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Heporö in Zemnick  Heporö in Zemnick : Schwerer Weg aus der Sucht

Von Sven Gückel 12.06.2018, 09:51
Wie bei jedem Hausfest pflanzten ehemalige Mitbewohner auf dem Heporö-Areal in Zemnick einen Baum.
Wie bei jedem Hausfest pflanzten ehemalige Mitbewohner auf dem Heporö-Areal in Zemnick einen Baum. Sven Gückel

Zemnick - Äußere Umstände oder Verhaltenseigenschaften können Menschen in die Alkoholsucht führen. Wer regelmäßig trinkt, kommt irgendwann an den Punkt, dass er das Maß nicht mehr steuern kann. Diesem Teufelskreis zu entrinnen, ist zumeist nur mit professioneller Hilfe möglich. Bei Heporö in Zemnick gewährt man Hilfesuchenden diesen Beistand seit nunmehr 25 Jahren.

Man möchte glauben, dass die Einsicht größer ist. Jedoch nur drei Prozent aller Alkoholabhängigen gestehen sich die Krankheit ein und begeben sich freiwillig in professionelle Hände. „Alle anderen leugnen ihre Sucht bis zuletzt oder denken, dass sie diese selbst in den Griff bekommen“, sagt Peter Slavicek. Der Heimleiter der Heporö gGmbH zollte mit dieser Zahl beim 18. Hoffest der Einrichtung besonders jenen seinen Respekt, die sich nach einer erfolgreich abgeschlossenen Entwöhnungstherapie in die Obhut von Heporö begeben.

Das von Friedhelm Röse, der 2011 bei einem Autounfall starb, gegründete Unternehmen, blickt inzwischen auf ein Vierteljahrhundert erfolgreiche Arbeit zurück. Hunderte haben es seither geschafft, der Alkoholsucht zu entrinnen und ein neues Leben zu beginnen. „Zu vielen von ihnen halten wir noch immer Kontakt. Es freut uns, wenn sie bei Gelegenheiten wie dem Hausfest vorbeischauen und zeigen, dass man den Neuanfang schafft, wenn man es will“, betonte Slavicek.

Als Friedhelm Röse die Heporö gGmbH am 1. Dezember 1993 gründete, wusste er, was auf die künftigen Bewohner für ein beschwerlicher Weg wartet. Der gebürtige Hesse, der 1990 nach Wittenberg kam, hatte am eigenen Leib erfahren, worüber er sprach. Dass sein Lebenswerk nun bald das 25-jährige Bestehen feiert, würde ihn freuen. Heute steht Röses Tochter Simone Rohde dem Unternehmen als Geschäftsführerin vor.

Zweites Erntedankfest

Zudem sei ihr Beispiel den gegenwärtig 80 Bewohnern der Einrichtung, die in vier verschiedenen Objekten leben, Ansporn genug, dieses Ziel selbst zu erreichen. Slavicek erachtet das Ehemaligentreffen deshalb als ein zweites Erntedankfest im Jahr. „Das Schwierigste ist für jeden der zu uns kommt, mit dem Trinken aufzuhören. Dieser Schritt erfordert viel Kraft und innere Stärke“, verdeutlichte er.

Für jeden einzelnen von ihnen gilt es, sich die verlorene Würde wiederzuholen. „Wenn man sich verändern will, schafft man das. Man muss aber wissen, das Veränderungen auch weh tun können“, fügte der Heimleiter an.

Eineinhalb Jahre währt der Aufenthalt der Bewohner bei Heporö. Untergebracht sind sie je nach Krankheitsbild entweder in der therapeutischen Wohneinheit, beim intensiv betreuten Wohnen, beim ambulant betreuten Wohnen oder in der Langzeiteinrichtung „Rösenhof“. Hier leben Menschen, denen es trotz Entwöhnung auch zukünftig nicht mehr möglich ist, ein selbstständiges Dasein zu führen. Für alle aber gilt, dass der Tagesablauf bei Heporö durch Arbeit und Beschäftigung bestimmt wird.

Dazu stehen ihnen nicht nur die landwirtschaftlichen Flächen der Einrichtung zur Verfügung, die unter anderem der Selbstversorgung der Bewohner dienen, sondern auch kleine Werkstätten, in denen unter Anleitung handwerkliche Fähigkeiten geschult werden. Hirnleistungstraining, Ergotherapie und viele Gespräche mit der Suchtberaterin runden das Programm ab.

Will Beispiel sein

Mario Göthner aus Leipzig ist einer von ihnen. „Ohne die Hilfe der Heporö wäre mir das nicht gelungen. Dafür bin ich Friedhelm Röse und Peter Slavicek bis heute dankbar“, sagte er im Gespräch mit der MZ. Inzwischen arbeitet Göthner in einer Behindertenwerkstatt und führt in Leipzig ein eigenständiges Leben. Menschen, die einen starken Alkoholkonsum pflegen, sich diesen aber nicht eingestehen, kennt auch er. „Ich hoffe, dass sie an meinem Beispiel sehen, dass man dem unwürdigen Leben entrinnen kann“, gab er seiner Hoffnung Ausdruck.

Pure Lebensfreude vermittelte den Besuchern des Hausfestes der Auftritt der Heporö-Theatergruppe „Des Doktors furchtlose Bühnengang“, die mit ihrer Sicht auf das Schulwesen für Lacher sorgte. Darüber hinaus wurden im Verlaufe des Festes traditionell durch Ehemalige ein Baum gepflanzt und es lockten Spiele zur Betätigung.

(mz)

Den gesamten Tag über gab es ein reichhaltiges Beschäftigungsangebot.
Den gesamten Tag über gab es ein reichhaltiges Beschäftigungsangebot.
Gückel