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Flaute bei Autohändlern Mansfeld-Südharz: Holpriger Start für die Autohändler der Region in der Corona-Krise

Von Christopher Braemer 11.06.2020, 05:00
Wartet auf Kunden: Autohändler Hratsh Sarkis in der Gerbstedter Straße in Eisleben betreibt den Autogarten Eisleben.
Wartet auf Kunden: Autohändler Hratsh Sarkis in der Gerbstedter Straße in Eisleben betreibt den Autogarten Eisleben. Jürgen Lukaschek

Eisleben/Hettstedt - Schrille Plakate schmücken die Hallesche Straße in Eisleben, mit Slogans wie „Wir kaufen Ihr Auto! Seriös, schnell, unkompliziert“ oder mit „Hole ab - zahle bar“ werben die Autohändler. Doch es hilft nichts, erzählt Matthias Zilge, Autohändler in Röblingen am See. „Es ist eine schwere Zeit, die Kunden halten sich zurück“, sagt Zilge. Seit 20 Jahren handelt er mit Gebrauchtwagen. Viele potenzielle Käufer seien derzeit wegen Corona in Kurzarbeit oder gänzlich ohne Job und wollen dann plötzlich noch ein halbes bis dreiviertel Jahr mit dem Verkauf warten.

Mansfelder Land: Autohändler in der Corona-Krise

Der Konkurrenz geht es ähnlich: Knapp 50 Gebrauchtwagen hat Safet Sadriu im Angebot, aber daran ist die seit Monaten anhaltende Flaute nicht festzumachen. „Es kommt einfach keiner, das Geschäft steht seit März still“, sagt der Händler, den es vor 14 Jahren aus dem Kosovo nach Eisleben zog.

Anfang Mai durfte er sein Geschäft in Eisleben wieder öffnen, nur um festzustellen: „Die Leute sind verunsichert.“ Täglich von 9 bis 18 Uhr arbeitet ein Verkäufer im Geschäft an der Halleschen Straße, aber seit 1. März hat er nur vier Wagen verkauft. „Die Auswirkungen der Corona-Krise auf den Autohandel machen sich weiterhin überdeutlich bemerkbar“, bestätigt der Bundesverband freier Kfz-Händler. Im Mai wurden nach Aussage des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes nur knapp 170.000 Neuwagen zugelassen, im Vormonat April waren es noch doppelt so viele Zulassungen. Immerhin: Bei den Gebrauchtwagen waren es nur knapp 14 Prozent weniger Zulassungen im Mai.

Autohandel: Preise sind stark gefallen

„Das Geschäft ist schwer, die Leute denken an die alten Preise und halten sich noch zurück“, sagt Jörg Messerschmidt aus Sangerhausen. Seit 30 Jahren ist der Gebrauchtwagenhändler im Geschäft. Der Chef von J&T Autohandel hofft auf Besserung. Im Mai hat er die Türen coronabedingt wieder geöffnet, doch bereits seit Beginn des Jahres hat er deutlich weniger verkauft. „Die Preise sind stark gefallen“, auch das könnte Kunden abschrecken.

Früher hätte man sein Auto in gutem Zustand schon mal für 10.000 verkauft, heute sind es höchstens 7.000 Euro. Gleiches gilt umgekehrt für den Kauf von Gebrauchtwagen. „Wer weiß, worauf er achten muss, der kann momentan viele Schnäppchen machen“, sagt Messerschmidt. Eine umfangreiche Sammlung an Tipps für den Gebrauchtwagenkauf für Privatpersonen hat der ADAC aufgelistet.

Für den Gebrauchtwagenkauf hat der ADAC folgende Tipps:

1. Bei der Besichtigung gilt: Vier Augen sehen mehr als zwei, dazu kann eine Checkliste helfen, auf Wichtiges zu achten.

2. Auf Probefahrt bestehen: Zu beachten sind Geräusche beim Schalten, Bremsleistung und ob das Auto die Spur hält.

3. Unfallschäden entdecken: Unterschiedlicher Lack oder Spaltmaße an Türen, Kotflügeln und Heckklappe weisen auf Schäden hin.

„Die Lage ist schwierig, die Leute sind zurückhaltend und wollen die Krise abwarten“, sagt Thomas Lang, Chef von Autohaus Hosse. Er ist seit 26 Jahren im Geschäft in Sangerhausen. Die Leute hätten zunächst auf die Kaufprämie gewartet, die nun vom Tisch ist. Nur warten sie auf die Folgen der geplanten Mehrwertsteuersenkung ab 1. Juli, weiß der Experte. „Dazu kommt dass viele in Kurzarbeit oder von Arbeitslosigkeit bedroht sind“.

Skoda-Autohaus in Eisleben beendet Durststrecke

„Was im März und April nicht verkauft wurde, das haben wir im Mai nachgeholt“, sagte Verkaufsleiter Marco Pfaffe vom Skoda-Autohaus Liebe in Eisleben der MZ. „Wir haben im Mai 70 Prozent mehr verkauft als im gleichen Monat im Vorjahr. Das zeigt, dass es nach der Corona-Krise endlich weiter geht“, sagt Pfaffe. Er muss es wissen, seine Firma betreibt neun Autohäuser in Sachsen-Anhalt, Sachsen, Niedersachsen und Thüringen.

Der Kauf eines Neu- oder Gebrauchtwagens beim Autohändler in diesen Zeiten soll sich lohnen, dafür hat die Regierung mit ihrem jüngsten Beschluss gesorgt. Das neueste Hilfspaket umfasst unter anderem eine befristete Senkung der Mehrwertsteuer um bis zu drei Prozent, dazu kommt die E-Auto-Prämie der Regierung. Eine weitere Maßnahme für mehr Nachhaltigkeit im Straßenverkehr: In Zukunft müssen Spritschlucker mehr Kfz-Steuer zahlen. Eine „konjunkturell sehr zweifelhafte Maßnahme“ nannte Thomas Peckruhn, Vizepräsident des Verbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe die E-Auto-Prämie, weil sie Benziner und Diesel ausschließt.

„Ich gucke nur, kann mir eh keinen leisten“

Nach der Wiedereröffnung der Autohäuser Ende April bleiben die Kunden weiter zurückhaltend. „Ich gucke nur, kann mir eh keinen leisten“, sagt Paul Thoma (Name von der Red. geändert) vor einer Reihe Neuwagen. Seit April ist der Angestellte in Kurzarbeit, sein Betrieb - der Lebensmittelhersteller Aryzta - ist mit über 1.500 Mitarbeitern einer der größten Arbeitgeber der Region. Dabei hätte Thoma einen neuen Wagen dringend nötig. Sein Fahrzeug, 2003er Baujahr, plagt ein Motorschaden. Vor einem möglichen Neukauf muss der Angestellte die Corona-Krise überstehen, er hat Familie und Angst um seine Festanstellung.

„Bei uns gibt es viele Kaufanreize, aber Kunden in Kurzarbeit oder ohne Arbeit lockt das nicht“, sagt Pfaffe im Autohaus Liebe. Natürlich gebe es Händler, die mit der Corona-Angst spielen. Mit Barankauf und Sofortabholung könne der Preis deutlich gedrückt werden, meint Pfaffe. Seiner Meinung kommt es jetzt vor allem auf Transparenz und Fairness an, um die Krise zu meistern. Auch von Seiten der Kunden, die von der Krise der Händler profitieren. (mz)