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Denkmalschutz Wie aus 200.000 Euro für Kloster Ilsenburg 306 Millionen werden: Förderbescheide in Berlin übergeben

Von Ingo Kugenbuch 16.10.2019, 09:56
In den Ilsenburger Klosterkomplex sollen in den nächsten fünf Jahren 3,4 Millionen Euro fließen.
In den Ilsenburger Klosterkomplex sollen in den nächsten fünf Jahren 3,4 Millionen Euro fließen. dpa-Zentralbild

Ilsenburg - Als sich die drei Männer und eine Frau im Frühjahr 2018 im Kloster Ilsenburg treffen, ahnen sie nicht, dass sie mit ihrer Zusammenkunft den Grundstein für einen Millionengewinn legen. Ich bin einer von ihnen und sehe die anderen drei damals zum ersten Mal.

Da habe ich noch die Worte von Ilsenburgs Bürgermeister Denis Loeffke im Ohr, als er mich ein paar Tage zuvor anrief: „Willst du für Ilsenburg bei der MDR-Show ,Mach dich ran‘ mitspielen?“, fragte er mich. Und lockte: „Selbst wenn wir verlieren, bekommen wir 10.000 Euro für das Kloster.“

Doch wir verlieren nicht. Wir gewinnen ein Spiel nach dem anderen gegen Mannschaften aus Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt - und im Finale im Sommer 2018 in der Stefanie-Hertel-Show in Zwickau 200.000 Euro.

Und der überraschende Sieg ist nur der Anfang: Die Stadt nimmt die 200.000 Euro, die die deutsche Stiftung Denkmalschutz für den Gewinner ausgelobt hat, sowie 140.000 Euro aus der eigenen Schatulle als Eigenanteil - und wirbt sagenhafte 3,06 Millionen Euro als Förderung vom Bund ein.

Bundesbauministerium übergab Förderbescheide für 35 Nationale Projekte des Städtebaus

Am Dienstag wurden im Bundesbauministerium in Berlin nun die Förderbescheide für die bundesweit 35 „Nationalen Projekte des Städtebaus“ der Jahre 2018/2019 übergeben. Insgesamt lässt sich der Bund das „Premium-Programm“, wie es Staatssekretär Marco Wanderwitz nennt, in diesem Zeitraum 150 Millionen Euro kosten.

Nur zwei Projekte aus Sachsen-Anhalt sind dabei: die Hyparschale in Magdeburg und eben das Ilsenburger Kloster. Ich bin bei der Übergabe dabei - als MZ-Redakteur und als Teil des vierköpfigen „Mach dich ran“-Teams, zu dem außerdem Julia Ivancenco, Henri Fischer und Martin Knauff gehören. Bürgermeister Loeffke und Rainer Schulze, der Vorsitzende der Stiftung, der das Kloster gehört, nehmen die Urkunde entgegen.

„Ich freue mich unendlich, dass das so geklappt hat, und bin natürlich auch stolz“, sagt Loeffke. „Die Stadt Ilsenburg entwickelt sich damit zu einem touristischen Schwergewicht“, ist sich Schulze sicher - und hat als Wernigeröder kein Problem damit: „Ich sehe das als Förderung der gesamten Region.“

Wenn das auf fünf Jahre ausgelegte Projekt geschafft ist, sei „die ganze Anlage einmal durchsaniert“, sagt Schulze. Denn eine Million Euro ist bereits in den Neubau der riesigen Dachflächen geflossen. Hinzu kamen Arbeiten im Kloster: Toiletten wurden eingebaut, das Dormitorium nutzbar gemacht.

Rund eine Million Euro wurden bereits in den Neubau der Dachflächen und den Bau neuer Toiletten investiert

Das gut 1.000 Jahre alte Kloster hat die NS-Zeit und das DDR-Regime mit tiefen Wunden überstanden. Nun wird noch einmal geklotzt. Für eine halbe Million Euro soll der desolate Schlossinnenhof erneuert werden. Eine Million soll für den Ausbau des Kellers des Schlosses, das zum Klosterkomplex gehört, verwendet werden.

Hier sollen die Voraussetzungen für eine Gaststätte und vielleicht gar eine kleine Klosterbrauerei entstehen. Bislang gibt es im so genannten Botho-Bau nur ein Café. Der Rest der 3,4 Millionen Euro soll in die Sanierung des ersten Geschosses fließen. „Da kommt eine Außenstelle des Ilsenburger Hütten- und Technikmuseums hinein“, sagt Schulze.

Gemälde des Ilsenburger Künstlerpaares Crola sollen hier ausgestellt werden. „Das wird aber nicht einfach ein zusätzliches Museum werden“, sagt Loeffke, „hier sollen auch Hochzeiten oder Tagungen stattfinden.“

„Ein Denkmal kann nur erhalten werden, wenn es genutzt wird“, sagt Wustermarks Bürgermeister Holger Schreiber 

Schon jetzt werden im Kloster regelmäßig Konzerte und Ausstellungen veranstaltet - etwa 40 im Jahr, berichtet Schulze. Er rechnet damit, dass die rund 28.000 Gäste, die das Kloster im Jahr besuchen, dann bereit sind, auch fünf Euro Eintritt - derzeit sind es drei - zu bezahlen. Das würde die laufenden Kosten von rund 150.000 Euro pro Jahr wieder einspielen.

Damit erfüllt das Ilsenburger Kloster die Anforderungen, die Holger Schreiber so formuliert: „Ein Denkmal kann nur erhalten werden, wenn es genutzt wird.“ Schreiber muss es wissen, er betreibt als Bürgermeister von Wustermark das Vorzeigeprojekt unter den Vorzeigeprojekten aus dem Programm „Nationale Projekte des Städtebaus“:

Seine 10.000-Einwohner-Gemeinde im Speckgürtel von Berlin baut gerade mit Millionenaufwand das olympische Dorf von 1936 zu einem neuen Wohnquartier für 3000 Menschen um. 1,3 Millionen Euro hat hier die Kommune investiert, und 2,6 Millionen der Bund. Das ist viel. Aber nichts im Vergleich zu den 175 Millionen, die private Investoren deshalb nun nach Wustermark tragen. (mz)