststoff im öffentlichen Raum. „Was ich jetzt noch nicht sagen kann, ist, ob es auch zum Beispiel starkem Wind standhalten kann“, sagt sie.
Dass die Kreiselkunst im Dunkeln übersehen werden könnte, befürchtet die Elftklässlerin nicht. „Die Farben leuchten auch im Dunkeln intensiv und ich habe ganz bewusst manche Stellen weiß gelassen, so dass dort das Licht besonders gut reflektiert wird“, erklärt Paul. Sie könne sich gut vorstellen, Solarelemente auf den gebogenen Seiten der Gestaltung anzubringen. Dann könnte man damit LED-Lichter betreiben, die das abstrakte Objekt in der Dunkelheit anstrahlen.
Bürgermeister steht dahinter
Leona Paul hat das künstlerische Kreiselmodell auch an Kembergs Bürgermeister Torsten Seelig (CDU) geschickt. Er berichtet, dass ihm die Idee sehr gut gefalle, er es beeindruckend finde, was eine so junge Frau für Ideen habe und er sich so ein Kunstwerk dort gut vorstellen könne. „Aber die Entscheidung liegt nicht bei mir, die muss die LSBB treffen“, sagt der Rathauschef.

Die Landesstraßenbaubehörde teilt auf Anfrage der MZ mit: „Die verkehrsrechtliche Latte für solch ein Objekt liegt sehr hoch.“ Damit gemeint sind technische Vorschriften und Richtlinien, die zu beachten sind. Zudem stelle ein Kunstwerk ein festes Hindernis dar, es bestehe die Gefahr der Ablenkung vom fließenden Verkehr, außerdem „ergibt sich eine Gefährdung, falls ein Fahrzeugführer die Mittelinsel unbeabsichtigt überfährt“, schreibt Regionalbereichsleiter Oliver Grafe.
Um für mehr Sichtbarkeit zu sorgen, hatte sich die LSBB in diesem Frühjahr mit dem Landkreis darüber abgestimmt, zusätzlich richtungsweisende Verkehrsschilder an den drei Einfahrten des Eutzscher Kreisels anzubringen. Diese sind inzwischen dort aufgebaut worden.
Kommentar: Geschmackssache
Sicher wird es nicht jedem gefallen, ein etwa fünf Meter hohes, abstraktes Gebilde inmitten eines Kreisverkehres - aber das muss es auch nicht.
Egal, ob Autofahrer sich fragen, was genau die Künstlerin damit ausdrücken möchte - oder ob sie sich einfach nur aufregen, was das Modell dort zu suchen hat. Hauptsache es erfüllt seinen Zweck, wird wahrgenommen und niemand fährt dagegen. Klar, jetzt ist die Frage berechtigt, ob es nicht gerade im Dunkeln eine Gefahr darstellt. Davon ist aber nicht auszugehen, wenn das Scheinwerferlicht an den Wänden des Modells reflektiert wird. Es ist auch eine gute Idee der Schülerin Leona Paul, das Objekt anzustrahlen.
Und wer den Kreisverkehr dann immer noch übersieht, der sollte wirklich mal darüber nachdenken, seinen Führerschein abzugeben.
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