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Experte  Experte : Wolf sucht sich neue Reviere

Von Heike Nyari 11.10.2016, 08:17
Klaus Peter Hurtig mit Kollegin Susanne Osterloh bei dem Vortrag in Bad Düben.
Klaus Peter Hurtig mit Kollegin Susanne Osterloh bei dem Vortrag in Bad Düben. Nyari/Archiv

Annaburg/Bad Düben - Den Wölfen in der Glücksburger Heide bei Jessen gelang in diesem Jahr im wahrsten Sinne des Wortes der ganz große Wurf. Laut Klaus Peter Hurtig, Bereichsleiter in der Bundesforstverwaltung, sollen dort im Frühjahr neun Welpen das Licht der Welt erblickt haben. Das sei ein absoluter Rekord, der übrigens per Fotofalle belegt werden konnte. Wenn die neun Jungtiere etwa zwei Jahre alt sind, dann müsse damit gerechnet werden, dass sie abwandern. Vorausgesetzt, sie überleben alle ihre Kinderstube. Sie verlassen das Revier ihrer Eltern, um sich in einer anderen Region niederzulassen und um dort gegebenenfalls ein eigenes Rudel zu bilden. Sind die nahen Reviere in der Nachbarschaft bereits belegt, kann eine Wanderschaft viele hundert Kilometer betragen.

Hurtig wartete mit diesen Erkenntnissen beim großen Thementag „Wolf und Mensch“ auf, der am vergangenen Wochenende im Naturparkhaus der Dübener Heide und in Tornau stattfand. Da war Hurtig einer von mehreren kompetenten Referenten, die interessante, fundierte und vor allem aktuelle Daten und Fakten zum Thema Wolf auf den Tisch packten. Zu seinen an die Wand gebeamten Belegen kamen aussagekräftige Fotografien, die die Existenz und die Entwicklung der Raubtiere eindeutig vor Augen führten.

Der Bundesforstbetrieb „Mittelelbe“ mit Sitz in Bad Düben betreut Liegenschaften in den drei Bundesländern Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Sachsen. „Gesicherte Wolfsvorkommen haben wir in der Glücksburger Heide, in der Annaburger Heide und in der Oranienbaumer Heide“, rekapituliert Hurtig bisher bekanntes Wissen.

In der Nähe der Glücksburger Heide gibt es weitere Areale, die Wölfen durchaus zusagen. Das sind die Oranienbaumer Heide und die Annaburger Heide. Doch diese beiden Reviere sind bereits nachweislich von einem Paar beziehungsweise einem Rudel besetzt. Die Annaburger Wölfe können sich in diesem Jahr übrigens auch über Nachwuchs freuen.

Wolf wird sich weiter ansiedeln

„In Gebieten wie der Dübener Heide, der Kühnauer Heide, den Roßlauer Elbauen und Raguhn (Golpa IV) muss mit einer Etablierung des Wolfes gerechnet werden“, ist sich Klaus Peter Hurtig sicher. Was die Dübener Heide anbelangt, so gibt es keine konkrete Existenz-Aussage. Wolfs-Sichtungen, wenige Fotos und Funde von Losungen und gerissenen Tieren hat es bereits gegeben. Das reicht jedoch für Wolfsexperten nicht aus, von „niedergelassenen“ Wölfen zu sprechen. Und das gilt so lange, bis ein Foto mit mehreren abgebildeten Wölfen das Gegenteil beweist. Natürlich besteht die Möglichkeit, dass diese Raubtiere bisher unentdeckt in der Dübener Heide leben und sich vielleicht sogar vermehrten. Doch das ist reine Spekulationen.

Beweise liegen vor

In der 11 000 Hektar großen Annaburger Heide muss schon lange nicht mehr spekuliert werden, und das kann Hurtig mit gesicherten Zahlen, Fakten und Fotos beweisen. Seit dem Jahr 2008 ist bereits der Wolf in der Heide bei Annaburg nachgewiesen. Übrigens sind mehrere Tausend Hektar der Liegenschaftsfläche ausgewiesenes Flora-Fauna-Habitat beziehungsweise Vogelschutzgebiet.

„Anfang 2008 erblickte ich zum ersten Mal einen so genannten geschnürten Trab“, erinnert sich der Mann von der Bundesforst, der wenig später auch einen perfekten Einzelabdruck dokumentieren konnte. Die Spuren häuften sich und im Mai desselben Jahres sah Klaus Peter Hurtig den Grauen mit eigenen Augen. In den darauffolgenden Jahren wurden Risse, Spuren, Haare und Losungen gefunden und 2010 startete ein gezieltes Monitoring bei dem auch Fotofallen zum Einsatz kamen. Ab Juni 2012 konnte der Paarstatus nachgewiesen werden.

2013 tappten dann tatsächlich sechs Welpen in die Fotofalle. Bilder vom Nachwuchs, und somit den unanfechtbaren Beweis ihrer Existenz, gibt es auch aus den Jahren 2014 und 2015. Während seines Vortrages im Naturparkhaus präsentierte Hurtig topaktuelles Bildmaterial, das erst letzte Woche in der Annaburger Heide per Wildkamera aufgenommen wurde. Es zeigt drei Welpen. Ob es auch mehr sind, ist nicht gesichert und wird sich vielleicht beim diesjährigen Monitoring zeigen.

Gesichert hingegen sieht Klaus Peter Hurtig die Tatsache, dass die Wolfsdichte in der Annaburger Heide aus Platzgründen und vom Nahrungsangebot her nicht zunehmen werde. Ähnlich wie die Welpen in der Glücksburger Heide wird sich auch der Annaburger Nachwuchs spätestens in zwei Jahren das elterliche Revier verlassen. (mz)

Das Foto zeigt einen Wolf von 2010 in der Annaburger Heide aus Hurtigs Bestand.
Das Foto zeigt einen Wolf von 2010 in der Annaburger Heide aus Hurtigs Bestand.
Nyari/Archiv