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Jubiläum bei Wolfgang Kursawe Jubiläum bei Wolfgang Kursawe: Von einer Liebe zum Kniffligen

Von Rainer Schultz 17.06.2018, 07:42
Wolfgang Kursawe ist ein Tüftler. Sein Unternehmen hat 20-jähriges Bestehen gefeiert.
Wolfgang Kursawe ist ein Tüftler. Sein Unternehmen hat 20-jähriges Bestehen gefeiert. Thomas Klitzsch

Kemberg - Dass der klassische Ingenieurberuf etwas mit Kreativität und Erfindungen zu tun hat – den Beweis tritt seit inzwischen mehr als 20 Jahren der Kemberger Wolfgang Kursawe an. Kürzlich feierte der Diplomingenieur für chemische Verfahrenstechnik sein 20-jähriges Firmenbestehen und mit ihm 160 Gäste aus Politik und Wirtschaft.

Nachdem Kursawe von 1974 bis 1991 im Stickstoffwerk Piesteritz als Entwicklungsingenieur tätig war, reizte ihn, einmal all das praktisch umzusetzen, was schon immer in ihm schlummerte – das Tüfteln, die Suche nach neuen technologischen Lösungen. Auf dem Gebiet der Fördertechnik lagen seine Stärken. Nahezu 20 Patente trugen seine Handschrift bereits im damaligen Stickstoffwerk.

„Mein großer Mentor Dr. Zobel weckte damals die Lust am Erfinden. Das ist bis heute so geblieben. Inzwischen sind noch zehn Patente dazu gekommen“, erzählt der Tüftler aus Passion. „Als ich 1991 mein Ingenieurbüro gründete, gehörte ein hohes Maß Risikobereitschaft dazu. Heute kann ich sagen, es war der richtige Weg.“

Beim Betreten der Werkhalle trifft der Reporter auf Michael Menzel (55), einer der 21 Mitarbeiter der Firma Anlagenbau und Industrieservice Kemberg (AIS). Seit 18 Jahren hält er der Firma die Treue und zählt zu den Urgesteinen. Gegenwärtig werden 30 Tonnen Stahlbau für eine Oranienburger Rauchgasreinigungsanlage gefertigt.

Immer wieder sind es knifflige Problemlösungen, die mit dem Kemberger „Know how“ realisiert werden. Dazu zählte auch der Aussichtsturm bei der Landesgartenschau (LAGA), der in Kemberg gefertigt und in Wernigerode montiert wurde. Bisher nahmen 1,5 Millionen Besucher den 28 Meter hohen Stahlgiganten „made in Kemberg“ in Augenschein.

Doch selbst wenn Wolfgang Kursawe in einen wahren Redeschwall gerät, fällt es ihm schwer, alle Standorte mit „Kemberger Handschrift“ zu benennen. Gern erinnert er sich an ein Projekt in Boston (USA). „Wir fertigten dort Stahlkomponenten für die Solarindustrie, die damals im Entstehen war. Unsere Mannschaft war einige Wochen bei der Montage tätig.“

Das traf auch bei Aufträgen in Antwerpen (Belgien), Catania (Gasreinigungsanlage Italien), in Mailand (Abluftwäscherei), in Blackpool (England) oder in Irland zu. „Mit vier bis sechs Leuten vor Ort sind wir stets auch für die Montage zuständig“, berichtet der Geschäftsführer. Die neuesten vielversprechenden Kontakte gibt es nach Vietnam.

Was Wolfgang Kursawe eher am Rande erwähnt: Die Firma erhielt im September 2014 den Großen Preis des Mittelstandes, gern auch als der „Oskar“ für Tüftler bezeichnet (Bester Mittelständischer Betrieb Sachsen-Anhalts). Damit hat sich der Betrieb für die „1. Liga“, den Bundeswettbewerb qualifiziert und setzte ein Achtungszeichen hierzulande.

Nicht auf den Lorbeeren ausruhen aber heißt das Motto. Aus Hanf-Miscanthus-Beton (nachwachsende Rohstoffe) haben die Kemberger etwa kreiert, was recht praxiskompatibel ist. Aus diesem Baustoff entstand eine Lärmschutzwand an einer ICE-Strecke am Standort Gardelegen.

Eine dortige Pilot- und Teststrecke ergab: Mit Hilfe der Lärmschutzwand konnte der Lärmpegel vorbeifahrender Hochgeschwindigkeitszüge von 82 Dezibel um 15 Einheiten gesenkt werden. Die enge Zusammenarbeit mit der Bauhausuniversität Weimar (hier das Labor - in Kemberg das Technikum) oder der Brandenburgischen TH Cottbus zeigt, wie gute Kooperation zwischen Wissenschaft und Praxis funktioniert.

Kursawes Ehefrau Lucie, Chemikerin von Beruf, betreut übrigens die Forschungs- und Entwicklungsarbeit, sowie das Technikum zur Durchführung von Förderversuchen. „15 bis 20 Prozent unserer Arbeit gehört neben der Patentrecherche dazu.“

Kaum ein Medium bzw. Schüttgut ist bei fördertechnischen Versuchen vor den Kembergern „sicher“. Da wird das Verhalten von Majoran in Rohrleitungen (Majoranwerk Aschersleben) unter die Lupe genommen. Bei der Firma Röstfein in Magdeburg gilt es, den Zustand des Kaffees nach dem Mahlen zu erhalten. Auch hier hilft eine Versuchsserie das Optimum herauszuholen. Begehrt sind die Ausbildungsplätze bei ASI. 18 junge Leute durchliefen in letzter Zeit die Ausbildung.

„Ich habe sehr engagierte Mitarbeiter, meist Industriemechaniker, aber darunter auch drei Ingenieure und Zeichner. Ich möchte auf keinen verzichten“, lobt der Firmenchef seine Mannschaft, die sehr bodenständig ist und meist aus Kemberg und Umgebung stammt. (mz)