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Krötenwanderung beginnt Krötenwanderung beginnt: Wie paarungswillige Tiere vor dem Überfahren geretten werden

Von Helga Koch 09.04.2018, 13:58
Emma Carl (vorn) und Karin Rost bauen zwischen Wickerode und Questenberg einen Amphibienzaun auf, gegenüber liegt die Nasse.
Emma Carl (vorn) und Karin Rost bauen zwischen Wickerode und Questenberg einen Amphibienzaun auf, gegenüber liegt die Nasse. Maik Schumann

Questenberg - Die Arbeit geht flink von der Hand. Der grüne, vielleicht 40 Zentimeter hohe Krötenschutzzaun ist entlang der Straße zwischen Wickerode und Questenberg ausgerollt. Karin Rost und Emma Carl, die ein Freiwilliges Ökologisches Jahr absolviert, schlagen die Erdnägel ein. „Die Straße ist neu gemacht worden“, sagt Karin Rost, stellvertretende Leiterin des Biosphärenreservats Karstlandschaft Südharz (Biores).

„Manchmal erwischt man steinigen Untergrund, ist aber kein Problem.“ Wo sich kein Nagel einschlagen lässt, beschweren die Frauen den unteren Rand des Zauns mit Aststücken. Nach dem langen Winter, der kein Ende nehmen wollte, und dem raschen Temperaturanstieg ist nun Eile geboten. Denn Kröten, Molche und Frösche zieht es zum Laichen ans Wasser.

Zäune sollen Frösche, Molche und Kröten vor der Straße schützen

Jenseits der Straße fließt die Nasse. Rund 650 Meter lang ist hier der Krötenzaun. Alle zehn, 20 Meter werden Eimer eingegraben, in die nachts oder in der Dämmerung die Tiere purzeln. „Im Eimer muss immer Laub sein, damit sich die Tiere drunter verstecken können und nicht austrocknen“, erklärt Rost.

„Es sind ganz einfache Baueimer. Wir bohren vier, fünf Löcher rein, damit bei Regen das Wasser ablaufen kann.“ Manchmal seien 20, 30 Tiere drin und die Eimer so voll, dass die Frösche fast wieder raushüpfen könnten.

„Wir kontrollieren die Eimer jeden Morgen“, schildert Rost. Dazu gehört, die Vertreter der einzelnen Arten zu zählen und über die Straße zu tragen, damit sie die letzten Meter bis zur Nasse gefahrlos zurücklegen können. Viele von ihnen würden sonst wohl überfahren. „Manchmal werden die Eimer geklaut und liegen ein Stück weiter auf dem Feld, wenn die Leute gemerkt haben, dass Löcher drin sind“, ärgert sich Rost.

An elf Stellen baut das Biores Amphibienzäune auf

An elf Stellen im westlichen Landkreis übernimmt das Biores den Auf- und Abbau der Amphibienzäune. Insgesamt sind das rund vier Kilometer Zaun, sagt Armin Hoch, der im Biores vor allem für Botanik, Natura 2.000-Gebiete und Monitoring zuständig ist. „Im vorigen Jahr haben wir mit den Zäunen fast 9.500 Tiere vorm Überfahren gerettet.“ Darunter waren fast 8.000 Erdkröten. „Von großer Bedeutung sind bei uns auch die Vorkommen der Moorfrösche, der Springfrösche und der Kammmolche“, sagt Hoch.

Schilder, die auf die Krötenwanderung aufmerksam machen, gibt es nicht allzu viele im Landkreis, aber immerhin Zäune. Die ersten stehen seit gut einer Woche bei Allstedt und Hackpfüffel. „In Hackpfüffel kontrolliere ich morgens, wenn ich zur Arbeit nach Roßla fahre“, sagt Rost.

„Nach der ersten Nacht waren ungefähr 150 Tiere in den Eimern.“ Rund 100 Erdkröten, etwa 40 Moorfrösche, acht Knoblauchkröten und zwei Teichmolche. Die Moorfrösche seien etwas Besonderes, erklärt sie. „Sie kommen in unserer Region nur in Hackpfüffel vor und verfärben sich in der Paarungszeit blau.“

Viel Arbeit: Schutzzäune müssen täglich kontrolliert werden

Egal, ob unter der Woche, am Wochenende oder an Feiertagen, alle Schutzzäune müssen täglich kontrolliert und abgelesen werden. Ohne die Ehrenamtler, die das Biores unterstützen, wäre das kaum zu schaffen. „Unsere Ehrenamtlichen betreuen rund 1.650 Meter Zaun“, sagt Hoch.

Das Team um Hannelore August aus Winkel kümmert sich um den Bereich am Flugplatz Allstedt, Mitglieder vom Harzklubzweigverein Hayn sind am Treuen Nachbarteich tätig, die Sangerhäuser Ökologiestation betreut ebenfalls einen Zaun. Knapp zwei Kilometer Schutzzäune bleiben für die Biores-Mitarbeiter. „Und 400 Meter werden gar nicht kontrolliert, da laufen die Amphibien durch Röhren auf die andere Straßenseite“, sagt Hoch.

Vier bis sechs Wochen dauert es erfahrungsgemäß, bis die Tiere ihre Wanderung zu den Laichplätzen abgeschlossen haben. „Vielleicht geht’s diesmal schneller“, sagt Rost, „weil es jetzt erst losgeht.“ Wenn sich über mehrere Tage keine Tiere mehr in den Eimern finden, werden die Zäune wieder abgebaut. (mz)

Eine Erdkröte im Eimer
Eine Erdkröte im Eimer
Schumann