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Die Weihnachtsmacher Die Weihnachtsmacher: Frank Franke aus Wörlitz brennt Gin

Von Andreas Behling 10.12.2020, 11:41
Frank Franke präsentiert stolz seine Produkte.
Frank Franke präsentiert stolz seine Produkte. Andreas Behling

Wörlitz - „Wörlitzer Spirituosen Manufaktur“ ist in großen Lettern auf dem Schild eingebrannt. Es sollte zum ersten Advent über der Toreinfahrt hängen. Wegen der angespannten Corona-Lage und der daraus folgenden Absage des beliebten Marktgeschehens in der Parkstadt musste Frank Franke darauf verzichten, die Gäste ins Domizil an der Erdmannsdorffstraße zu locken. Dort hätten sie an etwas anderem als Glühwein oder Punsch nippen können.

Eigentlich Weintrinker

Franke, von Beruf Diplom-Ingenieur, ist unter die Gin-Brenner gegangen. Die Spirituose, deren Hauptbestandteil der Wacholder ist, der im Französischen „Genévrier“ genannt wird, hat es ihm angetan. „Obwohl wir eigentlich Weintrinker sind“, sagt er schmunzelnd in Richtung seiner Frau Kerstin.

Wer zum Gin eine Suchmaschine anschmeißt, gerät ins Staunen, wie viele mehr oder weniger effektheischenden Sprüche zu dem Getränk aus den Tiefen des Internets auftauchen. „Das ist mal eine ginvolle Idee“, lautet einer.

Nur: Den Gedanken zu haben, sich dem Gin und weiteren Destillaten zu widmen, ist schön und gut. Die Idee dann umzusetzen, ist eine andere Sache. „An einem Nachmittag ist das nicht getan“, weiß Frank Franke. Es gehe ja um mehr als das Produkt und seine Entwicklung. Am Ende müsse auch das Marketing zu ihm passen. Insofern lag es nahe, nicht nur regionale Zutaten zu verwenden, sondern offensiv mit dem lokalen Faktor zu werben.

Folgerichtig heißen die „Ur-Gins“ aus Frankes Manufaktur „Fürst Franz“ und „Fürstin Luise“. Die Etiketten zieren - über den Namen hinaus - die stilisierten Abbilder des Vesuvs und der Villa Hamilton auf der nahen Felseninsel im Park. Und nahezu poetisch wird beschrieben, was der Genießer vor Augen haben sollte, wenn er den Gin im Munde spürt: den Geschmack der Früchte des Waldes und der Landschaft Anhalts. Geprägt von Wacholder, Rosmarin und Pinus-Noten im Falle von „Fürst Franz“.

Bei der „Fürstin Luise“, erinnernd an Franzens Gattin Luise von Brandenburg-Schwedt, sind es die fruchtig-floralen Anklänge an Apfel, Pflaume, Holunder, Ingwer, Rosenblüten und Hibiskus. Bis die Kreationen mundeten, wurden einige Mischungen „ausgespuckt und aussortiert“, so Frank Franke. Pro Gin, schätzt er, habe es bestimmt 40 Probeläufe gegeben. „Bei den Versuchsdestillationen in kleinen Mengen geht es tatsächlich nach Versuch und Irrtum.“

Feinwaage und Geduld

Seine Leidenschaft und vielleicht ein bisschen „eine Macke“, verrät er, sei schon immer gewesen, zu experimentieren und Dinge selbst zu entwickeln. Wichtig als Destillateur seien Präzision - um die Zutaten mit der Feinwaage gut abzumessen - und Geduld. Weil auch der Gin seine Ruhezeiten benötigt.

Als der Anfang gemacht war, ergänzten gleichwohl schon in ziemlich kurzer Folge weitere Gins die Palette. So der „Wörlitzer Vulkan“, der mit Pfeffer und Ingwer einen feurig wärmenden Auftritt im Gaumen verspricht und mit einem echten Vulkanstein - „Wir haben uns extra einen großen Block aus der Eiffel besorgt.“ - versehen ist.

Wer es einen Tick weniger temperamentvoll und ungestüm mag, hat gleichfalls die Wahl. Entweder er greift zu einer Flasche „Franz Inspiration“. Dann freilich bekommt er es mit einer im Barrique-Fass gereiften Spirituose zu tun, die einen Alkoholgehalt von 44 Prozent besitzt. Oder er gönnt sich eine Steigerung. Denn der „FF“ hat sogar 57 Prozent.

Einen solchen Wert bezeichnen die Spezialisten als „over-proof“. Naturgemäß werde es von diesen beiden Sorten nur wenige Flaschen im Jahr geben, sagt Frank Franke, dessen Initialen - nomen est omen - gleichfalls „FF“ lauten.

Mit Schreckensmoment

Für den Wörlitzer gehören Rückschläge zum Handwerk. Da landeten mal Etiketten für die Viertelliter-Flasche auf denen, in die ein halber Liter passt. „Zum Glück hatten wir sie noch nicht nummeriert.“ Und eine geeichte Spindel, mit der ein Brenner den Alkoholgehalt bestimmt, rollte vom Tisch und zerbrach auf den Fliesen. „Das passierte alles irgendwie in Zeitlupe. Ich saß aber da wie paralysiert“, beschreibt Frank Franke den Schreckensmoment.

Es sind Hürden, die genommen wurden. Längst gibt es Pläne, Liköre und Brände auch im Auftrag zu produzieren. Das könnten zum Beispiel Firmen sein, die ein besonderes Geschenk benötigen oder ein Jubiläum feiern. Nach überstandener Corona-Pandemie soll es zudem Probierabende geben. Und Kerstin Franke kann sich sehr gut vorstellen, Präsentkörbe mit lokalen Produkten anzubieten. Ein Fläschchen Gin aus der Wörlitzer Manufaktur wird in denen natürlich nicht fehlen.

›› Im Internet ist die Manufaktur nebst Shop zu finden unter http://www.woerlitzerspirituosenmanufaktur.de

Maßeinheit der Seefahrer

„Proof“ bezeichnet eine alte Maßeinheit für den Alkoholgehalt einer Spirituose. Im 18. Jahrhundert überprüften („proof“ im Englischen) die Seefahrer die ihnen zustehenden Rationen auf verwässerten Rum. Dazu entzündeten sie Schießpulver, das sie zuvor in der Spirituose getränkt hatten. Loderte eine blaue Flamme auf, bekam es den Wert 100 Degrees Proof und war somit in Ordnung. Brannte es nicht, war es minderwertig („under proof“). Brannte es hingegen mit gelber Flamme, hatte der Rum einen höheren Alkoholgehalt und war „over-proof“ - sozusagen „über dem Beweis“ - und besser als der angestrebte Wert.

Die Serie „Weihnachtsmacher“ stellt Handwerker, Künstler und Händler vor, die mit ihren Ideen Geschenke fertigen, wo sie zu finden sind und was sie bereithalten. Vom Corona-Jahr betroffen, fallen nun noch die Adventsmärkte weg, auf denen sie Geschenke verkauft hätten. Zudem geht es um Menschen, die Zeit schenken. (mz)

Fürstliches mit Vulkan
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