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Kraftsport Kraftsport: Arnd Kuhnert gewinnt EM-Titel im Bankdrücken

Von andreas Behling 11.07.2012, 16:41

ORanienbaum/MZ. - Das Gänsehaut-Gefühl ist immer noch gegenwärtig. Ein paar Meriten hatte Arnd Kuhnert in seiner Karriere als Kraftsportler zwar bereits einheimsen können, doch die Atmosphäre bei seinem jüngsten Auftritt im oberösterreichischen Horn lässt sich vom Gräfenhainichener nur schwer in angemessene Worte packen. Zum Glück springt dem 54-Jährigen, der mit dem Europameister-Titel im Bankdrücken vom Championat des Verbandes WUAP (World United Amateur Powerlifting) aus dem Alpenland zurückkehrte, ein Mannschaftskamerad zur Seite. "Das ist so gut gelaufen. Wahnsinn! Wir waren alle so happy", berichtet Gerd Meyerhofer, der mit Rüdiger Bethge zur kleinen Riege der Schwerathleten vom Oranienbaumer SV Hellas 09 gehörte, die eine Gesamtfahrstrecke von knapp 1 200 Kilometer in Kauf nahm. Wahrlich kein heuriger Hase, ringt selbst Meyerhofer nachträglich um Fassung: "Was der Arnd geleistet hat, das ist enorm. Das habe ich in der Form noch nicht erlebt." Speziell die Nervenstärke seines jüngeren Kollegen imponierte dem Oldie.

Pokerspiel gewonnen

Es ähnelte einem Pokerspiel, das Kuhnert im Duell gegen den Vogtländer Uwe Reinhardt (Verein Kraftsportfreunde Stöckigt) veranstaltete. In der Altersklasse 50 bis 54 Jahre (Gewichtsklasse bis 90 Kilogramm) legte Reinhardt im ersten Versuch 130 Kilogramm vor. Nun musste der Gräfenhainichener, der zunächst 115 Kilogramm sicher gemeistert hatte, reagieren. Sein riskantes Manöver zahlte sich aus. Nach dem zweiten Versuch lag er mit 142,5 Kilogramm vorn. Fünf Pfund mehr als sein Konkurrent. Dass sowohl Kuhnert (147 kg) als auch Reinhardt (145 kg) im dritten Durchgang scheiterten, war letztlich nebensächlich. "Beide lagen sich am Schluss in den Armen", schildert Gerd Meyerhofer das Finale des Wettkampfs. "Das war schon schön", sagt derweil Arnd Kuhnert immer noch etwas verhalten zu dem Triumph.

Nächster Coup geplant

Offenbar gehört er nicht zu den Menschen, die solche emotionalen Momente - so positiv sie waren - schnell verdauen. "Mir fehlte ja bislang auch die Erfahrung in dem Verband", schiebt er erklärend nach. Folglich reiste er mit einer gehörigen Portion Respekt in die Nähe von Wien. Und mit Respekt, den ihm seine Leistung eintrug, kehrte er zurück. Grund genug für den 1,69 Meter großen und 86,5 Kilogramm schweren gebürtigen Bitterfelder, in diesem September den nächsten Coup anzupeilen. Dann nämlich lädt der WUAP-Verband zur Weltmeisterschaft ins brandenburgische Herzberg ein. "Es ist nicht Amerika, sondern ein Katzensprung. Das ist super!" freut sich Kuhnert. Denn so schnell komme die Chance sicher nicht wieder, sich binnen weniger Monate zum zweiten Mal auf höchstem Niveau sportlich zu messen. Die Hauptsache sei jetzt nur, dass der Innenmeniskus keinen Ärger bereite. Dem Kraftsport frönt Arnd Kuhnert, den etliche Gräfenhainichener noch aus seiner 20-jährigen Tätigkeit in der Schwimmhalle kennen, seit 1990 / 91. Richtig in den Wettkampfbetrieb ist er erst ab 2008 bei den Hellenen eingestiegen. "Davor gab es viele Pausen. Es gab Phasen, da hatte ich keine Lust", räumt der Europameister ein.

Schießen als Ausgleich

Diese Zeiten sind lange passé. "Als ich nach Oranienbaum ging, ich mir selbst Druck. Ich wollte den inneren Schweinehund besiegen." Wie sehr der Mann sich selbst im Urlaub zu motivieren versteht, beweist die Tatsache, dass er sich mitten in der Puszta eine Garage suchte, in der er seine Muskeln stählen konnte. "Und als es nach Norwegen ging, hatte ich zumindest kleine Hanteln im Gepäck", berichtet er locker. Seinen Ausgleich findet der Kraftsportler auf dem Schießstand Jösigk. "Bei der Privilegierten Schützengilde Gräfenhainichen bin ich seit zwei Jahren aktiv", erzählt er. Dieser Sport diene ihm der Entspannung. "Da habe ich einen ruhigen Pol." Insofern sei er froh, dass er der Anregung von Heinz Hänsch folgte, auf der Anlage einen Probeschuss abzufeuern.

Rummel-Verbot

Bei dem ist es nicht geblieben. Der Mitarbeiter des Ordnungsamts - "Am häufigsten wird die vorgeschriebene Parkdauer überschritten." - strebt als Pistolenschütze mehrere Wettkämpfe an. "Es soll sich aber nicht mit dem Kraftsport beißen", schiebt er sofort nach. Außerdem, gibt er freimütig zu, sei beim Schießen mit der Kurzwaffe sein Ehrgeiz nicht so hoch. "Ich habe mir auch sagen lassen, dass sich mit zunehmendem Alter die Hand nicht mehr so ruhig halten lässt", formuliert er schmunzelnd. Das war in Arnd Kuhnerts jungen Jahren anders. Da sah jeder Rummel seinem Erscheinen mit Unbehagen entgegen. "Ich war so gut, dass ich an der Schießbude irgendwann Verbot bekommen habe, weiter auf die Pyramiden zu feuern."