Wörlitz Schlittenhunderennen Wörlitz: Sie laufen auch ohne Schnee

Wörlitz - Schon am historischen „Eichenkranz“ ist das vielstimmige Bellen von Hunden zu hören. Ein gutes Stück weiter, hinter dem Sportplatz des SV Grün-Weiß Wörlitz haben am Wochenende 43 aktive Schlittenhundefreunde ihre Lager aufgeschlagen, um an einem Wertungslauf um die Norddeutsche Meisterschaft ihre und vor allem die Kräfte und Stärken ihrer Vierbeiner zu messen. Zum dritten Mal in Folge ist die kleine Parkstadt an der Elbe Austragungsort dieser Wettkämpfe.
Wolf-Dieter Polz, Vorsitzender des „Sportvereins Reinrassiger Schlittenhunde Deutschlands“ (SRSD) und Leiter des Rennens, ist voll des Lobes über die Unterstützung, die er und sein Verein in Wörlitz erhalten. „Wir waren bisher immer sehr zufrieden. Wenn es nicht so wäre, wären wir nicht wiedergekommen“, fasst er seine Erfahrungen zusammen. Laut Polz sei Schneemangel kein Hindernis, statt Schlitten kämen die speziell konstruierten Trainingswagen zum Einsatz. Ansonsten sieht er das nasskalte Wetter am Sonnabend durchaus positiv. Für die Hunde sei die kühle Witterung sehr gut. In diesem Zusammenhang erinnert der Vereinsvorsitzende daran, dass 2016 die Wettkämpfe abgebrochen werden mussten. „Im vorigen Jahr hatten wir Temperaturen über 15 Grad. Da fahren wir keine Rennen mehr. Der Tierschutz steht an erster Stelle. Unsere Hunde laufen immer ,volles Rohr’ und könnten Schwierigkeiten mit dem Kreislauf bekommen. Bei kalten Temperaturen kommen sie am besten zurecht“, so Rennleiter Polz.
Unweit von Start und Ziel hat Silvio Spruth sein Lager aufgeschlagen. Der Schleesener, mehrfache Norddeutsche und Mitteldeutsche Meister sowie Deutsche Vizemeister im Schlittenhundesport, hat alle Hände voll zu tun. Neun Sibirian Huskys wollen versorgt sein.
Ihm zur Seite steht Karsten Schlaak aus Berlin. Der Vizepräsident des SRSD bestreitet in einer Wintersaison zirka zehn bis zwölf Rennen und kennt sich mit den Tieren bestens aus. „Wir achten darauf, dass in unserem Verein nur wirklich reinrassige Tiere an den Start gehen. Dazu zählen Sibirian Husky, Grönländer, Samojeden und Alaskan Malamute. Die Malamutes sind die Dampfloks unter den Schlittenhunden. Die haben richtig Kraft, brauchen aber auch ab und zu eine straffe Hand“, berichtet er.
In Wörlitz fungiert Karsten Schlaak als Mitglied der Rennleitung. Mit einem Quad geht es auf eine Inspektionsfahrt über die 4,7 Kilometer lange Strecke. Dabei erläutert der erfahrene Schlittenhundesportler die Bedeutung der am Rande der Piste aufgestellten Markierungstafeln. „Ein gelbes Schild signalisiert Gefahr, ein rotes links oder rechts des Weges zeigt an, in welche Richtung abgebogen werden muss und ein blaues Schild heißt Trail, was soviel wie geradeaus bedeutet“, erklärt Schlaak. Kritische Abschnitte, wie Brücken mit zu weit auseinanderliegen Stegen oder große Schlammlöcher, sind bereits tags zuvor durch viele fleißige Vereinsmitglieder sowie ehrenamtliche Helfer entsprechend präpariert worden. Die Piste kann somit uneingeschränkt befahren werden.
„Good Mush“, heißt es dann auch bald, als sich die ersten Teilnehmer mit ihren Velos auf den Weg machen. Bei diesen Gefährten handelt es sich um Fahrräder, die von einem Hund oder zwei Hunden gezogen werden. Nach zirka zehn bis 15 Minuten treffen die ersten Aktiven im Ziel ein. Unter ihnen ist Knut Kießling. Er hatte unterwegs keinerlei Probleme. Der Dessauer beschäftigt sich seit 16 Jahren mit Schlittenhunden und ist vor allem von deren Charakter angetan. Den besonderen Reiz des Schlittenhundesports sieht Kießling darin, „mit den Tieren in der freien Natur unterwegs zu sein“.
Aus Salzwedel ist Carolin Schulz angereist. 2016 konnte sie in Wörlitz einen ersten Platz erringen. In diesem Jahr ist sie mit acht Sibirian Huskys dabei. Bereits im Alter von sechs Jahren wurde sie durch das Vorbild ihrer Eltern mit dem Schlittenhundesport-Virus infiziert. Seither hat Carolin Schulz gelernt, mit ihren vierbeinigen Kameraden zu leben, sie zu verstehen und sie zu trainieren. Nach ihren Worten werden bereits die Welpen in das Team eines Gespanns integriert. „Die Jungen lernen von den Alten“, ist ihre Erfahrung. Erfahrung ist auch bei der Auswahl des Leittieres, des „Leaders“, notwendig. „Man merkt schon, wer die Fähigkeiten dazu hat und entwickelt diese gezielt weiter“, so die junge Frau.
Im Team: Mit Schlitten oder auf Rädern
Das Gespann beim Schlittenhunderennen besteht aus einem sogenannten Team. Dieses setzt sich zusammen aus dem Musher (dem leitenden Menschen), dem Leader (dem/den Leithunden), den Wheelern (den Hunden unmittelbar hinter dem Leader) sowie den Swingern (den restlichen Tieren). In der Regel werden die Hunde bei Rennen als Doppel eingespannt, während sie bei den Inuit fächerförmig formatiert sind. Jeder Vierbeiner ist mit einer eigenen Zugleine mit dem Schlitten (Wagen) verbunden. Der Musher kommuniziert durch Zurufe („rechts“, „links“) mit dem Leader, der das Tempo vorgibt.
Als Fortbewegungsmittel für den Musher kommen neben Schlitten auch Scooter (Roller), Velos (Fahrräder) oder Wagen zum Einsatz. Außerdem wird in den einzelnen Kategorien nach der Anzahl der eingespannten Hunde unterschieden. Einem Team können zwei, vier, sechs, acht oder mehr als neun Tiere (Kategorie „Offen“) angehören. (mz)