TuS Hergisdorf: TuS Hergisdorf: 125-jähriges Jubiläum gefeiert

Ahlsdorf - Scheinbar mühelos sehen Überschlag, Handstand und weitere knifflige Turnübungen der Mitglieder des Turn- und Sportvereins (TuS) Hergisdorf für den Betrachter aus. Dahinter steckt ehrgeiziges Training. Zweimal wöchentlich bis zu zwei Stunden. „Bei Wettkampfsportlern findet mindestens noch eine zusätzliche Übungseinheit statt“, erzählt Irene Bittner.

Turnen in Hergisdorf besitzt Tradition. Seit 1891 bis in die Gegenwart und damit seit nunmehr 125 Jahren. Zur Festveranstaltung am Samstag im Kulturhaus Ahlsdorf nahmen gut ein Dutzend der routinierten Trainer und Nachwuchsturner Position auf der Bodenmatte, Stufenbarren, am Reck oder am Schwebebalken ein.

Hoch oben auf dem Schwebebalken fühlt sich beispielsweise die zwölfjährige Irene Bittner wohl. Die Arme ausgebreitet, sind ihre Bewegungen im Fokus der rund 100 Gäste. Die Beine zittern leicht, während die Turnerin ihren Oberkörper nach vorn beugt und das hintere Bein parallel dazu anhebt.

Unter tosendem Beifall demonstriert Irene Bittner ein hohes Maß an Gleichgewichtssinn und Sportlichkeit – gekrönt von einem Sprung auf dem Balken. Die Nachwuchsturnerin ist gut, hat in diesem Jahr den dritten Platz bei den Landesmeisterschaften in Sachsen-Anhalt am Schwebebalken erzielt.

Gleichzeitig ist sie unter den knapp 60 Mitgliedern eine von fünf Wettkampfsportlern. „Sie und ihr Bruder haben bereits 21 Medaillen gewonnen“, erzählt Vater Fred Bittner, der Vereinschef. Irenes zwei Jahre älterer Bruder Michael war darüber hinaus schon fünfmal Landesmeister im Mehrkampf.

Selbst zur Festveranstaltung stellte der 14-Jährige einen vereinsinternen Rekord auf. 46 mal – Vereinsmitglieder und Besucher haben mitgezählt – schwang er seinen Körper mit Muskelkraft über einen Turnpilz. Turnbeiträge, die Respekt verdienen. Doch nicht immer erhalte der Turnsport die Anerkennung, die er verdiene, so Bittner. „In keinem anderen Sport arbeiten sie so lange auf einen Olympiasieg beziehungsweise gute Leistungserfolge“, meinte der Vorsitzende, der seit 2015 den Chefposten besetzt.

In welcher Weise dem Verein ein höheres Maß an Anerkennung und Wertschätzung gezollt werden könnte, weiß der Vorsitzende sofort: Mit einer größeren Trainingsstätte. Ein altbekanntes Problem, das bereits vor 15 Jahren bestand.

Gesucht werde eine Sportstätte, in der die Sportgeräte nicht stets auf- und wieder abgebaut werden müssten. „Der Bock ist heute ein Sprungtisch, der einen Zentner wiegt. Genauso ist es beim Stufenbarren. Steter Auf- und Abbau ist da einfach nicht zumutbar“, betont Bittner. Hätte er einen Wunsch frei, wünschte er sich eine Sportstätte, die so groß ist wie der Saal des Ahlsdorfer Kulturhauses.

Auch wenn das Utopie bleibt, mit den jetzigen rund 75 Quadratmetern bleiben einige Turnelemente einfach auf der Warteliste stehen. „Dabei hat das Turnen Zukunft, weil es auf das Leben vorbereitet, Charakterzüge wie Disziplin, Ausdauer und Mut herausbildet“, ist sich Tobias Löhmann sicher. Mit acht Jahren hat der Ahlsdorfer sich dem Turnen gewidmet, war vom neunten bis 17. Lebensjahr Wettkampfsportler und ist heute einer von drei Trainern. Sein größter Erfolg: Der Vizelandestitel am Pauschenpferd.

Wie die Zukunft des TuS aussieht? Die liegt wohl eher in der Breite, meinen Bittner und Löhmann. Dabei denken sie an Sportgruppen wie Gymnastik und Aerobic. Dazu fehlten jedoch (noch) die Übungsleiter. In den 1990er Jahren – erinnert sich Bittner – habe man mit rund 100 Mitgliedern und Gruppen wie Schach, Kegeln und Frauengymnastik den mitgliedertechnischen Höchststand erreicht.

Heute gehören zum TuS neben den mehr als 20 Turnern (davon 17 Kinder) auch die Armwrestler. „Damit sind wir schon gut aufgestellt“, meint der Vereinschef. Für eine höhere Zukunftsfähigkeit sollten nun aber wieder verstärkt weitere Sportabteilungen hinzukommen.

Für die ersten 125 Jahre Turnsport gratulierte indes Ute Vogel vom Landesturnverband. „Die meisten Turnvereine im Land sind 100 Jahre alt. 125 ist schon sehr selten“, lobte sie das Engagement der Vereinsmitglieder, stetig um das Aufrechterhalten des Turnsports in Hergisdorf bemüht zu sein. Knapp 50 Vereine im ganzen Land bestünden nach ihrer Schätzung mehr als ein Jahrhundert. Eine Rarität und Kostbarkeit, an welcher der Mansfelder Grund hängt. (mz)

Mehr zum Verein im Netz unterwww.tus1891-hergisdorf.de