1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Landkreis Mansfeld-Südharz
  6. >
  7. Ein Orkan und seine Folgen: Ein Orkan und seine Folgen: Friederike hinterlässt in Wäldern eine Spur der Verwüstung

Ein Orkan und seine Folgen Ein Orkan und seine Folgen: Friederike hinterlässt in Wäldern eine Spur der Verwüstung

Von Grit Pommer 21.01.2018, 07:00
Sturmschäden im Wald nach Orkan Sturm Friederike zwischen Grillenberg und Wippra hat der Sturm einen Hang leergeräumt.
Sturmschäden im Wald nach Orkan Sturm Friederike zwischen Grillenberg und Wippra hat der Sturm einen Hang leergeräumt. Pommer

Sangerhausen - In den Wäldern des Landesforstbetriebs Süd hat Orkan Friederike eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Betriebsleiter Holger Koth rechnete am Freitag mit einem ähnlichen Ausmaß wie bei Kyrill - damals waren im Forstamtsbereich rund 80.000 Festmeter Holz gefallen.

„Wir haben am Donnerstagmittag die Leute und Maschinen von der regulären Holzernte aus dem Wald geholt“, berichtete Koth im MZ-Gespräch. Bis zum Einbruch der Dunkelheit halfen die Forstarbeiter dann mit beim Freischneiden von Straßen und Wegen. Auch von solchen, die zu Stromleitungen und Verteilerstellen führen. Mehrfach seien Notrufe gekommen, weil Reparaturtrupps des Netzbetreibers mit dem Auto feststeckten.

Revierförster bei Königrode und Rotha von der Außenwelt abgeschnitten

In den Forsthäusern Schiefergraben bei Königerode und Bodenschwende bei Rotha waren derweil noch am Freitagvormittag die Revierförster von der Außenwelt abgeschnitten. Ohne Strom und Wasser mussten sie in ihren Häusern ausharren, denn auch die elektrischen Pumpen funktionierten nicht. „Wir hatten Kerzenschein und den Camping-Gaskocher“, erzählte Michael Witticke, Revierchef im Schiefergraben, der MZ am Handy.

Wegen der umgestürzten Bäume auf dem Zufahrtsweg hatte seine Frau am Donnerstag das Auto bei Nachbarn abgestellt und war eineinhalb Kilometer durch den tosenden Wald marschiert, bevor er sie zwei Kilometer vom Haus entfernt abholen konnte.

Als Frau eines Försters müsse man halt mutig sein, kann Witticke nur bestätigen. Gegen Mittag war der Weg in Richtung Königerode dann wieder frei, ab dem Nachmittag sollte es im Forsthaus zumindest Notstrom geben.

Die Forstamtsmitarbeiter versuchten sich über den Freitag hinweg in allen Revieren ein Bild von den Schäden zu machen. Vom Agrarflugplatz Ballenstedt aus ging sogar ein Flugzeug in die Luft und lieferte Aufnahmen vor allem von den Harzwäldern.

Es wird Monate dauern, um das gefallene Holz in den Harzwäldern aufzuarbeiten

Schon jetzt weiß Holger Koth, dass es Monate dauern wird, das gefallene Holz aufzuarbeiten. Von Spaziergängen im Wald rät er in den nächsten zwei bis drei Wochen dringend ab. In dem aufgeweichten Boden habe der Sturm viele Bäume locker gerüttelt, sie stünden jetzt lose und könnten selbst bei Windstille fallen, ebenso wie große Äste, die in den Kronen hängen.

„Das ist schon ein erhebliches Risiko“, so Koth. Auch auf Katastrophentouristen, die Aufräumarbeiten aus nächster Nähe mit dem Handy filmen - wie in vergangenen Jahren bereits erlebt - könnten die Forstleute gut verzichten.

Für eine Schulklasse aus Halle verlief ihr Aufenthalt im Jugendwaldheim Wildenstall in Wippra anders als geplant. Die 15 und 16 Jahre alten Schüler mussten im Gebäude ausharren. „Die Rettungskräfte aus Grillenberg sind noch in der Nacht zu uns gekommen und haben uns geholfen, vielen Dank dafür“, sagte Harald Schreier, Leiter der Einrichtung.

„Leider hat es unseren 50 Jahre alten Nussbaum erwischt. Der konnte dem Wind nicht standhalten. Zum Glück ist er genau zwischen die Häuser gefallen, besser hätte man ihn nicht fällen können“, sagte Schreier. Nahrungsmittel und anderes seien aber vorrätig gewesen. „Wir werden täglich versorgt und sind hier weitestgehend autark“, sagte Schreier.

Teile vom Dach einer Düngehalle in Hackpfüffel abgstürzt

Mit einem großen Schaden hat die Agrargenossenschaft Riethnordhausen zu kämpfen. Von einer Düngerhalle in Hackpfüffel stürzten Teile des Dachs herab, überall klaffen Löcher. „Wie teuer das wird“, meinte Vorstand Gerhard Maul, „das muss der Dachdecker sagen. 40.000, 45.000 Euro?“ Die Halle ist gut 40 Meter lang, zwölf Meter breit. Rund 250 Tonnen Dünger, die hier lagern, müssen jetzt aufgeladen und in eine andere Halle gebracht werden, bevor zu viel Regen darauffällt.

Auch die Silos hat es erwischt, unter anderem in Wolferstedt. Dort hat der Sturm die Planen fortgerissen. Ansonsten bietet sich in der Goldene Aue ein Bild wie überall: Auf Streuobstwiesen unterhalb des Kyffhäusers sind einzelne Bäume umgestürzt, Äste abgebrochen, Planen weggeweht worden.

Auch im südlichen Bereich der Gemeinde Südharz hat der Sturm gewütet. „Allein in Roßla sind mindestens zwölf Bäume umgestürzt“, sagte Jens Gebelein vom Bauhof. „Am Sportplatz sind eine Trainerkabine weggeflogen und fünf Bäume umgestürzt, am Freibad 20 Meter Jägerzaun zerstört, am Förstergarten in Hainrode ist ein Baum in eine Freileitung gekracht, in Wickerode ein Baum auf dem Friedhof umgestürzt, auf dem Drebsdorfer Friedhof eine große Konifere“, zählt er weiter auf.

Im Riethgarten, in dem alte, geschützte Bäume stehen, ist der Stamm einer mehr als 100 Jahre alten Esche geborsten und hängt im Nachbarbaum. „Die sollte eigentlich etwas runtergeschnitten werden, weil eine Freileitung in der Nähe ist, aber bis jetzt war der Untergrund zu nass“, sagte Gebelein. Nun muss der Baum ganz weg. Ein paar Meter weiter hat es eine alte Blaufichte entwurzelt, Baum Nummer 13 im Ort, vielleicht noch nicht der letzte. (mz)

Aus der Lagerhalle müssen 250 Tonnen Dünger abgefahren werden.
Aus der Lagerhalle müssen 250 Tonnen Dünger abgefahren werden.
Koch
Am Jugendwaldheim Wildenstall stürzte ein Nussbaum knapp zwischen zwei Gebäude.
Am Jugendwaldheim Wildenstall stürzte ein Nussbaum knapp zwischen zwei Gebäude.
Privat