Infrastruktur Infrastruktur : Heidebahn soll im Stundentakt fahren

Bad Schmiedeberg/Bad Düben - Die Heidebahn soll wieder fahren - und zwar mindestens stündlich. Das ist die Forderung von verschiedenen Akteuren aus Politik und Wirtschaft. Die Strecke zwischen den sächsischen Städten Eilenburg und Bad Düben sowie den beiden sachsen-anhaltischen Streckenposten Bad Schmiedeberg und Wittenberg solle frühestens 2022, wahrscheinlich aber eher 2023, wieder mit regelmäßigem Schienenverkehr belebt werden, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Sepp Müller der MZ.
Ein entsprechendes Vorhabenpapier unterzeichneten am Mittwoch Arbeitgeber und Politiker aus beiden Bundesländern in Bad Düben. Über 2.500 Arbeitsplätze hingen an den Unternehmen, darunter die Kureinrichtungen aus den beiden Städten sowie die Bundespolizei aus Bad Düben. Die einhellige Meinung sei gewesen: Der fehlende Linienverkehr sei ein deutlicher Standortnachteil im Rennen um Fachkräfte, so Müller.
Der kaufmännische Leiter einer medizinischen Einrichtung habe die mäßige Anbindung und deren Auswirkungen an einem Beispiel verdeutlicht. Die Klinik stellte 40 neue Mitarbeiter ein. Dafür mussten genauso viele Parkplätze her, da die Kapazitäten ausgeschöpft waren. Kostenpunkt: 5.000 Euro pro Parkplatz. Da sei es aus kaufmännischer und auch ökologischer Sicht schlicht sinnvoller, den Arbeitnehmern ein bezuschusstes Jobticket zu finanzieren.
Die Arbeitgeber wollen deswegen in den kommenden Monaten Zahlen und Daten liefern, um das Vorhaben zu unterstützen. Unter anderem wollen sie ihre Mitarbeiter befragen, wer bereit wäre, mit der Bahn statt mit dem Auto zur Arbeit zu kommen. Auch die Kurgäste, die derzeit teils vom Wittenberger Bahnhof abgeholt und nach Bad Schmiedeberg gefahren werden, seien eine weitere Zielgruppe für die Heidebahn, sagt Müller. Hinzu kämen touristische Nutzer - hier sollen etwa die Bürgermeister der Kommunen entsprechende Konzepte erarbeiten. Auch der Schülerverkehr, der im Landkreis vor allem auf Busse festgelegt ist, könnte die Schiene nutzen. Angestrebt wird zudem eine Aufnahme in den MDV-Tarif. Kurzfristig soll erst einmal die Strecke wieder fahrtauglich gemacht werden.
Die Heidebahn war sukzessive seit Ende der 1990er Jahre für den regelmäßigen Wochenverkehr stillgelegt worden. 1998 war der Abschnitt zwischen Eilenburg und Bad Düben weggefallen, zuletzt war 2014 trotz Protesten aus der Region der tägliche Linienverkehr zwischen Wittenberg und Bad Schmiedeberg eingestellt worden. Danach gab es nur noch Sonderfahrten und teils Wochenendverkehr. Als Grund waren damals die geringen Auslastungszahlen angegeben worden. Kritiker hatten allerdings auch damals schon angemerkt, dass die Fahrgäste vor allem deswegen ausblieben, weil die Strecke quasi totgespart worden sei.
Seitdem werden die Gleise vor allem von Eisenbahnnostalgikern genutzt. Der Förderverein „Berlin - Anhaltische Eisenbahn“ schickt regelmäßig Züge auf die Reise. Zuletzt war aber auch das ausgefallen, weil die Deutsche Regionaleisenbahn, die für die Infrastruktur verantwortlich ist, Mängel an Gleisen und Brücken nicht mehr behob. Deswegen fiel schon im vergangenen Jahr der traditionelle Sonderzug zum Leipziger Weihnachtsmarkt aus. Ob in diesem Jahr gefahren werden kann, ist nicht nur wegen Corona unsicher. Wie Michael Jungfer, Vorsitzender des Vereins, sagt, sei die Strecke aber bei weitem „nicht völlig marode“. Er hoffe nach dem vielversprechenden Termin in Bad Düben darauf, dass die Regionaleisenbahn bald ihren Pflichten nachkäme und die Mängel behebe, damit wenigstens wieder die historischen Loks fahren können. „Für den Sonderverkehr bräuchte es keine Millioneninvestitionen“, sagt Jungfer.
Anders sehe das freilich für den angestrebten Linienverkehr zwischen Eilenburg und Wittenberg aus. „Hier müssten mehrere Millionen fließen“, sagt der Bundestagsabgeordnete Sepp Müller. Es brauche entsprechende Beschlüsse seitens des Nahverkehrsservices Sachsen-Anhalt (Nasa) und des Zweckverbandes für den Nahverkehrsraum Leipzig (ZVNL). Er wolle sich beim Bund für entsprechende Mittel einsetzen, sagt Müller. Im Frühjahr 2021 wollen die Unterzeichner des Bad Dübener Vorhabenpapiers zur Heidebahn dann die Ministerpräsidenten von Sachsen und Sachsen-Anhalt treffen. Und dann hoffentlich überzeugende Argumente für eine Wiederbelebung der Strecke liefern können. (mz)