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Pflegezentrum Bad Schmiedeberg am Limit Pflegezentrum Bad Schmiedeberg am Limit: Anonyme Vorwürfe - der Chef erklärt sich

Von Marcel Duclaud 14.01.2021, 11:46
Pflegezentrum in Bad Schmiedeberg: Rund 50 Prozent der Bewohner sollen mit dem Corona-Virus infiziert gewesen sein.
Pflegezentrum in Bad Schmiedeberg: Rund 50 Prozent der Bewohner sollen mit dem Corona-Virus infiziert gewesen sein. Thomas Klitzsch

Bad Schmiedeberg - Die Corona-Krise bringt insbesondere Senioren- und Pflegeheime an die Belastungsgrenzen. Dass die Situation für Bewohner, Mitarbeiter und natürlich für Angehörige außerordentlich schwierig ist, war im Landkreis schon mehrfach zu vernehmen. Jetzt haben sich Menschen an die MZ gewandt, die über die kritische Lage in einem Pflegeheim des Eisenmoorbades in Bad Schmiedeberg berichten.

Mehrere Kritikpunkte

Sie möchten anonym bleiben, Namen sind der Redaktion bekannt. Die Rede ist von zahlreichen Coronafällen unter Mitarbeitern und Bewohnern in den vergangenen Wochen und daraus resultierend von zu wenig Personal und „totaler Überlastung“.

Etliche zu Pflegende seien verstorben, heißt es. Von einem Mangel an Schutzkleidung wird gesprochen und von „Arbeitsquarantäne“, also davon, dass Pflegekräfte, die sich in Quarantäne befinden, dennoch ihre Arbeit verrichten. Gefragt wird zudem, warum nicht Mitarbeiter aus anderen Bereichen, die in Kurzarbeit seien, zur Unterstützung in die Pflegeheime geschickt worden sind.

Kur-Direktor Deddo Lehmann zeigt sich zwar befremdet, dass die Kritik über die Medien vorgetragen wird („Ich bin jeden Tag in meinem Büro. Wenn es Probleme zu klären gibt, sollten die miteinander besprochen werden.“), Stellung bezieht er trotzdem, sachlich und ausführlich.

Bis zum 19. Dezember habe es in beiden Pflegeheimen und beim ambulanten Pflegedienst keinen einzigen Corona-Fall gegeben, betont er. Das habe sich im Pflegezentrum Am Kurpark kurz vor Weihnachten allerdings geändert. „Es gab einen Ausbruch bei Mitarbeitern und Bewohnern“, bestätigt der Geschäftsführer der Kur GmbH.

Falsch sei indes, dass es, wie behauptet, die Hälfte des Personals getroffen habe: „Etwa 30 Prozent der Mitarbeiter waren entweder erkrankt oder in Quarantäne.“ Allerdings hätten sich rund 50 Prozent der rund 90 Bewohner infiziert. „Aktuell sind noch 16 von ihnen erkrankt. Die Talsohle ist durchschritten.“

Von den Mitarbeitern kehrt nach den Worten von Deddo Lehmann in dieser Woche knapp die Hälfte wieder an ihren Arbeitsplatz zurück. Was die Lage entspanne. Im Übrigen werde das Personal täglich getestet.

Dass in Absprache mit dem Gesundheitsamt die Möglichkeit der sogenannten Arbeitsquarantäne besteht, räumt er ein. Das sei aber keine Pflicht und gelte selbstverständlich lediglich für jene, die keine Symptome aufweisen und laut Test nicht infektiös sind. Lehmann betont: „Zu keinem Zeitpunkt war die Pflege gefährdet. Es wurde Außergewöhnliches geleistet.“

Was die Zahl jüngst im Pflegeheim gestorbener Menschen betrifft, hält sich der Kur-Direktor mit Aussagen zurück: „Wir hatten erhöhte Sterbefallzahlen. Aber ob coronabedingt oder nicht, das kann ich nicht beurteilen.“ Fest stehe, dass alte Menschen heute deutlich später in die Pflegeheime gingen und dass - ein allgemein gültiger Wert, so Lehmann - etwa 30 Prozent von ihnen in den ersten drei Monaten sterben.

Mangel an Ressourcen

Deutlich weist der Geschäftsführer unterdessen den Vorwurf zurück, dass nicht ausreichend Schutzkleidung zur Verfügung stehe. „Das ist definitiv falsch. Wir haben genügend eingekauft und ordern auch nach.“ Und was die Umsetzung von Mitarbeitern anderer Bereiche betrifft, so erklärt er, dass es Kurzarbeit schon länger nicht mehr gebe und es an Ressourcen mangele.

Dass die Pflegeheime im Kreis einen großen Anteil an der hohen Zahl von Corona-Fällen haben, bestätigt Amtsarzt Michael Hable. Er sieht indes aktuell einen Lichtblick, sagte er am Mittwoch: „Es scheint, dass die Heime das jetzt besser in den Griff kriegen.“ (mz)