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Schiedsrichter in Wittenberg Schiedsrichter in Wittenberg: Nicht jeder jubelt über Freistoßspray

Von Michael Hübner 28.10.2014, 12:36
Das Freistoßspray kommt gegenwärtig bis zur dritten Bundesliga zum Einsatz.
Das Freistoßspray kommt gegenwärtig bis zur dritten Bundesliga zum Einsatz. Archiv Lizenz

Wittenberg - Im Fußball schäumt es. Dafür sorgen die Referees mit ihrer neuen Errungenschaft, dem Freistoß-Spray. Dieses Hilfsmittel, das verhindern soll, dass eine vom Spielleiter gestellte Mauer nicht hinterm Rücken des Referees die Distanz verkürzt, wird inzwischen schon in der dritten Liga eingesetzt.

Schiri-Experte Markus Merk äußert sich im Bezahlfernsehen begeistert. „Wir leben im 21. Jahrhundert. Der Fußball darf sich dieser technischen Entwicklung nicht ganz verschließen. Es muss emotional bleiben, die Tradition muss gewahrt werden. Und man sollte sich trotzdem der Technik zum Wohle des Fußballs nicht verschließen“, so der Prominente aus der Bundesliga.

Wittenbergs Merk heißt Peter Kein. „Neumodern“, nennt der Schiedsrichter-Chef des Kreises den Schaum, der von allein wieder verschwindet. „Mit der neuen Zeit“ werde es wohl „in den nächsten drei Jahren“ dieses Weiß auch auf hiesigen Sportplätzen zu erleben geben. Der Zschornewitzer kann seine Bedenken kaum verbergen. Er frage sich schon, „was es hier unten soll“. Seine Kritik richtet sich vor allem an die Kosten. „Die Dosen gibt es erst ab 15 Euro aufwärts.“

„Und wer soll das bezahlen?“, fragt sich Michael Bäck, der die Referees im Kreis ansetzt und in der Landesklasse selbst aktiv ist. Für eine Partie erhalte ein Unparteiischer 18 Euro. Ein Spray könne vielleicht siebenmal genutzt werden und dann? „Ich persönlich halte den Einsatz im Profibereich für in Ordnung, aber im Amateur-Fußball für nicht angebracht.“

„Wir brauchen es auch nicht unbedingt“

Auch Mario Jeske sieht es ähnlich und hält „nicht viel“ vom Sprühen - zumindest in den unteren Ligen. Doch diskutiert werde viel. Er werde bei seinen Oberliga-Einsätzen für den Nordostdeutschen Fußballverband von den Zuschauern immer wieder gefragt, wann der Schaum denn nun komme. Er wisse es nicht. „Wir brauchen es auch nicht unbedingt“, meint der Referee, der im Kreis zu den allerbesten zählt. Die Kicker lassen nach seiner Meinung „das Meter-Mausen“ sowieso nicht. Ginge es nach ihm, müsste nicht nur die Mauer, sondern stets auch der Freistoß-Ausführende einen weißen Strich erhalten. Der Referee werde so zum Sprayer.

Und für jene Kollegen, die in der Kreisliga ohne Assistenten eine Begegnung leiten, nutzt diese Form der Hilfe praktisch nichts, betont der Experte. „Da muss doch bei einem Standard nicht nur auf das Einhalten des vorgeschriebenen Abstands von 9.15 Metern geachtet werden, sondern es geht auch um die Abseitsfrage“, erläutert Jeske. Wenn der Spielleiter als Einzelkämpfer dafür die richtige Position einnehme, könne er das Weiß gar nicht mehr sehen. Auch Jeske kritisiert die Umweltverträglichkeit - es handele sich um ein Gas - und die Kosten des Sprays.

Es gibt auch Befürworter

„Ich bezahle das nicht“, sagt Falko Szuppa eindeutig. Dazu sei die Entlohnung „zu fürstlich“, scherzt der Gräfenhainichener. Nach seiner Auffassung muss dafür der Deutsche Fußball Bund zur Kasse gebeten werden. „Der ist sowieso der reichste Sportverband“, meint der Heidestädter, der die Spray-Premiere in der dritten Liga bei Dynamo Dresden gegen Fortuna Köln live im Stadion verfolgt. Die Zuschauer hatten ihren Spaß, so sein Kommentar. Schon das Zücken der Dose habe für ein Ansteigen des Geräuschpegels gesorgt. „Zum Einsatz ist es aber nur zwei- oder dreimal gekommen“, so Szuppa und zwar bei Freistößen, die torgefährlich werden könnten. „Ich finde es keine schlechte Sache“, schätzt Szuppa ein. Allerdings müsse der Referee beim Einhalten der berühmten 9,15 Meter weiterhin sein „geschultes Augenmaß“ beweisen. Szuppa ist nicht der einzige Spray-Fan.

Dirk Meißner - der Spitzenmann pfeift allerdings nicht in den untersten Ligen - ist auch ein Befürworter. „Das ist eine gute Sache“, sagt er und hält den Einsatz für „eigentlich praktikabel“. (mz)