Archäologie bei Kemberg Archäologie bei Kemberg: Schätze werden als Buch vorgestellt

Kemberg - „Das war und ist ein schönes Projekt.“ Noch heute ist Louis D. Nebelsick die Begeisterung anzumerken, die ihn mit der Grabung in Kemberg verbindet. Wegen der Nässe im Boden sei es nicht angenehm gewesen, erinnert sich der Professor, der für das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in Sachsen-Anhalt sowie die Universität Warschau tätig ist. Doch ohne das Wasser hätte es die spektakulären Funde 2014 nicht gegeben.
Seltene Eile
Über die Grabung selbst, ihre Vorgeschichte und die Funde ist nun ein Buch erschienen, das am Donnerstag in Kemberg viel Interesse findet. Doch „Über den Wallrand geschaut“, herausgegeben vom Landesarchäologen Harald Meller und von Nebelsick, ein Begleitheft zu nennen, ist bei 300 Seiten eine glatte Untertreibung.
Auch dass es „in selten erreichter Eile“ (so heißt es in einem Vorwort) nur viereinhalb Jahre nach der Grabung gedruckt vorliegt, ist in Archäologenkreisen eher ungewöhnlich.
Die Ausgrabung am früheren Burgwall Kemberg fand vom 8. bis 26. September 2014 statt. 13 Studenten und Wissenschaftler aus Deutschland und Polen legten in der Nachbarschaft des heutigen Friedhofs auf Privatgelände zwei Schnitte an. Dokumentiert wurden 50 Befunde und 7.702 Einzelfunde. Unter anderem wurde Keramik der Lausitzer Kultur geborgen. Das Besondere ist ein Holzrost, der dank der guten Erhaltung eine zeitliche Datierung der Anlage erlaubt. Diese führt in die späte Bronze- und frühe Eisenzeit (etwa 1000 bis 800 vor Christus), der Kemberger Burgwall ist damit die älteste eindeutig datierte Befestigung Mitteldeutschlands aus dieser Zeit. Dass an der Stelle etwas zu finden ist, hatte eine Rettungsgrabung 2009/10 ergeben, bei der bereits erhaltene Bauhölzer zutage traten.
Die Stimmung ist gelöst an diesem Tag im Kemberger Rathaussaal. „Was hier zutage gefördert wurde, hat unsere kühnsten Erwartungen übertroffen“, lobt Kembergs Bürgermeister Torsten Seelig (CDU) die unerwartete Werbung für die Stadt. Dabei bekennt er ehrlich, im Vorfeld nicht gerade begeistert gewesen zu sein, als der Anruf der Archäologen kam.
Doch dann seien die Funde gekommen und 2015 eine wunderschöne Ausstellung. „Ich würde mich freuen, wenn es weitergeht“, so Seelig.
„Es ist nicht selbstverständlich, dass eine Stadt so hinter der Archäologie steht wie Kemberg“, macht auch Alfred Reichenberger, stellvertretender Landesarchäologe, am Donnerstag deutlich. Mit Freude nimmt er zur Kenntnis, dass im alten Museum, das saniert und zur kulturhistorischen Begegnungsstätte umgestaltet werden soll (so Fördermittel kommen) ein Raum diesen Ausgrabungen gewidmet wird. „Wir werden Sie da unterstützen, fachlich und inhaltlich“, verspricht Reichenberger.
Interessiert an jeder Grabung zeigt sich die Ganztagsschule „Ernestine Reiske“. Zwar sind jene Schüler, die einst bei der Grabung zugeschaut und ihre Ideen zum Burgwall in die Ausstellung eingebracht haben, längst aus der Schule heraus. Doch Heike Beck als stellvertretende Schulleiterin hat wieder einige Siebtklässler zur Buchpräsentation mitgebracht. Dass es in diesem oder im nächsten Jahr weitere Grabungen geben soll, hört nicht nur sie mit großem Interesse.
Ermunterung an Schüler
Bürgermeister Seelig ist überzeugt: „Ihr werdet hier noch viele andere Sachen finden. Sagt nur rechtzeitig Bescheid, wann ihr kommt.“ Louis D. Nebelsick bittet die Schüler, möglichst zeitig die Grabungen zu begleiten. „Gucken und fragen könnt ihr immer“, ermuntert er die jungen Leute. Als Archäologe werde er sich weiter in Kemberg engagieren. „So etwas lässt man nicht brach liegen.“ Wichtig sei, die Feuchtigkeit im Boden zu halten, wegen des Holzes. Seelig nickt: „Das kriegen wir schon hin.“
Harald Meller und Louis D. Nebelsick (Hrsg.): Über den Wallrand geschaut; Reihe Kleine Hefte zur Archäologie in Sachsen-Anhalt Nr. 15/2018; 299 Seiten mit vielen Abb.; ISBN 978-3-944507-69-9; 18 Euro
(mz)