Tischtennis Tischtennis: Der Lockruf der grünen Platte
Quedlinburg/MZ. - Blauweißes Neonlicht lässt die altehrwürdige Kleersturnhalle mit ihrer von den Wänden blätternden Farbe wie aus einer verflossenen Epoche erscheinen. Nur zwei moderne Tischtennis-Platten auf dem betagten Parkett weisen daraufhin, dass wir uns im 21. Jahrhundert befinden. Bärbel Kleber lächelt: "Wir hoffen, dass wir ab Sommer wieder in der Weststraße trainieren können." Seit einem Jahr wird die Turnhalle der Marktgrundschule saniert und deshalb trainieren und spielen die Damen des TTC Quedlinburg in der alten Kleersturnhalle. "Wir hätten auch woanders hingehen können, aber hier können wir die Tische in einem Raum verschließen", sagt die Vorsitzende des TTC. Heidemarie Zenger gießt Sekt in Gläser. Doch angestoßen wird nicht wegen der Auszeichnung, die Bärbel Kleber ein paar Tage zuvor erhalten hat, sondern wegen eines Geburtstages.
Der TTC ist wie eine kleine Familie. Kleber und Heidemarie Zenger kennen sich seit ihrer Kindheit, seit sie 1962 gemeinsam das Spiel mit dem kleinen weißen Zelluloidball kennen und lieben gelernt haben. "Tischtennis ist für mich alles. Ausgleich zum Beruf, Gemeinschaft, Sport. Wenn ich eine grüne Platte sehe, bin ich da." Nun erhielt sie vom Tischtennis-Verband Sachsen-Anhalt die Ehrennadel in Silber. "Die Auszeichnung soll die Anerkennung für ihre langjährige ehrenamtliche Tätigkeit im Tischtennis sein", schrieb der Gernröder Walter Kautz in seiner Begründung für den Ehrungsvorschlag an den TTVSA. Bärbel Kleber ist die einzige Frau, die einem Tischtennis-Verein im Land vorsteht. Sie ist Frauenwartin im Kreisverband und hat sich bereit erklärt, die Position auch im TTVSA zu übernehmen. "Ich konnte schon immer gut organisieren", sagt Kleber über sich.
Mit dem Zug durch den Bezirk
Die Anfänge machte die Quedlinburgerin als Schülerin der damaligen Ursula-Götze-Schule in der Weberstraße. Bald fuhr sie mit ihrem damaligen Trainer Peter Görner, der heute noch Nachwuchscoach beim zweiten Quedlinburger Tischtennisverein SV Eintracht ist, zu Punktspielen durch den damaligen Bezirk Halle. "Alles ohne Auto - nur mit dem Zug, richtige Tagesreisen waren das damals." Traktor Quedlinburg hieß ihr damaliger Verein. Nach dem Studium zur Maschinenbau-Ingenieurin kam sie zurück. Sie arbeitete im EHW Thale als Konstrukteurin. Tischtennis spielte sie weiter bei Traktor und nach dem Erwerb der ersten Übungsleiterstufe 1971 brachte sie Kindern das Spiel erfolgreich bei. Zuerst ihrem eigenen Sohn, doch natürlich auch vielen anderen. Nachdem die BSG Traktor 1983 in BSG Saatgut Quedlinburg umbenannt wurde, übernahm sie 1984 den Vereinsvorsitz. Ab 1987 war sie sogar hauptberuflich als Sportfunktionärin über den VEB Saatgut für den Verein tätig.
Beruf wird Ehrenamt
Mit der Wende kam auch für sie das berufliche Aus beim Sport. Sie machte sich mit ihrem Mann selbstständig als Planerin für gastronomische Betriebe. Der Sport blieb ihr Ausgleich, der Vorsitz wurde zum Ehrenamt. Aus der BSG Saatgut wurde der TTC. Das regelmäßige Training blieb nicht ohne Erfolg. Irgendwann wollten sich die Damen wieder mit anderen messen. Erst spielten sie bei den Männern in der Kreisklasse, 1998 / 99 wurden sie Meisterinnen der Bezirksliga. Seit der Saison 1999 / 2000 bestehen sie in der Landesliga Damen sogar gegen weitaus jüngere Teams.
Ein Schlag für Kleber war es, als vor fünf Jahren die Männer ihres Vereins von heute auf morgen zum SV Eintracht wechselten. Für Bärbel Kleber dennoch kein Grund aufzugeben. Sie sprach Bekannte an, ob sie nicht zum Training kommen wollen, machte Aushänge und konnte so bis heute die Spielfähigkeit ihres Damen-Teams absichern.
Ihrer Initiative ist es auch zu verdanken, dass sich einige Gernröderinnen entschlossen, am Spielbetrieb der Landesliga teilzunehmen. Aufgrund der Hallenschließung in der Weststraße hatte Kleber mit dem SV Germania Kontakt aufgenommen. Dienstags und freitags trainieren Kleber und Zenger jetzt bei den Gernröder Herren, alle im Alter von 60 bis über 70 Jahren. "Das macht Spaß. Das ist unser Niveau, mal verlieren wir, mal gewinnen wir." Sogar bowlen war sie kürzlich gemeinsam. "Die Herren blühen merklich auf", hat Walter Kautz, der selbst manchmal in Gernrode spielt, festgestellt.
Seniorenmeisterschaften als Treff
Seit vier Jahren fährt Bärbel Kleber als Betreuerin mit der Mannschaft zum Deutschlandpokal 60+ mit. Die jährlichen Senioren-Landesmeisterschaften sind für sie und ihre Vereinskameradinnen ein großes Familientreffen. Mit 58 hat sie es in der Damenklasse ab 50 spielerisch schwer. Über Postplätze konnte sie sich aber schon freuen. 2004 war sie sogar im Doppel mit Karin Wilke Landesmeisterin, ein Jahr später Landesmannschaftsmeisterin, wie schon 2000 einmal. 2007 gewann sie mit Zenger Bronze im Doppel, 2001 mit Thorsten Kaczor im Mix.
Doch es sind weniger die Medaillen, um die es ihr geht. Es ist das große Hallo, das Wiedersehen mit Tischtennis-Freunden, gegen die sie in über 50 Jahren Tischtennis immer wieder spielte. Ein Gefühl, für das es sich lohnt, weiterhin ehrenamtlich den kleinen Quedlinburger Tischtennis-Verein zu leiten und auch noch den Posten der Damenwartin im TTVSA zu übernehmen. "Solange ich krauchen kann, werde ich Tischtennis spielen", weiß sie. So wie am letzten Wochenende, als die Landesmannschaftsmeisterschaften anstanden.
Frauen, die sich für Tischtennis interessieren sind zu den Trainingszeiten mittwochs von 18.30 bis 20 Uhr in der Alten Kleersturnhalle willkommen.