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Tischtennis Tischtennis: Wird das Märchen fortgesetzt?

Von detlef anders 06.06.2013, 16:48
Siegfried Schulz, Klaus Knoth und Wolfgang Baumann (v.l.) sind Mitteldeutsche Meister der Ü 70.
Siegfried Schulz, Klaus Knoth und Wolfgang Baumann (v.l.) sind Mitteldeutsche Meister der Ü 70. Detlef Anders Lizenz

quedlinburg/MZ - Wenn ein Sportler 70 Jahre alt wird, dann hat er für gewöhnlich alle Höhen und Tiefen eines Sportlerlebens durchlaufen. Manche haben einen Keller voller Pokale oder Aktenordner mit Urkunden und Zeitungsausschnitten und erzählen ihren Enkeln, dass sie einst große Haudegen waren. Nur wenigen ist es vergönnt, in ihrer Sportart auch mit über 70 noch einen Erfolg feiern zu können, den sie auf eine Stufe stellen mit einem Endspiel um die DDR-Meisterschaft, in dem sie einst in der Jugend standen. Wenn Klaus Knoth (75), Siegfried Schulz (73) und Wolfgang Baumann (72) auf das Wochenende im April angesprochen werden, an dem sie es geschafft hatten, als Team des SV Eintracht Quedlinburg Mitteldeutsche Meister im Tischtennis zu werden, dann denken sie an ein Gefühl, das Knoth mit „wie in einem Märchen beschreibt.“ Und ihr Abenteuer ist noch nicht zu Ende. Am 22. und 23. Juni gehören sie zu den acht Dreiermannschaften, die sogar um den Titel des Deutschen Mannschaftsmeisters der Alterklasse Ü 70 spielen.

Immer dabei

Siegfried Schulz ist die Nummer eins im Team. „Ich bin ein ganz scharfer“, gesteht der gebürtige Mecklenburger, der aus Ludwigslust stammt, seit 1967 bei Traktor/Eintracht Quedlinburg spielt und irgendwann in eine Wohnung gleich neben die Turnhalle gezogen ist. „Das war Zufall. Ich bin schon geil, aber so nicht, das könnt ihr mir nicht anhängen“, lacht Schulz nach einer Frage und Vermutungen seiner Freunde. Doch von Vorteil ist die nahe Wohnung schon: Schulz spielt eigentlich in der zweiten Herrenmannschaft, die nur knapp den Aufstieg in die Bezirksliga verpasst hatte. Als Zuschauer ist er bei jedem Heimspiel der ersten Mannschaft dabei. Als vor ein paar Wochen im Landesliga-Team ein Spieler verletzt ausfiel, war er bereit, sofort einzuspringen. „So richtig mithalten, ist aber nicht mehr möglich. In jüngeren Jahren war die Bezirksklasse für ihn die höchste Liga.

Anfänge am Küchentisch

Wolfgang Baumann spielte viele Jahre im Bezirksliga-Team. „Ich war nie Landes- oder Bezirksmeister, nur in der Jugend mal Zweiter im Bezirk.“ Dabei ist er aber das dienstälteste Vereinsmitglied. Mit 13 fing er gemeinsam mit seinen beiden Brüdern an, aktiv Tischtennis zu spielen. Die Eltern hatten ihnen zu Weihnachten ein Netz und Schläger geschenkt, mit denen dann am Küchentisch angefangen wurde. Schließlich fand er zu Motor Quedlinburg. „Ich hatte eine gute Trainerin. Astrid Horn war 1934 Weltmeisterin im Tischtennis und 1936 im Tennis. Ihr habe ich viel zu verdanken - und Herrn Storch bei Empor.“ Jetzt erst Landesmeister und dann auch noch Mitteldeutscher Meister zu werden, „das ist das höchste, was ich erreichen konnte.“ Seine Brüder mussten schon früher aufhören, doch Tischtennis wollte Baumann weiter spielen. Nachdem er in der Kreisliga-Mannschaft den Jüngeren das Feld überließ, ließ er sich doch wieder überreden, noch in der Kreisklasse zu spielen. Schon lange hatte er die Idee, eine reine Seniorentruppe ins Leben zu rufen.

Erfolg nach der Auszeit

Als vor drei Jahren erstmals Landesmeisterschaften der über 70-Jährigen ausgespielt wurden, trat Siegfried Schulz zusammen mit dem damals noch für Germania Gernrode spielenden Klaus Knoth als Spielgemeinschaft an. Da wurden sie schon einmal Landesmannschaftsmeister. Ein Jahr später wurde festgelegt, dass in Dreiermannschaften gespielt werden soll, wobei nun alle Mitglieder eines Vereins sein müssen. Knoth schloss sich den beiden Quedlinburgern an. „Schon 14 Tage später lag ich im Krankenhaus – Herz-OP“, erinnert Knoth an sein Pech. Ein Jahr lang trat er etwas ruhiger und dann versuchte er es erneut - mit dem bekannten Erfolg. Das bemerkenswerte ist, dass sie gegen Leute spielen, die in dieser Alterklasse sogar einige Jahre jünger sind. „Tischtennis ist irgendwann Routine, nur das Tempo und die Reaktion lässt nach.“

Gegen die Langeweile

Der älteste im Team war in den 60-er Jahren zweimal nacheinander DDR-Vizemeister der Jugend und mit dem Sportclub Motor Jena Zweiter in der Allgemeinen Klasse. Fünf Jahre spielte Klaus Knoth in der DDR-Oberliga. Dann rührte Knoth zehn Jahre lang keinen Schläger an. „Als ich dann 60 Jahre alt geworden bin, habe ich mir gesagt: Ich fange wieder an zu spielen, damit es mir nicht so langweilig wird.“ Er wohnte damals in Allrode und suchte sich den SV Germania Gernrode als Verein aus. Später zog er nach Bad Suderode.

Zu den Zielen am 22. und 23. Juni befragt, sagt Knoth: „Wir freuen uns, dass wir dabei sind“. Schulz bekennt, dass sie mit geringen Erwartungen hinfahren.“ Er stellt aber auch unmissverständlich klar: „Wenn ich am Tisch stehe, will ich auch gewinnen. Sonst brauche ich nicht antreten.“

Ein großer Vorteil sei laut Schulz, dass sie alle gleich stark sind. Die Quedlinburger wissen, dass schon der Mitteldeutsche Titel ein Überraschungs-Coup war. Im Duell gegen die Landesmeister aus Thüringen (Erfurt) und Sachsen (Dresden) sowie Vorjahressieger Leipzig ging es äußerst knapp zu. Nach der 2:4-Niederlage gegen Erfurt blieb nur noch wenig Hoffnung. Doch dann wurden alle Duelle mit zum Teil hauchdünnen Fünfsatzsiegen gewonnen. Die ersten Drei nahmen sich gegenseitig Punkte weg. Nur ein mehr gewonnenes Spiel entschied zugunsten der Eintracht-Mannschaft. Sollte so etwas noch einmal gelingen?