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Hermann Cohen in Coswig Hermann Cohen in Coswig: Raus aus dem Museum

Von Ilka Hillger 22.04.2018, 07:30
Hermann Cohen (1842-1918)
Hermann Cohen (1842-1918) Hermann Cohen Gesellschaft

Coswig - Die Stadt Coswig wird in besonderer Weise an Hermann Cohen erinnern, der hier am 4. Juli 1842 geboren wurde. Einen entsprechenden Beschluss hatte die Cohen-Gesellschaft an den Stadtrat herangetragen. Dieser wurde auf der jüngsten Sitzung einstimmig angenommen.

Aus Anlass des 100. Todestages des Geheimen Regierungsrates Hermann Cohen, der am 4. April 1918 in Berlin starb, wird die im Museum der Stadt vorhandene Gedenktafel im Rathaus angebracht, dort, wo das verschwundene Original 1929 feierlich eingeweiht wurde. Cohens 176. Geburtstag am 4. Juli ist für den feierlichen Akt der Anbringung vorgesehen.

1932 spurlos verschwunden

Cohen war einer der bedeutendsten Philosophen seiner Zeit und Mitbegründer der „Marburger Schule“ des Neukantianismus. 1872 wurde er erster jüdischer Professor an der Philipps-Universität Marburg. Ernst Reuter, Philipp Scheidemann, Kurt Eisner, Boris Pasternak und Ernst Cassirer waren seine Schüler. Cohen zu Ehren wurde im September 1929 im Treppenhaus des Rathauses der Stadt Coswig unter großer öffentlicher Teilnahme eine Gedenktafel enthüllt und eingeweiht. Diese wurde bereits 1932 wieder entfernt und ist spurlos verschwunden.

1998 gelang es, eine neue, ähnliche Gedenktafel herstellen zu lassen. Eine in Marburg noch vorhandene Kopie der Plakette als Porträt Hermann Cohens wurde von der Universität Marburg zur Verfügung gestellt.

Der Versuch, diese Gedenktafel wieder im Rathaus am ursprünglichen Platz anzubringen, scheiterte. „Sie wurde in das Museum verbannt. Wir sind der Meinung, dass es Hermann Cohen wohl verdient hat, dass seiner an präsenter Stelle in Coswig gedacht wird und nicht in einer stillen Ecke des Museums“, begründete die Cohen-Gesellschaft ihr Anliegen.

International bekannt

Als einer der Initiatoren der Beschlussvorlage erinnerte Klaus Peter Krause (Linke) die Stadträte noch einmal an die Bedeutung Hermann Cohens. Gerade, so Krause, sei er von einer internationalen Tagung zu Cohen zurückgekehrt, auf der sich in Greifswald Fachleute aus der ganzen Welt versammelt hatten. „Er ist der bedeutendste Sohn unserer Stadt und wir verstecken unseren Hermann im Museum“, so Krause.

Seine Hoffnung, dass das Abstimmungsergebnis nicht so wie jenes im Stadtrat von 1876 ausfallen werde, erfüllte sich. Damals wurde Gerson Cohen, dem Vater des Philosophen, durch eine Gegenstimme die Ehrenbürgerschaft verwehrt. Diesmal sprachen sich die Stadträte einstimmig für die Ehrung des Sohnes aus.

Zwei Gesellschaften

Die Cohen-Gesellschaft Coswig (Anhalt) wurde am 10. April 2000 gegründet. Sie hat sich das Ziel gesetzt, aufklärerische Kultur in und um Coswig im Allgemeinen und die wissenschaftliche Bedeutung der Philosophie und Ethik des Neukantianers Hermann Cohen damals und heute im Besonderen zu erforschen, zu fördern und zu pflegen.

Außerdem gibt es noch die Hermann-Cohen-Gesellschaft. Am 7. Juni 2002 wurde sie am Philosophischen Seminar der Universität Zürich gegründet. Sie hat einen international zusammengesetzten Vorstand und einen wissenschaftlichen Beirat, dem Forscher unter anderem aus Deutschland, Italien, Frankreich, Israel und den USA angehören. Die Gesellschaft will die wissenschaftliche Erschließung des Werkes von Hermann Cohen fördern sowie seine Philosophie in den Debatten der Gegenwart zur Geltung bringen.

In Zürich entstand 1969 mit der Gründung des „Hermann Cohen-Archivs“ ein Zentrum der Cohen-Forschung. Hier wurde auch die Ausgabe der Werke des Philosophen in Angriff genommen, dessen methodisches Hauptwerk, Logik der reinen Erkenntnis, die Reihe der insgesamt 21 geplanten Bände im Jahr 1977 eröffnete. Zuletzt ist Band 12 erschienen.

Mehr im Internet unter www.hermann-cohen-gesellschaft.org

(mz)