Pflegebedürftige Senioren Senioren im Harz: Pflegeheime haben nach Feiertagen mehr Anfragen von Angehörigen

Quedlinburg - Wie schlimm es den eigenen Eltern überhaupt geht, dass sie Probleme haben, sich in den eigenen vier Wänden zu versorgen, merken viele Angehörige erst an Feiertagen wie Ostern. Denn dann sind sie – wenn die Familienmitglieder aus allen Teilen des Landes für das Fest zusammenkommen – über einen ganzen oder mehrere Tage hautnah dabei, im Alltag ihrer Lieben.
Sonst, am Telefon, höre es sich immer positiv an, wenn die anderswo lebenden Kinder fragen: „Wie geht es dir?“ Astrid Staudenraus, die Leiterin des Azurit-Seniorenzentrums in Quedlinburg, berichtet: „Nach Feiertagen haben wir besonders viele Anfragen von Angehörigen.“
Bei Familienfesten erkennen Weggezogene oft die Probleme ihrer alten Eltern
Dass viele junge Leute aus dem Harz wegziehen, weil es in ihren Augen keine guten Arbeitsplätze gibt, ist bekannt. Der Landkreis hatte darum den Rückkehrertag vor fünf Monaten organisiert, um Weggezogene und Pendler mit Unternehmen vor Ort zusammenzubringen.
Wegen des Phänomens des Wegziehens verstärke sich der sogenannte demografische Wandel noch, sind sich Astrid Staudenraus und ihre Pflegedienstleiterin Christiane Zehnpfund einig. Darum wundern sie sich auch nicht über die Pflegestatistik, die das statistische Landesamt jüngst veröffentlicht hat.
Im Harzkreis leben mehr Pflegebedürftige als in allen anderen Kreisen in Sachsen-Anhalt
Demnach leben im Harzkreis mehr Pflegebedürftige als in allen anderen Landkreisen und Städten Sachsen-Anhalts, was die reine Anzahl betrifft. Im Vergleich zu 1.000 Einwohnern kommen im Harzkreis 59,0 Pflegebedürftige. Das ist der vorletzte Rang vor Mansfeld-Südharz (61,2) und hinter dem Burgenlandkreis (58,2). In der Landeshauptstadt Magdeburg sind es nur 38,4.
Die Statistik wird alle zwei Jahre erhoben. Neu ist in der aktuellen Erhebung, dass es keine Pflegestufen von I bis III mehr gibt, sondern Pflegegrade (1 bis 5). Die Umstellung auf das neue System geschah Anfang 2017.
Statt drei Pflegestufen gibt es seit 2017 fünf Pflegegrade
„Die alten Stufen haben sich auf körperliche Einschränkungen fokussiert“, erklärt Astrid Staudenraus. „Doch Menschen mit Demenz können vieles noch; sie haben halt vergessen, dass sie ihre Haare gekämmt haben.“ Früher sei die Pflegestufe so ermittelt worden, wie es Arbeitszeit bei den Patienten braucht.
Heute gehe es darum, was der Pflegebedürftige selber kann – sich etwa rasieren oder anziehen; Hilfe brauche er zum Beispiel nur beim Rückenwaschen. Sie bemerkt: Es habe auch vorher fünf Kategorien gegeben: noch eine Null und eine III+ für Härtefälle.
In Quedlinburg bietet Azurit neben stationärer und ambulanter Pflege auch betreutes Wohnen an – seit bereits 20 Jahren. Dabei leben die Senioren in kleinen Wohnungen, versorgen sich – wenn gewünscht – selbst, können aber etwa auf den Hausnotruf zurückgreifen. Zudem kämen sie mit anderen Bewohnern in Kontakt und „vereinsamen“ nicht, sagt Astrid Staudenraus. (mz)