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Handwerk Meisterbriefe für Handwerker im Kreis Wittenberg: Meisterliche Bäcker-Rezepte sind in Kanada sehr gefragt

Von Michael Hübner 01.12.2016, 06:00
Die Kreishandwerkerschaft ehrte die Meister Gerold Hennlich (im Bild mit Meisterbrief), Dieter Henze, Fritz Klepel mit dem diamantenen Meisterbrief für das 60. Meisterjubiläum und Werner Dannenberg mit dem goldenen Meisterbrief für das 50. Meisterjubiläum.
Die Kreishandwerkerschaft ehrte die Meister Gerold Hennlich (im Bild mit Meisterbrief), Dieter Henze, Fritz Klepel mit dem diamantenen Meisterbrief für das 60. Meisterjubiläum und Werner Dannenberg mit dem goldenen Meisterbrief für das 50. Meisterjubiläum. Baumbach

Wittenberg - So viel Meisterpower hat Wittenberg noch nie erlebt! In dieser Woche haben die Bäcker Dieter Henze (Wittenberg) sowie Gerold Hennlich (Reinsdorf) und der Stellmacher Fritz Klepel (Hohndorf) den diamantenen und der Malermeister Werner Dannenberg (Jessen) den goldenen Meisterbrief erhalten. „Das ist schon was, worauf Sie stolz sein dürfen“, würdigt Maler-Innungsmeister Matthias Pohl.

Für Günter Schildhauer sind das „230 Jahre geballte Tradition“. Der Metall-Innungsobermeister würdigt in einer Laudatio die sehr erfolgreichen Unternehmen, in denen die Frauen und die Kinder mitarbeiten. „Die Familie ist die beste Bürgschaft“, verpasst Schildhauer der Kreditpolitik der Banken dabei noch einen kräftigen Seitenhieb.

Vom Handwerk, dass angeblich einen goldenen Boden besitzt, ist nicht die Rede. Das Gegenteil ist der Fall. Die Situation sei „sehr, sehr schwer“, schätzt Norbert Käpernick ein. Es sei schon problematisch, eine Verkäuferin zu finden, so der Bäcker-Innungsobermeister. Moderne junge Menschen, die auf Tradition setzen, seien kaum zu finden. „Es fällt schwer, die Leute, die für das Nichtstun Geld erhalten, zu motivieren“, meint der Annaburger.

Die wiedergründete Innung, der derzeit sieben Betriebe angehören, soll aber ein Signal für die Zukunft sein. Dabei grassiert auch im Kreis das Bäckerei-Sterben. „Als meine Eltern 1968 ihr Geschäft eröffneten, gab es in Annaburg neun Bäcker. Und die Menschen standen vor den Läden Schlange“, erzählt Käpernick.

Heute sei er der einzige in der Stadt. „Im gesamten Altkreis Jessen gibt es nur noch drei“, sagt er. 1957 waren es allein in der Region Wittenberg noch 130! Dass die Befürchtungen der Runde, mit der entstehenden Großbäckerei in Piesteritz komme auf die Kleinen eine große Konkurrenz zu, teilt der Experte nicht. „Die haben keinen eigenen Vertrieb vor Ort“, sagt der Annaburger.

Doch für die Zukunft des Handwerks - also für mehr als das Aufbacken von Teiglingen - muss der Nachwuchs begeistert werden. Allerdings scheinen die Arbeitszeiten - mitunter auch am Wochenende - abzuschrecken. Dabei stimme das Klischee, dass der Bäcker noch vor den Hühnern aufstehen müsse, nicht mehr, betont der Kreishandwerksmeister Hendrik Hiller.

„Es gibt innovative Konzepte“, sagt er. „Das hat sehr viel mit Technik zu tun. Die Hauptarbeitszeit bei mir ist zwischen 7 und 13 Uhr“, bestätigt Käpernick, der deshalb problemlos eine alleinerziehende Mutter beschäftigen kann. Allerdings, für ein Duo der Firma beginnt die Arbeit um 3 Uhr. „Meine jüngste Tochter und mein Schwiegersohn setzen die Familientradition fort“, vermeldet Hennlich.

Das Paar sei aber nach Kanada ausgewandert. „Mit unseren Rezepten“, berichtet der Jubilar. Die deutsche Backkunst - im Moment werde quasi der Reinsdorfer Stollen „gut angenommen“ - sei sehr gefragt. „Mit zwei Verkaufswagen werden die Produkte an die Kunden gebracht“, so der Vater stolz. Leider, das verhindert ein Gesetz in Kanada, kann das Paar kein Geschäft eröffnen. „Verkaufwagen und Laden - beides geht nicht“, wird die Situation erläutert. Die Trumpfkarte der Unternehmer ist eben die Ausbildung in Deutschland, im Betrieb der Eltern, heißt es.

Für Hiller sind Meisterlehrgang und -brief der Grundstein für den Erfolg. „Es wird fundiertes Wissen gerade im kaufmännischen Bereich vermittelt“, so der Handwerkerchef. An diesem Punkt würden viele Jung-Geschäftsführer scheitern. Mit der Qualifizierung ist der Schritt in die Selbstständigkeit möglich und es können Lehrlinge ausbildet werden. Der Meisterbrief sei ein Qualitätssignal und könne so zu einem Wettbewerbsvorteil im täglichen Kampf um die Kunden werden. (mz)