Bildung in Mansfeld--Südharz Bildung in Mansfeld--Südharz: Förderschulen vor dem Aus

Sangerhausen - Die drei Förderschulen für Lernbehinderte in Sangerhausen, Lutherstadt Eisleben und Hettstedt stehen in absehbarer Zeit vor dem Aus. „Das ist auch politischer Wille“, sagte Landrätin Angelika Klein (Die Linke) angesichts der vom Landtag Sachsen-Anhalt beschlossenen Inklusion. Mit dem Übergang von gehandicapten Schülern an Sekundarschulen werde den Förderschulen „L“ in den kommenden Jahren sukzessive die Grundlage entzogen.
Ausnahmegenehmigung abgelehnt
Aktuell stemmt sich der Schulausschuss des Kreistages gegen die Schließung der Förderschule „L“ in Hettstedt. Das Landesverwaltungsamt hat eine vom Landkreis beantragte Ausnahmegenehmigung für die Schule abgelehnt und Korrekturen in der Schulnetzplanung gefordert. Konkret heißt das, dass die Schule bereits zum Ende des Schuljahres ihre Pforten schließen müsste. Denn mit 66 Schülern liegt man deutlich unter der Grenze von 90. „In Sangerhausen sprechen wir in Kürze von dem gleichen Problem“, sagte Schulamtsleiterin Christin Hachmeister-Hübner.
Wörtlich übersetzt heißt „Inklusion“ Einbeziehung, gemeint ist also das Gegenteil von Ausgrenzung. Das pädagogische Konzept von Inklusion beinhaltet, dass Schüler mit und ohne Behinderung von Anfang an gemeinsam lernen. Lernbehinderte Schüler sollen somit nicht mehr auf Förderschulen unterrichtet werden, sondern an Regelschulen.
In Sachsen-Anhalt lernen immer mehr Kinder mit speziellem Förderbedarf an Regelschulen und nicht an Förderschulen. Jedes vierte Kind mit Handicap besuchte im Schuljahr 2013/14 eine Regelschule, zeigte eine Studie der Bertelsmann-Stiftung. Mit 25,1 Prozent sei damit der bislang höchste Wert erreicht. Dennoch gebe nach wie vor mehr Schüler an Förderschulen als im Bundesschnitt. In Sachsen-Anhalt seien das 6,8 Prozent, im Bundesschnitt dagegen nur 4,7 Prozent.
Erhöhte Schulwegzeiten
Doch gegen die Anweisungen der Aufsichtsbehörde regt sich Widerstand. Ausschussvize Gerhard Blume (Die Linke) rief zum „zivilen Ungehorsam“ auf und forderte, die von der Behörde angeordneten Korrekturen nicht zu beschließen. Dabei verwies Blume auf die Schwierigkeiten des Landkreises, die lernbehinderten Schüler künftig an der L-Schule in Eisleben unterzubringen. Für einen Großteil der Mädchen und Jungen würde dies mitunter ein zweimaliges Umsteigen beim Schülerverkehr zur Folge haben. Hinzu kämen deutlich erhöhte Schulwegzeiten. Beispielsweise bräuchten jetzt bereits Schüler aus Abberode 60 Minuten bis nach Hettstedt, nach Eisleben wären es 100 Minuten bei zweimaligem Umsteigen. Dies sei unzumutbar. An einen Transport mit Taxen sei gar nicht zu denken. Zum einen fehlten die Kapazitäten, zum anderen die finanziellen Mittel, hieß es seitens der Verwaltung.
Zwei Varianten prüfen
Uwe Schmidt (FDP) wetterte ebenfalls gegen die Vorgaben bei den Schülerzahlen. Das seien Schulvernichtungspläne, die es im ländlichen Raum nicht mehr ermöglichten, vernünftige Strukturen aufrecht zu erhalten. „Wir machen diesen Blödsinn nicht mehr mit“, forderte auch Schmidt, sich gegen die Anordnungen zu stellen. „Wir müssen aber bis zum neuen Schuljahr eine Lösung haben“, sagte Vizelandrätin Christine Hepner.
Indes einigte sich das Gremium darauf, zwei Varianten weiterzuverfolgen. Demnach soll geprüft werden, ob es möglich ist, die Förderschule an die Sekundarschule in Hettstedt anzugliedern, oder die Bildung einer Außenstelle Hettstedt der Förderschule „L“ der Lutherstadt Eisleben voranzutreiben. „Wenn das Landesverwaltungsamt unsere Vorschläge nicht akzeptiert, gehen wir eben in Widerspruch“, kündigte Landrätin Klein schon jetzt ein Spiel auf Zeit an. (mz)