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Infos gibt es am Donnerstag Infos gibt es am Donnerstag: Was ist die Fachoberschule?

Von Detlef Mayer 14.03.2018, 10:34
Be­rufs­bil­den­de Schule im Mit­tel­feld
Be­rufs­bil­den­de Schule im Mit­tel­feld Klitzsch

Wittenberg - Die Bezeichnung „Fachabitur“ halte sich zwar hartnäckig in der Umgangssprache, aber „an sich gibt es diesen Begriff gar nicht“, klärt Carola Gehlhar auf. Die Leiterin des Berufsschulzentrums Wittenberg weiß um die naheliegende Herleitung der Bezeichnung „Fachabitur“ vom Fachgymnasium, dessen Abschluss viele Leute gern so nennen.

Doch: Das Abitur an einem Fachgymnasium sei ein ganz normales, will sagen ein vollwertiges Abitur. „Die Prüfungsanforderungen beziehungsweise -aufgaben werden nämlich zentral vorgegeben und sind für alle Gymnasien gleich.“ Am Fachgymnasium allerdings müssen die Absolventen zusätzlich - je nach der fachlichen Schwerpunktsetzung der betreffenden Bildungsstätte - noch einige spezifische Aufgaben bewältigen.

Fachgymnasium in Dessau

Ein Fachgymnasium gibt es in Wittenberg nicht mehr. Nach dem Unterrichtsjahr 2009/2010 haben die Berufsbildenden Schulen des Landkreises Wittenberg das bis dahin in der Lutherstadt bestehende Fachgymnasium mit Ausrichtung Wirtschaft nach Dessau abgegeben, erinnert Carola Gehlhar im Gespräch mit der MZ.

Was man am Berufsschulzentrum Wittenberg heute erlangen kann, ist die Fachhochschulreife nach erfolgreich absolvierter Fachoberschule. Die Fachhochschulreife jedoch sollte man nicht mit dem Abschluss eines Fachgymnasiums in einen Topf werfen.

Das Berufsschulzentrum Wittenberg befindet sich im Mittelfeld 50 der Lutherstadt. Schulleiterin ist Carola Gehlhar. Die verschiedenen Bildungsgänge der Einrichtung werden derzeit von über 1 300 Lernenden genutzt.

Die Grundsteinlegung für den modernen Gebäudekomplex am Rande der Kreisstadt erfolgte am 11. Dezember 1996. Richtfest war am 28. November 1997, zwei Monate davor startete der Bau der Sporthalle. Ihren ersten Unterrichtstag an dem Standort erlebten Schüler und Lehrer am 13. April 1999, offiziell eingeweiht wurde das Berufsschulzentrum am 25. Mai 1999. Die Kosten für den Neubau, einschließlich Sporthalle und Außenanlagen, beliefen sich auf 54 Millionen D-Mark. Um den Betrieb zu gewährleisten, sind im Durchschnitt jährlich 500 000 Euro erforderlich. Diese und die folgenden Fakten lassen sich auch auf der Homepage der Bildungseinrichtung (www.bbs-wittenberg.de) nachlesen.

Auf dem Gelände des heutigen Berufsschulzentrums befand sich früher einer von sechs Betrieben der Arado-Flugzeugwerke Wittenberg. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs mussten dort circa 1 500 Kriegsgefangene und Zwangsarbeiterinnen aus Polen, Belgien, Frankreich, Luxemburg, der Sowjetunion und anderen Ländern unter schwersten Bedingungen für die Rüstungsindustrie schuften. Zuletzt, bis April 1945, war das Barackenlager eine Außenstelle des KZ Ravensbrück mit 1 200 weiblichen Häftlingen verschiedener Nationalitäten.

Klarheit in diesem Punkt kann eine Orientierungshilfe für viele Jugendliche und deren Eltern darstellen, sich für die in ihrem Fall richtige weiterführende Schule zu entscheiden. Kurz und knapp zusammengefasst macht die Leiterin des Berufsschulzentrums Wittenberg folgende Unterschiede aus: „Mit dem Abschluss eines Fachgymnasiums - noch einmal: er heißt nicht ,Fachabitur’ - kann man wie mit jedem anderen Abitur an allen Universitäten studieren.

Mit der Fachhochschulreife nicht.“ Sie ermögliche, wie ihr Name besagt, nur den Zugang zu Fachhochschulen - allerdings zu jeder Fachhochschule in ganz Deutschland. Dementsprechend gebe es auch Unterschiede bei den Zugangsvoraussetzungen für beide Bildungswege: Für das Fachgymnasium sei das entscheidende Aufnahmekriterium der erweiterte Realschulabschluss. Bei der Fachoberschule genüge ein Realschulabschluss für den zweijährigen Bildungsgang.

Nur ein Jahr Fachoberschule bis zur Fachhochschulreife müsse absolvieren, wer vorher schon einen Beruf in einer der Ausrichtungen der jeweiligen Fachoberschule erlernt habe. In Wittenberg sind dies Wirtschaft und Technik.

Als Stärke sieht es das Berufsschulzentrum Wittenberg an, seinen Schülern eine ganze Palette von Bildungsmöglichkeiten sowie eine hohe vertikale Durchlässigkeit zu einer Vielzahl von Abschlüssen bieten zu können. „Unser Ziel ist die Förderung aller Schüler entsprechend ihrer individuellen Möglichkeiten“, heißt es unter dem Stichwort Leitbild auf der Homepage.

Carola Gehlhar beginnt die Aufzählung der möglichen Bildungsgänge mit dem Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) für Jugendliche ohne Schulabschluss, die noch keine 18 Jahre alt sind und damit der Schulpflicht unterliegen. „Ein BVJ ist in mehreren Berufsfeldern möglich. Jeder Schüler muss zwei belegen. Ziel ist der Hauptschulabschluss.“

Die ebenfalls zur Angebotspalette gehörende Berufsfachschule gibt es zum einen ohne beruflichen Abschluss einjährig (Technik) und zweijährig (Sozialpflege), zum anderen mit beruflichem Abschluss nur zweijährig (Sozialassistent).

Zugangsvoraussetzung im erstgenannten Fall ist der Hauptschulabschluss oder Gleichwertiges. Absolventen dieses Bildungsganges können den Realschulabschluss erlangen. Im zweiten Fall ist (ein Realschulabschluss oder Gleichwertiges wird bereits vorausgesetzt) neben dem Beruf bei höherwertigen Leistungen auch der erweiterte Realschulabschluss drin.

Wiederum zwei Varianten

Bei der Fachoberschule, die wie bereits dargelegt mit der Fachhochschulreife endet, sind ebenfalls zwei Varianten machbar: einjährig in den Bereichen Technik (falls sich genügend Schüler dafür anmelden, ansonsten erfolgt die Weiterleitung an die nächstliegende Bildungsstätte mit diesem Profil) und Wirtschaft, so die Interessenten einen technischen bzw. wirtschaftlichen Beruf nachweisen können, weil hier nur Theorie unterrichtet wird, oder die zweijährige Version (ohne vorherigen Berufsabschluss) in der Ausrichtung Wirtschaft.

Vorausgesetzt wird für letztere Möglichkeit ein Realschulabschluss, und parallel zum theoretischen Unterricht kommen im ersten Ausbildungsjahr Praktika hinzu.

Außerdem läuft am Berufsschulzentrum Wittenberg die klassische duale Berufsausbildung. Gelehrt wird hier die Theorie, auch die fachspezifische, für den jeweiligen Beruf. Die praktische Ausbildung dazu erhält der Lehrling in einem Betrieb.

Ganz aktuell bietet die Agentur für Arbeit Interessierten am Donnerstag, 15. März, 16 Uhr, die Chance, sich im Berufsinformationszentrum Wittenberg, Melanchthonstraße 3a, über die zweijährige Fachoberschule Wirtschaft zu informieren. (mz)