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Geplant sind 12 Euro pro Stunde Mindestlohn-Debatte spaltet Arbeitgeber im Landkreis Harz

Weniger als 12 Euro in der Stunde soll nach Plänen der Bundespolitik schon Ende 2022 niemand mehr verdienen. Momentan liegt die Untergrenze bei 9,82 Euro. Im Kreis gehen die Meinungen zu der Anhebung auseinander.

Von Benjamin Richter 11.01.2022, 16:00
Mehr im Portemonnaie: Nach Ankündigungen der Bundesregierung soll der gesetzliche Mindestlohn, der aktuell bei 9,82 Euro pro Stunde liegt, noch in diesem Jahr auf 12 Euro angehoben werden.
Mehr im Portemonnaie: Nach Ankündigungen der Bundesregierung soll der gesetzliche Mindestlohn, der aktuell bei 9,82 Euro pro Stunde liegt, noch in diesem Jahr auf 12 Euro angehoben werden. Foto: dpa

Quedlinburg/MZ - Wie viel ist Arbeit wert? Nach Plänen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) soll der gesetzliche Mindestlohn noch in diesem Jahr auf 12 Euro angehoben werden - von derzeit 9,82 Euro. Ein entsprechender Gesetzentwurf soll Anfang demnächst vorgelegt werden.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hat angekündigt, juristische Schritte gegen die Erhöhung zu erwägen - schließlich wache die Mindestlohnkommission über die Lohnuntergrenze, nicht die Politik.

Sehen es die Arbeitgeber im Landkreis Harz genauso? Oder sind sie einem Mindestlohn von 12 Euro gegenüber aufgeschlossen? Ein Stimmungsbild.

Mickrige Renten nach lebenslanger Arbeit

„Gut und richtig“ findet Johannes Feibig die geplante Erhöhung der Lohnuntergrenze. Er ist Mitglied der Geschäftsführung des Betriebes Walzengießerei und Hartgusswerk Quedlinburg, betont jedoch, dass er nicht für das Unternehmen, sondern nur für sich selbst spreche.

„Insbesondere das Problem einer lebenslangen Arbeit, die dann aber in Magerrenten mündet, muss dem Grunde nach gelöst werden.“ Dazu muss nach Feibigs Ansicht neben der Lohnerhöhung die Abgaben- und Steuerlast reduziert werden.

„Insbesondere das Problem einer lebenslangen Arbeit, die dann aber in Magerrenten mündet, muss dem Grunde nach gelöst werden.“

Johannes Feibig, Geschäftsführer aus Quedlinburg

Direkt betroffen wäre die Walzengießerei und Hartgusswerk GmbH von dem höheren Mindestlohn nicht: „Wir zahlen durch die Bank Löhne, die deutlich über 12 Euro pro Stunde liegen“, legt Feibig dar.

Allerdings bekäme das Unternehmen die Erhöhung indirekt zu spüren, über Preissteigerungen bei Zulieferern und Dienstleistern. Insgesamt schätzt der Geschäftsführer die Chancen des Gesetzentwurfs als gut ein.

Höhere Wertschätzung für die Pflege

Ein „Signal in die richtige Richtung“ sieht Stephan Zwick in der geplanten Anhebung des Mindestlohns. Die Debatte betreffe die Evangelische Stiftung Neinstedt, einen der größten Arbeitgeber im Harzkreis, zwar im Grunde nur peripher, ordnet der kaufmännische Stiftungsvorstand ein: Schließlich arbeite der Sozialdienstleister tarifgebunden und zahle schon jetzt zwischen 95 und 99 Prozent seiner Mitarbeiter mehr als 12 Euro pro Stunde.

Für die Zukunft der Pflegebranche sei es aber wichtig, dass die dort Tätigen einen Lohn erhielten, von dem sie ihren Lebensunterhalt ohne Schwierigkeiten bestreiten könnten. „Da müssen wir eine Wertschätzung darstellen“, erklärt Stephan Zwick. Geld sei dabei aber nicht alles - „sonst gäbe es in bestimmten Bereichen wohl schon jetzt keine Menschen mehr, die da arbeiten“.

Geschäftsführer warnt: Steuersatz steigt mit

Kritisch sieht ein Geschäftsführer aus der Stadt Falkenstein/Harz, der nicht namentlich genannt werden möchte, die Erhöhung der Lohnuntergrenze. Es könne, befürchtet er, zu „Stauchungen im Lohngefüge“ kommen, wenn die Politik in etwas eingreife, was normalerweise der Markt regle und wofür mit der Mindestlohnkommission explizit ein Aufsichtsorgan geschaffen worden sei.

Während die Anhebung um 22 Prozent für den einen oder anderen Betrieb existenzgefährdend werden könne, komme bei den Arbeitnehmern voraussichtlich nur ein Bruchteil der Erhöhung tatsächlich im Portemonnaie an - steige mit dem Lohn doch auch der Steuersatz, so dass ein größerer Anteil des Verdienstes an den Staat fließe.

„Positive Entwicklungen sind dadurch vor allem für das Steueraufkommen und für die Defizite der Sozialkassen zu erwarten.“

ein Geschäftsführer aus der Stadt Falkenstein/Harz

„Positive Entwicklungen sind dadurch vor allem für das Steueraufkommen und für die Defizite der Sozialkassen zu erwarten“, prophezeit der Geschäftsführer, der seinen Angestellten ebenfalls schon mehr als 12 Euro pro Stunde zahle.

Erhöhung träfe Branchen unterschiedlich stark

Kein Urteil zu der geplanten Anhebung erlaubt sich der Automobilzulieferer ElringKlinger. „Der Mindestlohn ist für uns kein Thema, weil wir deutlich darüber zahlen“, erklärt Unternehmenssprecher Peter Renz.

Das gelte nicht nur für die Firma mit Hauptsitz in Baden-Württemberg und Standort im Gewerbegebiet Thale/Nord, sondern für die gesamte Automobilbranche. ElringKlinger habe für seine Angestellten ein eigenes Tarifsystem geschaffen. „Aufgrund dieser Lage können wir zu dem Thema nur sagen, dass es uns eigentlich egal ist.“

Renz mutmaßt, dass andere Branchen, wie Gastronomie und Textilherstellung, von einer ruckartigen Erhöhung des Mindestlohns viel stärker berührt würden.