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Viel Platz frei im Grünen Kein Corona-Trend in Mansfeld-Südharz: Warum so viele Kleingärten leer stehen

Anders als in größeren Städten hat Corona in Mansfeld-Südharz die Nachfrage nach Kleingärten nicht spürbar belebt. Dabei kostet hier eine voll ausgestattete Parzelle kein Vermögen.

Von Grit Pommer 07.03.2022, 10:38
Das kleine Idyll im eigenen Garten hat in der Pandemie ganz neue Vorzüge offenbart. Trotzdem stehen in Mansfeld-Südharz viele Parzellen leer.
Das kleine Idyll im eigenen Garten hat in der Pandemie ganz neue Vorzüge offenbart. Trotzdem stehen in Mansfeld-Südharz viele Parzellen leer. (Foto: Maik Schumann)

Sangerhausen/Eisleben/Hettstedt/MZ - Reisebeschränkungen, Ausgangssperren, leergefegte Veranstaltungskalender - in den schlimmsten Zeiten der Pandemie gab es nicht viele Möglichkeiten, um irgendwo auszuspannen. Die Nachfrage nach Kleingärten sei durch Corona gestiegen, heißt es bundesweit.

In Mansfeld-Südharz allerdings haben die Sparten nach wie vor mit Leerstand zu kämpfen, sagt Anett Hölzel, die Vorsitzende des Kreisverbands der Gartenfreunde Sangerhausen. „Die Leute, die einen Garten bewirtschaften, waren während der Lockdownphasen heilfroh, dass sie ihn haben“, berichtet sie. „Aber viel mehr Kleingärtner sind wir nicht geworden.“

Wartelisten auf Kleingärten in Halle und Leipzig

In Halle und Leipzig müsse man inzwischen bis zu zwei Jahre warten, um eine eigene Parzelle pachten zu können. In Mansfeld-Südharz indes sorgt der wirtschaftliche Niedergang in der Nachwendezeit noch heute für eine Flaute im Kleingartenwesen.

Die Abwanderung habe dafür gesorgt, dass inzwischen schon zwei Generationen potenzieller neuer Gartenpächter fehlen, sagt Hölzel. Im „Sonnenland“ in Sangerhausen, wo sie selbst einen Kleingarten bewirtschaftet, liege das Durchschnittsalter der Spartenmitglieder inzwischen deutlich jenseits der 60. Jüngere Leute, die hier in der Region wohnen, müssten nicht selten zur Arbeit pendeln. Und wenn man dann spät nach Hause kommt, fehlen oft die Zeit und der Elan, um noch was im Garten zu tun.

Regelungen auf Kirchen- oder Kommunengrundstücken

Überhaupt, die Gartenarbeit. Sie ist ein Kriterium, das bei manchem Interessenten die Lust aufs eigene Grün gleich im Keim erstickt. Die Kleingartenanlagen, die auf den Grundstücken von Kommunen, Kirche, Stiftungen und mitunter auch Privateigentümern angesiedelt sind, genießen nach dem Bundesdeutschen Kleingartengesetz den Vorzug eines besonders geringen Pachtzinses. Acht Cent pro Quadratmeter und Jahr sind im „Sonnenland“ zu zahlen.

Den Schutz vor einer höheren Pacht behalten die Sparten aber nur, wenn in den Gärten die so genannte Drittel-Regel eingehalten wird: Je ein Drittel sind für Laube plus Sitzplatz sowie als Erholungsfläche erlaubt. Auf mindestens einem Drittel der Fläche müssen aber Obst und Gemüse angebaut werden. Und das, weiß Hölzel, ist manchem schon wieder zu viel.

Viele Parzellen in Mansfeld-Südharz suchen Nachnutzer

Wobei sie selbst von den Erträgen dieser Arbeit nur schwärmen kann: „Tomaten, Kartoffeln, Radieschen, Kohlrabi - alles Öko, alles ganz frisch geerntet und so lecker, wie man es in keinem Laden zu kaufen bekommt.“

47 Vereine mit gut 2.000 Mitgliedern sind im Kreisverband Sangerhausen organisiert. Zuletzt war von 40 Prozent Leerstand in den Anlagen die Rede. In einigen Sparten wie „Freude“, „Erholung“ „Goldene Aue“ und „Glück Auf“ in Sangerhausen sei es besonders schlimm, sagt Hölzel. „Aber es ist keine Anlage so ganz voll.“

Garten 143 soll 1.000 Euro kosten - auf Verhandlungsbasis.
Garten 143 soll 1.000 Euro kosten - auf Verhandlungsbasis.
(Foto: Grit Pommer)

Doch wie sehen die Gärten aus, die man quasi pünktlich zum Start der neuen Saison übernehmen könnte? Bei einem Rundgang durchs „Sonnenland“ zeigen Hölzel und ihr Stellvertreter Maik Ahl drei typische Parzellen, für die Nachnutzer gesucht werden.

Preis oft Verhandlungssache

Garten Nummer 269, rund 300 Quadratmeter groß, wurde bis zum vergangenen Jahr von einer jungen Familie bewirtschaftet. Neben der relativ neuen Holzlaube stehen zwei Apfelbäume und ein Stahlrahmenpool, auch ein Geräteschuppen ist da. 350 Euro wollen die bisherigen Pächter für alles zusammen haben. Ansonsten kostet der Garten wie die meisten in der Anlage rund 80 Euro im Jahr an Pacht und Mitgliedsbeitrag, erklärt Hölzel.

Garten 269 im „Sonnenland“ ist für 350 Euro zu haben - inclusive Pool.
Garten 269 im „Sonnenland“ ist für 350 Euro zu haben - inclusive Pool.
(Foto: Grit Pommer)

Rund hundert Meter und eine Wegbiegung weiter liegt Parzelle Nummer 143 - genau 247 Quadratmeter groß und mit massiv gemauerter, teilunterkellerter Laube inclusive Bio-Toilette. Hinter der Datsche kann man idyllisch unterm Kirschbaum sitzen, auch Gewächshaus und Schuppen sind schon da. Hier wurde ebenfalls bis zum Herbst noch gegärtnert, die Beete sind gut in Schuss. Die bisherige Besitzerin hätte gern 1.000 Euro. „Verhandlungsbasis“, sagt Hölzel. Mit den meisten, die einen Garten abgeben, könne man über den Preis reden.

Saatgut übern Gartenzaun

Schon seit zwei Jahren steht Parzelle Nummer 50 leer. Hölzel denkt gern daran zurück, wie die letzte Pächterin den Garten gepflegt hat. „Mit Herzblut“, sagt sie. Der herrliche Pfingstrosenbaum war ihr Stolz. In der kleinen Holzlaube mit dem rot umrandeten Fenster steht eine schöne alte Anrichte. Und unter dem Apfelbaum ein Schaukelgerüst.

Garten Nummer 50 kostet 100 Euro. Er steht schon seit zwei Jahren leer.
Garten Nummer 50 kostet 100 Euro. Er steht schon seit zwei Jahren leer.
(Foto: Grit Pommer)

Der Verein würde die 247 Quadratmeter große Parzelle für hundert Euro abgeben. Vielleicht auch für weniger, damit sie endlich wieder bewirtschaftet wird.

Um Kosten für Saatgut und Pflanzen müsse man sich derweil keine Sorgen machen, sagt Hölzel. Die gibt’s unter Laubenpiepern gratis über den Gartenzaun.