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Eröffnung in Kemberg Eröffnung in Kemberg: Greifbarer Wandel im Kemberger Stadtturm

Von Karina Blüthgen 14.09.2020, 10:23
105 Bildpaare mit historischen und aktuellen Ansichten sind im Kemberger Stadtturm ausgestellt. Die Eröffnung stieß auf großes Interesse.
105 Bildpaare mit historischen und aktuellen Ansichten sind im Kemberger Stadtturm ausgestellt. Die Eröffnung stieß auf großes Interesse. Heike Beck

Kemberg - Es dauert nicht lange, da sind die ersten Erinnerungen geweckt beim Anblick der alten Fotos aus der Kemberger Innenstadt. Zum Beispiel bei den zwei alten Häusern entlang der Leipziger Straße, die dem Ausbau der Kuhgasse weichen mussten. Von einstigem Glanz ist das Haus Kreuzstraße 20 weit entfernt. Der einstige Sitz des „Consum-Verein Kemberg und Umgegend eGmbH“ steht heute leer und zeigt sein nacktes Fachwerk.

Gegenüberstellungen von früheren mit jetzigen Ansichten haben immer etwas Faszinierendes. Veränderungen, die sonst von den Menschen kaum bemerkt werden, sind plötzlich mit Wucht deutlich. Da macht die neue Ausstellung im Stadtturm „Kemberg einst und heute“ keine Ausnahme. Etwa 105 Bildpaare hat Günter Böhme, Betreuer des historischen Stadtarchivs, ausgewählt, viele sind Leihgaben von Kemberger Einwohnern. Die neuen Aufnahmen hat Böhme im zeitigen Frühjahr aufgenommen.

Unfassbar viel Mühe

„Er hat sich unfassbar viel Mühe gemacht, die Infos zu den Gebäuden herauszusuchen“, ist die Vereinsvorsitzende Heike Beck voll des Lobes angesichts der immensen Arbeit, die Böhme in die Beschreibung der Bilder investiert hat. Alte und neue Nummerierung, Vorbesitzer, Details zu Gewerbe und Handel - all das macht die Schau zu einer Fundgrube in Sachen Häuser-, Familien- und Unternehmensgeschichten.

Am Sonnabend zur Ausstellungseröffnung geht es zuerst ins Freie, das hat der Kemberger Stadtturm noch nicht so oft gesehen. Doch der Kultur- und Kunstverein hat das perfekte Wetter für die Gäste bestellt, so dass die Umsetzung des Hygienekonzeptes keine Probleme bereitet. Peter Hildebrandts musikalische Umrahmung begeistert trotz des Windes, und drinnen heißt es wie überall Abstand halten sowie Mund und Nase bedecken.

Ursprünglich hatte die Ausstellung „Kemberg einst und heute“ die Veranstaltung zum Jubiläum der Rückkehr des historischen Stadtarchivs begleiten sollen. „Die bildnerischen Darstellungen sollten eine schöne Ergänzung zum Schriftgut sein“, sagt Günter Böhme. Überhaupt sei es wichtig, alte Fotos aufzubewahren. „Solche historischen Aufnahmen sind Zeitzeugnisse. Sie sind genauso archivwürdig wie Schriftgut, auch wenn sich die Qualität des Bildmaterials mit der Zeit verschlechtert hat oder die alten Amateuraufnahmen etwas unscharf sind.“

Die alten Bilder würden helfen, frühere Bauzustände der Gebäude oder besondere Ereignisse im Ort vor dem Vergessen zu bewahren. Er hoffe, dass in Zukunft kaum noch Zeitzeugnisse wie diese in einem Container entsorgt werden, so Böhme. Kembergs Ortsbürgermeisterin Birgit Tauscher zeigt sich nach dem Rundgang begeistert. „Diese Ausstellung ist unbezahlbar. Allein wenn man sieht, wie sich vieles verändert hat“, schwärmt sie.

Zuweilen bleibt Staunen

Ob das Innere der Stadtkirche und des Schützenhauses oder ein altes Pulverhäuschen, das in die Stadt umgesetzt und restauriert ist - man kommt aus dem Staunen oft nicht wieder heraus. Das Haus von Uhrmachermeister August Gräfe steht da noch in der Leipziger Straße, bevor er 1909 seinen Wohn- und Geschäftssitz nach Wittenberg verlegte.

Die Eröffnung lässt aber auch Raum für persönliche Erinnerungen. Eine Kembergerin weiß noch, dass sie als Kind mit anderen am Friedhofsberg gerodelt ist und sie immer von der Wand des Ziegenstalls des Hauses Burgstraße 1 gebremst wurde. „Die Ziegen sind immer erschreckt worden“, erzählt sie. Das Haus ist längst abgerissen, die Erinnerung daran ist jedoch geblieben.

Einige Jubiläen wurden nicht gefeiert

Die Ausstellung „Kemberg einst und heute“ Teil 3 ist bis einschließlich 18. Oktober im Stadtturm an der evangelischen Kirche zu sehen. Geöffnet ist sie samstags und sonntags zwischen 15 und 17 Uhr. Außerhalb dieser Zeiten ist ein Besuch nach telefonischer Voranmeldung beim Kultur- und Kunstverein Kemberg unter der Nummer 034921/2 06 41 möglich.

Geplant war die Schau ursprünglich bereits für April und Mai. Doch Corona hat dem Kultur- und Kunstverein Kemberg, der in diesem Jahr sein 25-jähriges Bestehen feiern wollte, einen Strich durch die Rechnung gemacht. Dem Virus zum Opfer gefallen ist auch die Veranstaltung anlässlich der Rückkehr des historischen Stadtarchivs vor 20 Jahren.   (mz)