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Gefahr in der Natur Eichenprozessionsspinner: Kreisverwaltung Wittenberg erlaubt Hubschraubereinsatz im Wörlitzer Gartenreich

Von Marcel Duclaud 30.03.2017, 15:04
Erneut soll in diesem Jahr zum Kampf gegen den Eichenprozessionsspinner gestartet werden.
Erneut soll in diesem Jahr zum Kampf gegen den Eichenprozessionsspinner gestartet werden. Archiv/Klitzsch

Wittenberg - Im Wörlitzer Gartenreich hat sich der Eichenprozessionsspinner ausgebreitet - und zwar in einem solchen Maße, dass er dringend bekämpft werden muss, weil die Brennhaare des Insektes bekanntlich ein Gift enthalten (Thaumetopoein), das nicht ganz ungefährlich ist.

Es wird bei Berührung freigesetzt und kann bei Menschen zu Hautausschlag führen oder, im schlimmeren Fall, zu Atemproblemen. „Die Auswirkungen können sogar lebensbedrohlich sein“, merkt Amtsarzt Michael Hable an. Der Landkreis ist dafür zuständig, den rechtlichen Rahmen zu schaffen, um gegen die Eichenprozessionsspinner vorzugehen.

Er genehmigt auch das Bekämpfungsmittel - im Falle des Gartenreiches „Foray Es“ oder „Dipel Es“, der in beiden Mitteln enthaltene Wirkstoff nennt sich Bazillus thuringiensis subspecies kurstaki. Ein Bakterium, so Hable, das gezielt gesprüht und von den Raupen aufgenommen werden soll, die daran sterben.

Bazillen gegen die Larven: Berührung kann lebensgefährlich sein

Im vergangenen Jahr hat die Kulturstiftung im Wörlitzer Gartenreich eine Zählung veranlasst - welche Bäume wie stark befallen sind von dem gefürchteten Forstschädling, der letztlich auch dazu führen kann, dass die Eichen absterben.

Das Ergebnis ist offenkundig alarmierend: „Der Befall hat stark zugenommen. Es muss etwas getan werden, um die Bevölkerung zu schützen“, betont der Leiter des Fachdienstes Gesundheit.

Atemnot und Hautreizung: Das sind die Einsatzorte des Hubschraubers

Fest steht bereits, wo ein Hubschrauber aufsteigen soll, um die jeweils betroffenen Eichen zielgenau zu besprühen: Es handelt sich um:

Behandelt werden nach Informationen der Verwaltung insbesondere frei stehende Bäume und solche am Waldrand, jene „mit besonderer Gefährdungslage für die menschliche Gesundheit“.

Noch unklar ist hingegen, wann genau die Kulturstiftung die Hubschrauber bestellt. Das hängt davon ab, wie sich die Entwicklung der Tierchen vollzieht. Momentan befinden sie sich noch im Ei-Stadium, sagt der Experte, Frank Hünefeld von der Unteren Naturschutzbehörde.

Fünf Larvenstadien: Brennhaare werden verwirbelt

Die Raupen schlüpfen, wenn es etwas zu fressen gibt, wenn sich also die Blätter bilden. Laut Hünefeld gibt es fünf Larvenstadien. Kritisch (für den Menschen) wird es ab der dritten Häutung, dann nämlich bilden die Raupen die kurzen, etwa 0,1 bis 0,25 Millimeter langen Brennhaare, die leicht abbrechen und „in der Luft verwirbelt“ werden können.

Meldungen über befallene Bäume aus anderen Regionen des Kreises halten sich derzeit in Grenzen, hieß es am Donnerstag bei einem Pressegespräch im Landratsamt. Zuständig sind allerdings die Ordnungsämter der Städte beziehungsweise die Grundstückseigentümer. Im vergangenen Jahr sind rund 900 Bäume im Kreis vom Eichenprozessionsspinner befreit worden. Billig ist das nicht: Wenn ein Hubschraubereinsatz nicht lohnt und die Raupen abgesaugt werden, können pro Baum stattliche Summen fällig werden.

Dass Menschen behandelt werden müssen, die mit Brennhaaren der Eichenprozessionsspinner in Kontakt kamen, sei so selten nicht. Amtsarzt Michael Hable: „Es gibt auch in Wittenberg hin und wieder Fälle von Hautausschlag und Atemproblemen.“

Wann im Gartenreich auf biochemischem Weg gegen die „Spinner“ vorgegangen wird, soll kurzfristig bekannt gegeben werden.

Denn zur Sicherheit sollte Abstand gehalten werden. Während und bis zwölf Stunden nach der „Behandlung“ ist das Betreten der Flächen verboten, die müssen abgesperrt werden.

Betreten verboten: Flächen sind bis zu 24 Stunden gesperrt

Für die Zeit des Einsatzes können, teilt die Wittenberger Kreisverwaltung mit, Straßen, Wege und Freiflächen bis zu 24 Stunden gesperrt werden. Unmittelbare Anwohner sollten Türen und Fenster geschlossen halten - während des Einsatzes und bis zu sechs Stunden danach. Nicht gesprüht werden darf im Übrigen bei Regen und starkem Wind.

Dass im Vorfeld eine Umweltverträglichkeitsprüfung stattgefunden hat, betonen Hable und Hünefeld. Denn die Auswirkungen auf anderes Getier - etwa Schmetterlinge, Käfer oder sonstige Insekten - sollen natürlich begrenzt werden. Im Übrigen ist es nicht die erste Aktion im Gartenreich, um dem Eichenprozessionsspinner Einhalt zu gebieten.

Die letzte, weiß Michael Hable, fand 2012 statt. Dass sich die „Spinner“ trotzdem wieder ausbreiten, hat damit zu tun, dass ja längst nicht alle befallenen Bäume besprüht werden. Die Falter flattern dann auch wieder auf jene Eichen, wo das Bekämpfungsmittel eingesetzt wurde.

Außerdem erwischt es meist nicht alle Raupen, „bis zu 80 Prozent werden abgetötet“, sagen die Experten. Die Bekämpfung helfe für die Saison, sei aber keine Dauerlösung. Dass sich die Eichenprozessionsspinner so stark ausbreiten in den vergangenen Jahren, habe, erklärt Hable, mit dem Klimawandel zu tun: mit zu viel Wärme und Trockenheit. (mz)

Raupen des Eichenprozessionsspinners
Raupen des Eichenprozessionsspinners
Archiv/Christel